FreeBook Sex-mal um den ganzen Globus - Ueber das Liebesleben der Voelker Ein Ethno-Bericht
öffentlichen Pissoirs stirbt langsam aus, auch die Büsche im Park als Ort der Anbahnung werden immer seltener. Neben Gaydiscos und -saunas gibt es eigene Buchläden. Annoncen über Schwulenfeste, Travestieshows, Ledertreffen, Kontaktanzeigen, wie „Mann sucht Mann“ oder „Frau sucht Frau“, finden sich in den Wochenendausgaben jeder kleinen Provinzzeitung.
Der amerikanische Kinsey-Report weist in einer Befragung nach, daß ein Viertel aller Frauen und ein Drittel aller Männer in Amerika mindestens einmal in ihrem Leben homosexuelle Erfahrungen machen. Die Zahlen mögen überraschen. Zu bedenken bleibt, daß sie aus einer Untersuchung aus den 60er Jahren stammen, also aus einer progressiven Zeit des „Summer of Love“. Der Trend allerdings, daß Männer mehr experimentieren als Frauen, ist bezeichnend und könnte tatsächlich dafür sprechen, daß Männer auch eher zur Homosexualität neigen als Frauen.
Zumindest agieren Schwule auffälliger als Lesben. Außerdem macht unsere Gesellschaft dem Manne eine Gratwanderung zwischen Homo- und Heterodasein schwer. Während öffentliche Liebkosungen unter Frauen nichts Außergewöhnliches sind, erregen sich umarmende Männer Mißtrauen bei Passanten. Lesben hingegen können sich auf der Straße küssen und gelten selbst dann einfach nur als Freundinnen. Mit anderen Worten, die Homosexualität von Frauen spielt sich oft innerhalb einer Grauzone ab, unbemerkt von anderen.
Ein Grund dafür, daß es wirklich weniger Lesben gibt und daß eine Frau später lesbisch wird als ein Mann schwul, liegt in der Anpassungsbereitschaft der Frau. Sie ist viel länger gewillt (auch sexuelle) Frustration zu kompensieren. So bleiben viele potentielle Lesben ihr Leben lang treue Gattinnen und gehen ganz in ihrer Aufgabe als Mutter und Hausfrau auf.
Außerdem ist die passive weibliche Rolle bei der normalen Partnersuche dafür verantwortlich, daß sich Lesben erst viel später und seltener als Schwule auf die Suche nach einem gleichgeschlechtlichen Partner machen.
In der Völkerkunde ist das Phänomen der Homosexualität durchaus nichts Außergewöhnliches. Die Tabuisierung des Themas bei uns brachte mit sich, daß sich Wissenschaftler um so intensiver auf die Erforschung von schwulen Verhaltensmustern in anderen Gesellschaften stürzten. Nicht zuletzt auch, um die eigene Gesellschaft hochleben zu lassen. Von wegen: „ Seht her, was die machen! Haben wir dagegen nicht eine prächtige entwickelte Kultur!“
Nun, die Zeiten einer derartigen Einstellung unter den Ethnologen gehören der Vergangenheit an. Heute versucht man, den Gründen für die Homosexualität auf die Spur zu kommen. Die wohl wichtigste Erkenntnis dabei war, daß Homosexualität keine individuelle Erscheinung oder gar Krankheit ist, sondern in manchen Gesellschaften anerkannt, ja sogar erwünscht ist.
Die Männer der Etoro auf Neuguinea glauben, daß Sperma die Substanz ist, die ihnen Leben gibt. Sie sind der Meinung, daß jeder Mann in seinem Leben nur über einen begrenzten Samenvorrat verfügt. Ist der Vorrat erschöpft, stirbt ein Mann. Um das Leben des Mannes zu verlängern, ist allein an 200 Tagen des Jahres der Sex zwischen Eheleuten tabu. Etoro-Männer halten Frauen, die dieses Tabu brechen wollen, für Hexen. Ebenso wie eine sexuell überaktive Frau wird auch ein sexuell überaktiver Mann für einen Hexer gehalten. Die Etoro glauben nicht nur, daß der Mann lediglich einen beschränkten Samenvorrat im Leben hat und daß er seinen Samen von einem anderen Mann erhält. Etoro-Knaben erhalten ihre Samenmenge, indem sie mit älteren Männern Oralverkehr pflegen. Junge Männer dürfen nicht untereinander sexuelle Beziehungen eingehen.
Außerdem scheint die Homosexualität der Etoro mit ihrer kriegerischen Lebensform verbunden zu sein. Wie andere Gruppen auf Neuguinea sind sie aus dichter besiedelten Gebieten vertrieben worden. Solche Gruppen sind entweder immer noch auf der Flucht, gerade dabei neuen Lebensraum für sich zu gewinnen oder im Begriff Verlorenes zurückzuerobern. Das wiederum verlangt nach dem Handeln von Männern. Frauen, und Kinder hingegen sind dabei sogar lästig. Daraus folgt eine negative Einstellung zur Reproduktion. Was liegt näher, als eine nicht der Reproduktion dienende Form von Sex, also u.a. die Homosexualität. Man spricht dabei von der ritualisierten männlichen Homosexualität. Übermäßiger „Normalsex“ wird demgegenüber mit dem Attribut Hexerei belegt.
Bei all dem wird
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