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Schleier der Traeume

Schleier der Traeume

Titel: Schleier der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Viehl
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OCFY -7065A
    (10/98)
    New York State
    Amt für Kinder- und Familienangelegenheiten
    Formular Kindesaussetzung/Überstellung in Schutzgewahrsam
    Tag der Aussetzung: 29. Sept. 1998
    Geburtstag: unbekannt, vermutlich 1987/88
    Geschlecht: weiblich
    Hautfarbe: weiß
    Name: unbekannt (vorübergehend bezeichnet YJF )
    Vormund oder Vormundschaftsbehörde: unbekannt
    Adresse: YJF wurde von der Polizei an ungenanntem Ort in der Lower East Side aufgegriffen
    Zeugen: keine
    Aussehen: Größe 140 cm, Gewicht 23 kg; kurze dunkelbraune Haare, große braune Augen, blasser Teint
    Erkennungsmerkmale: Das Kind hat Tier-Tätowierungen auf den inneren Unterarmen.
    Einzelheiten und Umstände der Kindesaussetzung:
    Auf die Nachricht eines ansässigen Einzelhändlers hin, ein unbeaufsichtigtes Kind wühle im Müll, wurde YJF in Gewahrsam genommen. YJF wurde Sachbearbeiter Patterson zugeteilt und zur medizinischen Untersuchung ins Krankenhaus gebracht (vgl. die beiliegenden Unterlagen der Notaufnahme).
    Der behandelnde Arzt bescheinigte, das Kind sei in passabler körperlicher Verfassung, weise an Armen und Beinen aber kleine Blutergüsse und Risswunden auf und sei unterernährt, ein wenig unterkühlt und leicht dehydriert. Kein HIV , keine Hepatitis B, keine Drogen im Blut. 24 Stunden zur Beobachtung und Behandlung im Krankenhaus behalten und am 30. September 1998 in die Obhut der Jugendbehörde entlassen.
    Befragung: YJF wirkt geistig klar, reagiert angemessen auf Fragen und spricht akzentfrei. Es behauptet, fast keine Erinnerungen mehr zu haben (ohne Begründung). Sehr gesunder Appetit. Keine offensichtlichen Anzeichen für weitergehende geistige oder körperliche Beeinträchtigungen.
    Gründe für die Überstellung in Schutzgewahrsam: YJF zeigt Verweigerung jeglichen Körperkontakts; deutliches Untergewicht in Bezug auf Alter/Größe. Es wurde beobachtet, wie es Essen in der Kleidung verbarg. Das Verhalten des Kindes legt nahe, dass es bereits vor seiner Aussetzung vernachlässigt wurde und/oder gehungert hat.
    Weitere Kommentare zur Ergänzung der obigen Informationen oder zur Verdeutlichung der Situation des Kindes, seiner Verfassung, seiner Prognose usw.: YJF hat mehrmals versucht, den zuständigen Sachbearbeiter dazu zu bringen, ihm unbeaufsichtigten Zutritt zu den Ausgängen des Gebäudes zu verschaffen; potenzielle Ausreißerin.
    Empfehlungen: Überstellung in eine Pflegefamilie und binnen einer Woche psychiatrische und kinderärztliche Untersuchung.
    W . J. Patterson Sr.
    Leitender Sachbearbeiter
    Amt für Kinder- und Familienangelegenheiten
    New York City
    New York
    18. August 1998, Manhattan
    »Lah-nah.«
    Das Knallen der Tür unten verriet Lana, dass ihr Pflegevater nach Hause gekommen war. Seine breiige, ein wenig lallende Stimme warnte sie, dass er wieder betrunken war. Seine dumpf und ungleichmäßig dröhnenden Schritte konnten nur bedeuten, dass er sie holen wollte.
    Sollte er sie wach antreffen, würde er sie zwingen, es wieder zu tun.
    »Versteck dich im Kleiderschrank«, flüsterte eine Stimme irgendwo unter dem Bett ihr zu.
    »Nein.« Mit zitternden Händen zog Lana die Bettdecke bis unters Kinn und hielt sie dort fest. Sie war gewappnet. »Sei still. Sag kein Wort.« Eine Bewegung ließ sie den Kopf drehen, und im Halbdunkel sah sie die verschwommenen Konturen von Jimmys kleinem Gesicht. Seine braunen Augen wirkten wie in ein Laken gebrannte Löcher und machten ihr bewusst, dass nicht nur sie Angst hatte. »Alles wird gut, Jimmy.«
    Sie zuckte zusammen, als die Schlafzimmertür aufflog und krachend gegen die Wand schlug. Putz blätterte vom Rand eines Lochs, das durch den Aufprall des Türknaufs noch etwas größer geworden war, und rieselte auf den Boden.
    Im Gegenlicht der Flurlampen warf ihr Vater einen massigen, scharf umrissenen Schatten auf Lanas Bett. Er stand einen Augenblick schwankend da, nahm noch einen Zug aus seiner Flasche und ließ sie dann zu Boden fallen. Als er zu ihr herüberkam, strichen seine Schuhsohlen über die flauschigen Maschen des Teppichs.
    Zittere nicht. Beweg dich nicht. Fass ihn nicht an.
    Lana spürte seine große, feuchte Handfläche an ihrer Stirn, doch statt zurückzuzucken tat sie, als bewegte sie sich im Schlaf. Das Schwierigste war, weiterhin langsam und regelmäßig zu atmen, als schliefe sie wirklich, und dabei zugleich alle anderen Gefühle zu unterdrücken, die wie Käfer unter ihrer Haut krabbelten und zwickten, um freizukommen und ihre Arbeit zu tun.
    Fass ihn an fass

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