Frauen rächen besser: Roman (German Edition)
paarweise, und uns gegenseitig in die Arme nehmen, und dann würden wir psychedelische Musik hören und uns entspannen.
Und sonst gar nichts.
Ich verfluchte Sandra innerlich dafür, dass sie mich hierher geschleppt hatte, und gleichzeitig schickte ich serienweise Stoßgebete zum Himmel, dass ich nicht mit dem großen Dicken zusammengelost werden möge, der bestimmt gewaltig transpirierte, oder mit der breitschultrigen Schwarzhaarigen, die mich die ganze Zeit anstarrte, als wäre sie ein Mäusebussard und ich die Maus. Es konnten nämlich auch gleichgeschlechtliche Paarungen gelost werden, schließlich ging’s hier nicht um Sex.
Überhaupt gab es unter diesen geschätzten dreißig Personen nur drei, die einigermaßen akzeptabel aussahen: Eine davon war ich (das behaupte ich jetzt einfach mal so), die zweite war Sandra (wobei ich mir auch Angenehmeres vorstellen konnte, als Arm in Arm mit einer Freundin auf der Matte zu liegen und sich gegenseitig anzuschweigen), und die dritte Person war ein Mann in mittleren Jahren, der zwar keine Schönheit, aber auch nicht unattraktiv war, und der war mir auf Anhieb sympathisch. Denn auch ihm schien die ganze Sache furchtbar peinlich zu sein.
Wir wurden in einen Raum geführt, in dem mindestens dreihundert Kerzen brannten, und dann wurden die Nummern der Lose aufgerufen, die wir vorher gezogen hatten. Sandras Gesicht, als sie mit dem Dicken zusammengelost wurde, werde ich nie vergessen, und auch nicht die Enttäuschung des Riesenbussards, als sie einen dünnen sommersprossigen Buchhaltertypen abbekam. Ich dagegen atmete auf, als ich den einzig annehmbaren Mann in diesem Raum zugeteilt bekam.
Aber das mit dem Aufatmen war dann auch gleich wieder vorbei, denn genau in dem Moment, als er mir die Hand reichte und seinen Vornamen nannte – das ist bei solchen Partys übrigens der einzige Wortkontakt, den man mit seinem Kuschelpartner haben darf, bevor es auf die Matte geht – erinnerten sich die Kohlensäurebläschen, die ich mit meinem Sekt geschluckt hatte, anscheinend daran, dass eine ihrer Haupteigenschaften darin besteht, leichter zu sein als die Flüssigkeit, mit der sie in meinem Magen gelandet waren, und machten sich folgerichtig wieder auf den Weg nach oben. Nicht, dass da jetzt etwas zu hören gewesen wäre, aber dieses winzige Aufstoßen erinnerte mich plötzlich wieder an mein Mittagsmahl und daran, dass jeder meiner Atemzüge geeignet war, diesen Mann ein für alle Mal in die Flucht zu schlagen, bevor ich ihn überhaupt richtig kennen gelernt hatte.
Dass ich daran nicht gedacht hatte, ich dumme Gans!
Ich war heilfroh, dass es in diesem Raum nur Kerzenlicht gab, damit wenigstens meine Gesichtsfarbe nicht zum Verräter werden konnte, und meinen Namen konnte er ganz sicher nicht verstehen, weil es sich mit geschlossenen Lippen eben nicht so deutlich spricht.
Als wir uns dann nebeneinander auf der Matte ausstreckten und umarmten – an sich schon eine Situation, die peinlicher nicht sein könnte –, merkte er natürlich gleich, was mit mir nicht stimmte, und wendete sofort sein Gesicht von mir ab. So blieb er dann auch liegen,unbarmherzig und demonstrativ, ohne sich auch nur einen Millimeter zu bewegen.
Ich kann Ihnen sagen, das war die bis dahin mit Abstand peinlichste Situation in meinem ganzen Leben, und seither weiß ich auch, wie sich die Ewigkeit anfühlt, subjektiv, und genau genommen war es überhaupt ein Wunder, dass ich nicht erstickt bin, so flach, wie ich atmete während dieser längsten Stunde meines Lebens.
Als das Martyrium endlich vorbei war und wir uns wieder erheben konnten, erkannte ich an seinem Blick, wie angeekelt er war, und wie betroffen. Ich wollte nur noch weg, raus aus dieser Wohnung, raus aus dieser Blamage, aber dann, als ich schon den Flur erreicht hatte, hörte ich plötzlich seine Stimme hinter mir: »Warten Sie! Bitte!«
Was wollte er denn noch von mir? Wollte er mir eine Standpauke halten, einen Vortrag über Benimmregeln, darüber, wie man sich ernähren sollte, wenn man auf so eine dämliche Kuschelparty geht? War ich denn nicht schon gedemütigt genug?
Widerwillig blieb ich stehen, doch ich brachte es nicht fertig, mich umzudrehen und ihm in die Augen zu schauen.
»Es tut mir Leid!«, sagte er, »Ich hatte keine Ahnung, wie so etwas abläuft, sonst hätte ich bestimmt nicht …«
Ich brauchte ein paar Sekunden, um zu verarbeiten, was er gerade gesagt hatte.
Hatte er sich gerade dafür entschuldigt, dass ich Knoblauch
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