Freibeuter der Liebe
einen Herzinfarkt, wenn ich ihr das erzähle. Mein Buch ist überfällig, und ich habe wahrscheinlich die schlimmste Schreibblockade in der ganzen Literaturgeschichte, stimmt’s Diana?“
Sie blickte zu ihrer Freundin, die heftig nickte.
Er lächelte unbeeindruckt. „Nichts stimuliert die Muse so wie das weite Meer.“
Stella sah ihn fragend an. „Hast du keine anderen Bergungsaufträge?“
Rick zuckte die Schultern. „Damit werden die Jungs auch ohne mich fertig. Außerdem müssen wir erst etwas finden, bevor wir es bergen können. Eine kleine Erkundungsfahrt, ein paar Wochen, höchstens vier. Nur du und ich und das weite Meer. Salz, Seeluft und Sonne. Dann bekommst du mal ein bisschen Farbe“, drängte er mit Blick auf ihr blasses Gesicht. „Wie damals, als wir noch Kinder waren.“
Stella schüttelte den Kopf, obwohl der Gedanke sie reizte.
Sie waren keine Kinder mehr.
„Ich kann nicht. Ich muss ein Buch schreiben.“
„Ach, komm schon“, murmelte er, weil er ihre Sehnsucht spürte. „Du willst es doch auch. Du hast immer wie wild geschrieben, wenn du auf der Persephone warst. Erinnerst du dich? Ständig hast du was in dein Notizbuch gekritzelt.“
Sie erinnerte sich. Entweder hatte sie die Nase in ein Buch gesteckt oder sie hatte etwas geschrieben. Er hatte sie gnadenlos damit aufgezogen. Schon damals hätte sie erkennen müssen, dass sie dazu bestimmt war, Schriftstellerin zu werden. „Ich kann nicht. Nicht wahr, Diana?“
Diana sah Stella an, dann Rick, dann wieder zu ihrer Freundin. Wenn jemand einen Tapetenwechsel brauchte, dann Stella. Diese vier Wände waren offensichtlich zum Gefängnis für sie geworden, trotz der schönen Aussicht. Vielleicht würde eine Luftveränderung den Knoten lösen.
Und wenn sie auf dem offenen Meer am kreativsten war …
Joy würde einen Anfall kriegen, aber Diana hatte das Gefühl, dass ihre Freundin genau das brauchte. Hoffentlich behielt sie recht, denn man würde ihr den Kopf abreißen, wenn Stella sonnengebräunt, aber ohne Buch zurückkehrte.
Sie stand ebenfalls auf. „Ich finde, du solltest es tun. Ich finde, das ist eine tolle Idee.“
Stella blinzelte. „Was?“, sagte sie, während Ricks Lächeln drei Mal so breit wurde.
„Weise gesprochen“, bemerkte er und legte einen Arm um Dianas Schultern.
„Danke.“ Diana strahlte.
„Komm schon, Stella. Oder traust du dich nicht? “
Stella verdrehte die Augen. Früher war ihre Freundschaft ein ständiges Kräftemessen gewesen. Wetten, du traust dich nicht, durch das Loch im Wrack zu schwimmen? Was ihr Vater streng verboten hatte. Wetten, du traust dich nicht, eine Münze vom Grund hochzuholen? Ebenfalls verboten. Wetten, du traust dich nicht, den Mantarochen zu berühren?
Es war ein Wunder, dass sie beide noch lebten.
Ihr fiel wieder ein, wann die Mutproben aufgehört hatten. An jenem Abend an Deck, als sie Rick herausgefordert hatte, sie zu küssen. Ob er sich daran erinnerte? Ein Blick in seine funkelnden Augen verriet ihr, dass er wusste, woran sie gerade dachte.
„Ich sag dir was“, sagte Rick und riss sich von der Erinnerung los, die ihn noch heute in seinen Träumen verfolgte, „entscheide dich nicht jetzt sofort. Schlaf erst mal drüber. Ich wette, morgen früh kommt es dir gar nicht mehr so verrückt vor.“
Stella hätte jederzeit darauf gewettet, dass ihr die Idee, nüchtern und bei Tageslicht betrachtet, noch viel verrückter vorkommen würde.
Vollkommen durchgeknallt.
Er beugte sich vor und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, dann zwinkerte er Diana zu. „Kann ich hier schlafen?“
Stella kam sich vor wie ein Kind zwischen zwei Erwachsenen. „Was, kein Mädchen in diesem Hafen, Matrose?“, fragte sie bissig. Rick mangelte es an Land nie an weiblicher Gesellschaft.
Rick lachte leise in sich hinein. „Jedenfalls kein Mädchen, das so gute Pfannkuchen macht wie du.“
„Aha. Dich interessieren also nur meine Pfannkuchen“, neckte sie ihn.
„Und deine Hälfte der Schatzkarte.“ Er lächelte. „Ich bin total erledigt. Ich brauche eine Dusche. Und eine Woche Schlaf. Liegen die Handtücher da, wo sie immer liegen?“, fragte er im Hinausgehen, ohne eine Antwort abzuwarten.
Diana sah ihm nach. „Wow.“
Stella nickte. „Ja.“
Sie drehte sich zur Küchenspüle und stützte die Ellbogen auf den kühlen Stahl, wobei sie aus dem großen Erkerfenster in die finstere Nacht blickte. Diana stellte sich neben sie und nippte ein weiteres Mal an ihrem Wein.
„Trägt er
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