Freche Mädchen... 09: Liebe, Chaos, Klassenfahrt
Schokoladensoße kochen«, meinte ich.
»Nein, muss ich nicht«, sagte sie und zwinkerte mir zu. »Aber jetzt sollte ich mich mit dem Umziehen beeilen.«
Natürlich kam Papa zu spät zum Bahnhof. Natascha und ich saßen auf dem Bahnsteig und unterhielten uns, fast wie Freundinnen.
»Ich denke, es war richtig, dass du die Klassenfahrt mitgemacht hast«, sagte ich, weil ich immer noch ein schlechtes Gewissen hatte. Schließlich war ich ziemlich unmöglich gewesen.
»Dein Vater hat mir auch ganz schön zugeredet«, gestand Natascha. »Ich wollte eigentlich gar nicht. Wahrscheinlich haben mich die Nudeln mit Schokoladensoße so schockiert, dass ich …«
»Das war nicht deine Idee mit der Klassenfahrt?«, unterbrach ich sie. »Aber Papa hat so getan, als wolltest du unbedingt mit.«
»Und mir gegenüber hat er so getan, als wünschtest du dir, dass ich mitkomme. Ich dachte, du traust dich einfach nicht, es mir direkt zu sagen, und dein Vater …«
»Ich vermute fast, mein Vater war froh, uns beide eine Weile los zu sein. Vielleicht kommt er deshalb so spät«, lachte ich. Aber in Wirklichkeit war mir gar nicht nach Lachen zumute. Oje, hoffentlich hatte er nicht schon wieder eine Neue. Jetzt, wo ich mich mit Natascha so gut verstand!
Endlich kam Papa angerannt. Er tat so, als sei es selbstverständlich, uns beide nebeneinander auf einem Koffer sitzend anzutreffen. »Beeilt euch, ich stehe im Halteverbot«, rief er. »Weit und breit war mal wieder kein Parkplatz zu finden.«
»Du hast ja die ganze Zeit nichts von dir hören lassen«, sagte er, als er vor einer roten Ampel halten musste. Er wandte sich zu mir nach hinten. »Nicht mal eine Ansichtskarte …«
Einen Moment lang überlegte ich krampfhaft, was ich sagen sollte, aber Natascha lachte nur und meinte, sie habe doch für uns beide geschrieben. Ob er nicht das Gekrakel am Rand ihrer Karte als »Liebe Grüße von Carlotta« entzifferte habe.
Papa trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad. »Ich hab überhaupt keine Post von euch gekriegt. Wahrscheinlich ist die Karte verloren gegangen. Diese Schlamperei überall. Letzten Monat hatten wir im Betrieb …«
Die Ampel wurde grün und er gab Gas.
Natascha legte ihre Hand auf seinen Arm. »So schnell geht eine Karte auch nicht verloren. Warte mal ab. Vielleicht kommt sie morgen noch.«
Aber diese Karte würde nie kommen, das wusste ich ganz genau. Wie war Natascha überhaupt darauf gekommen, Grüße von mir auszurichten?
Papa hielt vor dem Gartentor. »Alles aussteigen!«, rief er gut gelaunt. »Was ist denn los, Carlotta? Du guckst so merkwürdig.«
»Och nichts«, sagte ich und musterte Natascha unauffällig. Was hatte Danni gesagt? Sie sei eine hervorragende Schauspielerin. Mit dem Gruß von mir auf der Karte hätte Papa bestimmt geglaubt, alles sei in bester Ordnung und …
In diesem Moment drehte Natascha sich zu mir um und lächelte.
In Ordnung, dachte ich, jeder von uns hat ein bisschen Theater gespielt. Außerdem wollte ich jetzt keine langen Diskussionen, sondern so schnell wie möglich zum Telefon. Vielleicht konnte ich Jannis bei Gelegenheit auch mal nach dem Walkman fragen, der ihnen nachgeschickt worden war.
Aber zuerst tranken wir Kaffee und aßen den Kuchen, den Papa noch in der Bäckerei besorgt hatte.
»Ich geh mal in mein Zimmer und pack aus«, sagte ich nach einer Weile. »Übrigens, wo ist denn das Telefon?«
»Ich glaube, das liegt oben«, meinte Papa. »In der Diele, im Bad, du wirst es schon finden.«
Noch fünf Minuten, dann werde ich mit Jannis reden, dachte ich. Ich suchte in der Diele, im Bad, in allen Zimmern oben nach dem Telefon, aber es war einfach nicht zu finden. Zwei Sekunden lang bekam ich schlechte Laune, weil schon wieder etwas schieflief, aber dann erinnerte ich mich daran, dass ich mich nie mehr kindisch verhalten wollte, und ich ging ins Erdgeschoss hinunter, um dort zu suchen.
Durch die halb geöffnete Tür hörte ich Papas Stimme. »Ist es dir nicht zu kalt in dem dünnen Kostüm? Es ist zwar Ende März, aber die Temperaturen sind ja eher winterlich. Zieh doch den Jogginganzug an, den ich dir zu Weihnachten geschenkt habe. Den pinkfarbenen, der ist doch schön mollig.«
Einen Moment lang schloss ich die Augen. Aber dann musste ich grinsen. Papa schien sich ja gewaltig verändert zu haben, seit er Natascha kannte. Eigentlich wollte ich einen Kommentar loswerden, aber dann entdeckte ich das Telefon auf dem Dielenschränkchen.
»Ist alles in Ordnung?«,
Weitere Kostenlose Bücher