Frederikes Hoellenfahrt
Disko oder Varieté oder daheim früh zu Bett gehen. Ein bisschen mehr Publikum könnte es schon sein, dachte Frederike. Es war Freitagabend, und viele ihrer Tische waren noch unbesetzt. Als Wirtin wusste sie keinen Weg, mehr Publikum zu locken. Sie konnte Delikatessen in die Karte schreiben oder einfache Hausmannskost, sie konnte alle Whiskeys der Welt anbieten oder exotische Kaffeespezialitäten, zufrieden war sie mit dem Zuspruch der Kundschaft nie. Es könnten mehr sein, die bei ihr im Waschsalon ihre Zeit verbrachten.
Kain schlurfte mit einem Tablett voll leerer Gläser an die Theke. Frederike faltete ihren Spüllappen und legte ihn sorgfältig neben das Becken. »Der Opa am Tisch mit seinen Urenkelinnen hat sich über den Geruch in der Toilette beschwert.« Sie zog Luft durch die Nase. »Vielleicht wechselst du die Urinsteine aus und hängst einen neuen Duftspender übers Waschbecken.«
»Das tue ich jeden Tag vier Mal. Da hilft nur eine Totalsanierung.«
»Tu’s trotzdem.«
Die Urenkelinnen kreischten. Kain blickte zum Greis. »Wahrscheinlich hat der gerade seine Pampers in unserem Klo entsorgt. Deswegen stinkt’s.« Er stellte sein Tablett auf die Theke und begab sich zum Schrank mit den Hygieneartikeln. Frederike nahm einzelne Gläser und hielt sie über die Spülung. Wie lange willst du dir das noch antun, fragte sie sich im Stillen und griff zum nächsten. Du hast das Alter für den Vorruhestand längst erreicht, kannst dir mit Bruno doch ein paar schöne Jahre noch machen. Täglich hinterm Tresen auf eigene Kosten, das schlaucht.
»Ich bin dann mal …« Und Kain war die Treppe nach unten verschwunden.
»Wisch gleich mal durch!« Die Blechstufen schepperten unter Kains Gewicht. Wahrscheinlich hörte er ihre Anweisung nicht mehr.
Pauschalkraft Isabell knallte ihr Tablett vor sie hin. »Drei Pils, eine Cola, ein Pussy Foot.«
Wortlos und langsam griff Frederike zum Cocktailglas. Pussy Foot war ihre Konzession an den Zeitgeschmack: english named, no alcohol. Sie mixte den Saft aus Orange, Ananas und Grapefruit und gab den Schuss Grenadine dazu. »Wohl bekomm’s!«
Plötzlich knallte es, und die Tür donnerte gegen die Wand. Ein Stuhl fiel um. Mehrere Gäste schrien erschrocken. Dann ertönte eine schrille Stimme durch den Waschsalon: »Keine Bewegung.«
Frederike vergaß den Zapfhahn. Bier lief ihr über die Hände. Zwei Maskierte standen wie Catwoman und Superman im Café und hielten ihre Waffen im Anschlag. Einige der Gäste begriffen den Auftritt als moderne Eventgastronomie und lachten. Der Opa hob samt seinen Urenkelinnen die Gläser: »Auf euer Wohl, Jungs!«
»Den Tisch vor die Tür!«
Superman ging auf ein paar Gäste zu und zog ihnen den Tisch samt Teller und Tassen weg. Die Gläser schwappten. »Sie können doch nicht …«, gab es leisen Protest.
»Schnauze!« Superman schob den Tisch vor die Tür. Darauf setzte er einen Stuhl und verkeilte damit die Klinke. Vor dem Café hatten sich bereits Zuschauer versammelt. Sie klopften an die Scheibe und riefen: »Polizei!« Superman hielt ihnen die Pistole entgegen. Die Rufe wurde nicht leiser. Superman schoss. Eine Lampe barst mit einem Knall. Auch ein gerahmtes Ausstellungsfoto an der Wand wurde getroffen. Glassplitter regneten auf die darunter stehenden Tische. Jetzt kreischten die Urenkelinnen. Der Opa kroch unter den Tisch. Isabell stieg zu Frederike hinter den Tresen und ging neben dem Bierfass in Deckung. Gläser fielen. Die Gäste griffen zum Portemonnaie und riefen: »Zahlen!« Ein Mann rannte zur Hintertür und verschwand.
Catwoman hielt Frederike die Pistole nah vor die Augen. »Die Schlüssel!«
Die Maske war aus Latex. Nur für Augen und Mund waren Löcher geschnitten. Um den Mund waren der Maske zentimeterdick rote Lippen gemalt, sie schienen aufgeblasen wie nach einer Spritzkur beim Schönheitschirurgen. Der Atem ging Catwoman sehr schwer. Aber eine Frau steckte mit Sicherheit nicht unterm Latex.
»Die Schlüssel!« Und Catwoman winkte mit der Pistole.
Verdammt! Sie waren nicht neben dem Quittungsblock unter dem Tresen. Verdammt! Frederike fand sie mit zitternden Fingern unterm Trockentuch für die Gläser. Selber abzuschließen verbot ihr Catwoman. Frederike schob ihm den Bund zu, er rasselte über das Holz. Catwoman nahm ihn und warf die Schlüssel quer durch den Raum. Superman fing sie mit links. Beim dritten Versuch drehte das Schloss.
»Ab jetzt ist das hier eine geschlossene Gesellschaft.«
Frederike wusste, es
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