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Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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Bilder zogen durch seine Sinne, er konnte sich selber nicht verstehn, er hätte gern mit jemand sprechen mögen, er wünschte Sebastian herbei, um ihm alles klagen zu können.
    Am dritten Tage war das Begräbnis, und Brigitte weinte und klagte laut am Grabe, als sie den nun mit Erde zudeckten, den sie seit zwanzig Jahren so genau gekannt hatte, den sie fast einzig liebte. Sie wünschte auch bald zu sterben, um wieder in seiner Gesellschaft zu sein, um mit ihm die Gespräche fortzusetzen, die sie hier hatte abbrechen müssen. Franz schweifte im Felde umher, und betrachtete die Bäume, die sich in einem benachbarten Teiche spiegelten. Er hatte noch nie eine Landschaft mit diesem Vergnügen beschaut, es war ihm noch nie vergönnt gewesen, die mannigfaltigen Farben mit ihren Schattierungen, das Süße der Ruhe, die Wirkung des Baumschlages in der Natur zu entdecken, wie er es jetzt im klaren Wasser gewahr ward. Über alles ergötzte ihn aber die wunderbare Perspektive, die sich bildete, und der Himmel dazwischen mit seinen Wolkenbildern, das zarte Blau, das zwischen den krausen Figuren und dem zitternden Laube schwamm. Franz zog seine Schreibtafel hervor, und wollte anfangen, die Landschaft zu zeichnen; aber schon die wirkliche Natur erschien ihm trocken gegen die Abbildung im Wasser, noch weniger aber wollten ihm die Striche auf dem Papiere genügen, die durchaus nicht das nachbildeten, was er vor sich sah. Er war bisher noch nie darauf gekommen, eine Landschaft zu zeichnen, er hatte sie immer nur als eine notwendige Zugabe zu manchen historischen Bildern angesehn, aber noch nie empfunden, daß die leblose Natur etwas für sich Ganzes und Vollendetes ausmachen könne, und so der Darstellung würdig sei. Unbefriedigt ging er nach der Hütte seines Pflegevaters zurück.
    Seine Mutter kam ihm entgegen, die sich in der ungewohnten Einsamkeit nicht zu lassen wußte. Sie setzten sich beide auf eine Bank, die vor dem Hause stand, und unterredeten sich von mancherlei Dingen. Franz ward durch jeden Gegenstand den er sah, durch jedes Wort das er hörte, niedergeschlagen, die weidenden Herden, die ziehenden Töne des Windes durch die Bäume, das frische Gras und die sanften Hügel weckten keine Poesie in seiner Seele auf. Er hatte Vater und Mutter verloren, seine Freunde verlassen, er kam sich so verwaist und verachtet vor, besonders hier auf dem Lande, wo er mit niemand über die Kunst sprechen konnte, daß ihn fast aller Mut zum Leben verließ. Seine Mutter nahm seine Hand und sagte: »Lieber Sohn, du willst jetzt in die weite Welt hineingehn, wenn ich dir raten soll, tu es nicht, denn es bringt dir doch keinen Gewinn. Die Fremde tut keinem Menschen gut, wo er zu Hause gehört, da blüht auch seine Wohlfahrt; fremde Menschen werden es nie ehrlich mit dir meinen, das Vaterland ist gut, und warum willst du so weit weg und Deutschland verlassen, und was soll ich indessen anfangen? Dein Malen ist auch ein unsicheres Brot, wie du mir schon selber gesagt hast, du wirst darüber alt und grau; deine Jugend vergeht, und mußt noch obenein wie ein Flüchtling aus deinem Lande wandern. Bleib hier bei mir, mein Sohn, sieh, die Felder sind alle im besten Zustande, die Gärten sind gut eingerichtet, wenn du dich des Hauswesens und des Ackerbaues annehmen willst, so ist uns beiden geholfen, und du führst doch ein sichres und ruhiges Leben, du weißt doch dann, wo du deinen Unterhalt hernimmst. Du kannst hier heiraten, es findet sich wohl eine Gelegenheit; du lernst dich bald ein, und die Arbeit des Vaters wird dann von dir fortgesetzt. Was sagst du zu dem allen, mein Sohn?«
    Franz schwieg eine Weile still, nicht weil er den Vorschlag bei sich überlegte, sondern weil an diesem Tage alle Vorstellungen so schwer in seine Seele fielen, daß sie lange hafteten. Ihm lag Herr Zeuner von neuem in den Gedanken, er sah die ganze Gesellschaft noch einmal, und fühlte alle Beängstigungen wieder, die er dort erlitten hatte. »Es kann nicht sein, liebe Mutter«, sagte er endlich. »Seht, ich habe so lange auf die Gelegenheit zum Reisen gewartet, jetzt ist sie gekommen, und ich kann sie nicht wieder aus den Händen gehen lassen. Ich habe mir ängstlich und sorgsam all mein Geld, dessen ich habhaft werden konnte, dazu gesammelt; was würde Dürer sagen, wenn ich jetzt alles aufgäbe?«
    Die Mutter wurde über diese Antwort sehr betrübt, sie sagte sehr weichherzig: »Was aber suchst du in der Welt, lieber Sohn? Was kann dich so heftig antreiben, ein

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