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Italienische Verführung

Italienische Verführung

Titel: Italienische Verführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MIRANDA JARRETT
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1. KAPITEL
    Rom Oktober 1784
    Rom war so langweilig.
    Lady Diana Farren stand am Fenster des Salons in ihrer Unterkunft in der Piazza di Spagna und sah zu, wie der Regen die Blätter der Bäume im Garten unter ihr niederdrückte. Jeder hatte ihr versichert, Rom wäre zauberhaft und faszinierend, die Ewige Stadt unter den Städten des Kontinents. Doch nach einer Woche Dauerregen und langweiliger Gesellschaft, nach endlosen Besichtigungen alter Kirchen, alter Tempel, alter Statuen und alter Bilder in Gesellschaft von Leuten, die ihre Großeltern hätten sein können, war das einzig Ewige, das Diana hier hatte entdecken können, die endlose, ewige Langeweile.
    Wäre ihr Leben so verlaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte, dann befände sie sich jetzt im Haus ihrer Familie am Grosvenor Square in London. Sie wäre bereits die von allen vergötterte Schönheit der diesjährigen Saison, umschwärmt von einer Unmenge hübscher junger Lords, die alle um ihre Aufmerksamkeit und ihre Hand buhlen würden und bereit wären, sich wegen eines einzigen Tanzes mit ihr ein Duell zu liefern. Diana war achtzehn Jahre alt und schön. Das war nicht geprahlt, sondern eine Tatsache. Wie es auch Tatsache war, dass sie, nur weil sie die jüngste Tochter des Duke of Aston war, schon ein jährliches Einkommen von mindestens zwanzigtausend Pfund hatte.
    Doch all das hatte sie nicht vor Rom bewahren können. Denn eines Abends war sie in den Stallungen ihres Vaters mit einem Reitknecht erwischt worden, dessen Gesicht sie am liebsten vergessen wollte. Zur Strafe wurde sie ins Ausland geschickt. Eine regelrechte Verbannung war es. Anders konnte man Vaters Entscheidung nicht nennen. Auch noch so inständiges Flehen war zwecklos gewesen.
    In Frankreich dann war alles nur noch schlimmer gekommen. Obwohl sie sich wirklich nichts zuschulden hatte kommen lassen, war sie niedergeschlagen und im Auftrag des schlimmsten alten Wüstlings von Paris, des Conte D’Archambault, entführt worden. Zu ihrem großen Glück war der Conte todkrank gewesen und hatte ihr kein Leid mehr antun können. Doch es gab einen großen Skandal, und mit ihrem Namen verband man nun neue, völlig unbegründete Gerüchte.
    Und so war sie jetzt dazu verdammt, mindestens bis zum Frühling wie eine bedauernswerte Zigeunerin durch Italien ziehen zu müssen. Ihre Gouvernante Miss Wood würde sie dabei mit Argusaugen bewachen. Wenn sie dann endlich wieder nach England zurückkehren könnte, hätten die anderen Mädchen ihr todsicher schon die besten Junggesellen weggeschnappt, oder ihr fragwürdiger Ruf hätte diese in die Flucht geschlagen. Nur die Nieten, die mit den Hasenzähnen und den dünnen Beinen, würden dann noch übrig sein. Nie würde sie die Art von Liebe kennenlernen, die ihre Schwester bei ihrem frisch angetrauten Gatten gefunden hatte: die beseligende, leidenschaftliche Liebe, die ewig dauert. Vielleicht würde sie jetzt noch nicht einmal mehr heiraten können, sondern dazu verdammt sein, wie Miss Wood eine alte Jungfer zu werden.
    Diana holte tief Luft und versuchte, die Tränen zurückzuhalten. Sie vermisste ihre Schwester und ihren Vater, ihre Freunde und Cousins. Sie vermisste all die jungen Männer, die mit ihr geflirtet und sie zum Lachen gebracht hatten. Sie vermisste ihr gemütliches Eckschlafzimmer zu Hause in Aston Hall und die Art, wie die Sonne am Morgen durch das Ostfenster schien. Sie vermisste England, sie vermisste Worte, die sie ohne ein Taschenwörterbuch verstehen konnte, Menschen, die über dieselben Dinge lachten wie sie, Essen und Trinken, das durch seine Vertrautheit tröstend auf sie wirkte.
    Diana war so sehr in ihr eigenes Elend versunken, dass sie erst zu spät bemerkte, wie jemand zu ihr ans Fenster trat.
    „ Buongiorno, mia gentildonna bella“, sagte der Herr. „ Mi scusa, non posso a meno di …“
    „Per favore, signore, no“, erwiderte Diana ohne sich umzudrehen, in dem ernsten, festen Ton, den Miss Wood jetzt von ihr erwarten würde. Bitte, Sir, nein. Was konnte wohl deutlicher sein als diese Worte? Die italienischen Männer konnten sehr beharrlich sein, und wenn Diana London je wiedersehen wollte, durfte sie sie keinesfalls ermutigen. „Grazie, non.“
    „Oh.“ Der Herr räusperte sich verdutzt. „No speranza, mia gentildonna?“
    Misstrauisch runzelte Diana die Stirn. Vermutlich fragte er sie, ob sie ihm ein wenig Hoffnung und Ermutigung geben könnte, doch sie war sich nicht ganz sicher, da ihre Italienischkenntnisse doch sehr

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