Frau an Bord (Das Kleeblatt)
und klatschte mit einem dumpfen Plopp in den Kochtopf. Ein Schwall Soße spritzte auf die Warmhalteplatte des Herdes und verdampfte zischend. Beißender Gestank von verbranntem Essen verbreitete sich.
„Penner! Mach gefälligst die Klüsen auf!“, blaffte der lange Steward Utz von Knispel, der auf seine Bestellung gewartet und zu spät zur Seite gesprungen war. Jetzt verunzierte ein brauner Fleck sein weißes Hemd. Wütend stieß er den Koch in die Seite.
„ Übernimm du“, erwiderte der mit schwacher Stimme und schlich aus der Kombüse.
Seine Tropfen! Während er sich auf wackligen Beinen am Handlauf über den Gang schleppte, wühlte er mit der freien Hand die Taschen seiner Arbeitshose durch. Er brauchte … die Tropfen! Kalter Schweiß lief ihm das Rückgrat hinab und ließ ihn frösteln. Es konnte nicht sein, dass er bereits sämtliche Flaschen aufgebraucht hatte! Irgendwo musste er noch …
Der permanente Schmerz in der Magengrube ließ ihn aufstöhnen und nach Luft ringen. Mit letzter Kraft riss er das Schott zu seiner Kammer auf. Eine Welle unbeschreiblicher Schmerzen lief durch seinen Körper und warf ihn zu Boden.
40 . Kapitel
Er hatte keine Ahnung, wie lange er so gelegen hatte. Wenngleich er nur von mittelgroßer Statur war, musste er sich beim Fallen etliche blaue Flecken eingefangen haben. Er fühlte sich wie zerschlagen und rieb sich eine Beule über dem linken Ohr, während er sich ächzend aufrappelte. Wenigstens die Tabletten sollte er in Zukunft bei sich tragen, schalt er sich für seinen sträflichen Leichtsinn, sich unvorbereitet den quälenden Schmerzen ausgesetzt zu haben.
„Adrian! Da bist du ja. “ Mit geröteten Wangen kam Suse in die Kochskammer gepoltert, wo sie zu ihrer Erleichterung tatsächlich den Vermissten fand. „Latte hat in der Kombüse fast Zustände bekommen ohne dich. Er sagte, du hättest dich einfach aus dem Staub gemacht und ihn mit der ganzen Arbeit allein stehen lassen. Wo hast du gesteckt? Sogar nach unten in die Lasten hat mich der Lange geschickt, weil er nicht wusste, wo du so plötzlich abgeblieben bist. Auf die Idee, dass du auf deiner Kammer sein könntest, kam er offensichtlich gar nicht.“
Endlich unterbrach sie für einen Augenblick ihren Redefluss und deutete mit einer knappen Handbewegung auf ihn. „Was machst du denn auf dem Fußboden?“
Sie verschwendete keinen Gedanken daran, dass er sich nicht einmal umgezogen hatte, obwohl er seit einer halben Stunde nicht mehr in der Kombüse gesichtet worden war. Unbeweglich hockte er auf dem Boden, den Rücken an die Koje gelehnt, die Knie bis unters Kinn gezogen.
Langsam hob er den Kopf und blickte Suse müde an. Dunkelviolette Ringe lagen unter seinen verquollenen Augen. „Wie spät ist es?“, murmelte er mit schwerer Zunge.
Suse vermochte ihr Entsetzen über sein krankhaftes Aussehen nicht zu verberge n und schluckte. „Gleich sieben.“
Sie wusste, er wollte ihr Mitleid nicht, trotzdem erkundigte sie sich vorsichtig: „Was ist los, Adrian?“
„Geht schon.“
Also wieder keine Antwort. Warum verletzte sie sein Schweigen noch immer? Warum tat es dermaßen weh, weil er sich ihr nicht anvertraute? So gut kannte sie ihn doch inzwischen, dass es ihr nichts mehr ausmachen sollte.
„ Du kannst dir nicht vorstellen, wie sich Latte aufgeführt hat, bis endlich der Chief Mate von deinem Verschwinden Wind bekam. Das wird noch fürchterliche Blasen ziehen, hat er ihm versprochen. Und weil er nichts Besseres zu tun hatte, ist er dummerweise gleich zum Alten gerannt.“
Adrian schüttelte unbeeindruckt den Kopf und atmete einige Male mit geschlossenen Augen tief durch. Das war nun auch schon egal. Matt’n würde ihn so oder so nicht länger auf seinem Schiff dulden, gleichgültig was er Suse versprochen hatte.
„Ich muss mit dir reden, Adrian.“
S ie kniete sich ihm gegenüber auf den abgetretenen Teppich und nahm seine kalten Finger fürsorglich zwischen ihre Handflächen. „Ich hab drüber nachgedacht, wie das weitergehen soll … mit der Arbeit und vor allem mit uns beiden. Ich werde nach dieser Reise absteigen. Morgen, am späten Abend, sagt Matt’…thias Clausing, sind wir zu Hause. Ich hab’s ihm bereits mitgeteilt und das Telegramm an den Flottenbereich geht nachher noch raus, damit sie vorgewarnt sind.“
„ Du willst weg hier? Weshalb?“
„Ich wüsste nicht, warum ich länger bleiben sollte. Was ich an neuer Technik in Betrieb nehmen und erproben musste, habe ich erledigt.
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