Frauen rächen besser: Roman (German Edition)
Möglichkeiten: Ich konnte weiter wie angewurzelt stehen bleiben und mir Ausreden für das Zugegensein dieses verdammten Wagens ausdenken, oder ich konnte näher treten, um zu sehen, was zum Teufel hier vor sich ging. Ich entschied mich für Letzteres und ging ein paar Schritte auf den Wagen zu.
Und dann machte ich noch eine interessante Entdeckung: Bei dem Fahrzeug wackelten nicht nur die Ohren, sondern bei genauerer Betrachtung das ganze Fahrzeug. Und noch etwas kristallisierte sich heraus: Das Rote, was da links und rechts wackelte, waren gar keine Ohren. Das waren Schuhe. Damenschuhe. Oder besser gesagt: Schlampenschuhe. Pumps, hochhackig und knallrot. Ich meinte mich dunkel erinnern zu können, dass Lisa Elsbach – Roberts rothaarige Sekretärin, die seinen Angaben zufolge lesbisch war – mit Vorliebe hochhackige und farblich unzumutbare Schuhe trug. Solche, bei denen man eine Sonnenbrille aufsetzen muss, um überhaupt hinsehen zu können. Und ich erinnerte mich auch, dass Lisa Elsbach über sehr schlanke und unnatürlich lange Beine verfügte. Beine, wie sie Models auf computerfrisierten Bildern haben. Beine, wie sie in der Welt weiblicher Durchschnittsbürger normalerweise gar nichts verloren haben. Und aus den ordinären Pumps ragten ebensolche Beine oder besser Fesseln, denn mehr konnte ich von meiner Position aus nicht sehen. Der Rest musste sich irgendwo im Wageninneren befinden.
Ich nahm all meinen Mut zusammen, dann ging ich mit verzweifelter Entschlossenheit die letzten Schritte auf diesen Wagen zu, den ich bereits zu verfluchen begann.
Und dann sah ich alles.
Bei dieser Gelegenheit muss ich erwähnen, dass mein Robert sportlich ist. Nicht etwa wie diese überzüchteten Leistungssportler, die täglich fünf Stunden trainieren, sich ausnahmslos von Proteinen ernähren und einen Körperfettanteil von fünf Komma null haben. So etwas hätte ich auch gar nicht gewollt. So etwas will keine Frau. Diese Typen sind nämlich nicht nur unbequem zum Kuscheln, sondern auch nervig. Neben denen sieht man immer fett aus, egal, welche Diät man gerade hinter sich oder wie viele Stunden man in den vergangenen Wochen im Fitnessstudio zugebracht hat. Da schickt uns nämlich die Genetik auf die Verliererstraße, unbarmherzig, indem sie unsere Körper darauf programmiert, Reserven für den Nachwuchs zu speichern. Und ich behaupte: Da hat die Natur ordentlich Mist gebaut.
Nicht nur, dass wir während der Schwangerschaft dicke Bäuche, Wasserdepots wie Ganzkörperkamelhöcker und Krampfadern bekommen, mit denen man alle Flüsse Europas auf die Landkarte zeichnen könnte, einschließlich derer in den neuen EU-Beitrittsländern. Das würde als Strafe für den Sündenfall doch locker reichen, meine ich – zumal diese Geschichte längst verjährt ist.
Doch das ist längst nicht alles, im Gegenteil, wir haben auch noch Strafverschärfung aufgebrummt bekommen, indem man uns dazu verdammt hat, Reserven zu speichern. Will heißen: Fett. Fünfundzwanzig Prozent, im Idealfall. Bedeutet im Normalfall vierzig Prozent und mehr, bei halbwegs vernünftiger Lebensweise. Und dabei interessiert es keinen, ob wir überhaupt Kinder bekommen wollen. Speichert mal schön, ihr Hübschen, prophylaktisch gewissermaßen. Könnte doch sein, dass eines Tages ein Märchenprinz beschließt, uns zwecks Zeugung seines Stammhalters zu behüpfen, und bis es soweit ist, fristen wir unser Dasein als wandelnder Kühlschrank.
Außerdem neigen diese Fitnessfuzzis auch dazu, einem ständig ihren Lebensstil aufdrängen zu wollen.
»Weißt du überhaupt, wie viele Kalorien so ein Schokoriegel hat?«
»Und morgen beginnen wir dann mit dem Mehr-Phasen-Training.«
»Wenn du das jetzt isst, war die ganze Schinderei umsonst!«
»Sagt dir das Wort Body-Mass-Index etwas?«
Klar, ihre Art zu leben ist gesünder, und mag auch sein, dass man dadurch älter wird. Ich würde auch gern alt werden – jeder will das –, aber doch nicht so!
Aber wie gesagt, so einer ist mein Robert ja auch nicht. Er geht ein- bis zweimal in der Woche joggen, eine halbe Stunde oder auch ein bisschen länger. Länger meistens dann, wenn ich nicht dabei bin. Und er trainiert im Fitnessstudio, auch ein- bis zweimal die Woche, gerade genug, um kräftige Arme und einen knackigen Po sein eigen nennen zu dürfen. Wobei man zu seinem Po sagen muss, dass dieser nicht nur knackig ist, er ist außerdem noch tätowiert. An der linken Backe, ein Schmetterling, circa zwei Zentimeter groß. Das
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