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Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi von Wolff
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ihm die Karte gestohlen hätten. Aber sicher doch! Ich setze Michael zu Hause ab und brause wütend heim.
     
    Leise schleiche ich die Treppen hoch, in der Hoffnung, dass Richard mich nicht hört. Ich kann mich nicht schon wieder betrinken. Soll er doch heute Abend meine ausrangierten Kleider anprobieren und sich schminken. Aber bitte ohne mich! Fast lautlos schließe ich meine Wohnungstür auf. In diesem Moment geht das Licht im Korridor an. »Frau Carolin, Frau Carolin!«
    Ich sinke in mich zusammen. Frau Eichner hat mir gerade noch gefehlt. Magdalena Eichner ist 74 , logischerweise Rentnerin, und bekommt alles mit, was in unserem Hause so abgeht. Bei ihr in der Wohnung sitzt angeblich der Schwamm und manchmal denkt sie, Geister würden in ihren vier Wänden wohnen. Außerdem hat sie schon ungefähr fünfzigtausend Außerirdische von ihrem Küchenfenster aus beobachtet. Einmal klingelte sie mich nachts aus dem Bett, weil Ufos auf ihrem Fensterbrett landen wollten. Nachdem ich schlaftrunken in ihre Wohnung getaumelt war, stellte sich heraus, dass es sich bei den vermeintlichen Ufos um einen vom Licht irritierten Mückenschwarm handelte. Andererseits ist Frau Eichner unglaublich hilfsbereit und putzt einmal in der Woche meine Wohnung. Ich mag sie sehr, obwohl sie eine Nervensäge ist. »Was ist denn?«, frage ich lustlos.
    Frau Eichner kommt mit Hausschlappen und Lockenwicklern die Treppe hoch. »Frau Carolin, Sie glaubes net!«, legt sie los. »Heut war en Mann da, der hat behauptet, er käm von de Stadt und müsst bei mir die Zähler ablese, dabei war im letzte Jahr doch schon einer da!« »Aber die kommen doch immer einmal im Jahr«, sage ich, »das ist doch ganz normal!«
    Frau Eichner wird rot. Sie wird immer rot, wenn sie sich aufregt. »Aber der Mann heut war so komisch. Isch mein, der hätt noch e anner Person in sisch gehabt. Der war so genervt un hat als gesacht, isch tät misch anstelle!«
    Das glaube ich wiederum gern, weil Frau Eichner sich immer anstellt. »Was ist denn jetzt das Problem?«, will ich wissen.
    » DER MANN HAT GESACHT , ER WILL WAS ZU TRINKE !!!«, brüllt Frau Eichner im Hausflur los.
    Erschrocken zerre ich sie in meine Wohnung und schließe die Tür.
    »Isch han em was zu trinke gebbe, dann hat er die Zähler abgelese und hat gesacht, des wird en deure Spaß! Des wor mer zu viel, Frau Carolin, da han isch gesacht, des sehn mer dann. Da sacht er, er müsst auf die Toilette!«
    »Ja und?« Bitte, bitte, geh doch endlich!
    »Isch han gesacht, das gäht nett. Da hat er gesacht, jeder Bürger wär verpflichtet, en annere uff die Toilett gehe zu lasse. Un da geht der Mann einfach uffs Klo.«
    Frau Eichner führt wirklich ein ungemein aufregendes Leben. »Ich bin müde, Frau Eichner«, sage ich und will sie zur Tür hinausschieben, aber sie schüttelt mich ab.
    »Es Schlimmste kommt ja noch!«, schreit sie.
    »Ja, was denn noch?«
    Frau Eichner, Frau Eichner, wenn ich Sie nicht hätte. Wahrscheinlich hat sie den armen Stadtwerkemenschen von hinten erschlagen, weil er ihre Toilette benutzt hat, ohne auf ihr Nein zu hören. Frau Eichner hält die Hände vor ihr Gesicht und fängt laut an zu heulen. Schnell schließe ich die Tür wieder. Sie wirft sich in meine Arme.
    »Ich han de Mann erschlache!«, schreit sie. »Von hinne! Mit erer Milschkann!«
    Mir wird schwarz vor Augen.
    »Des ganze Blut. So e Sauerei! Frau Carolin, komme Se, komme Se mit, ich hab schon en Schlachtplan endworfe. Mir mache des wie im Tatort. Mer lasse die Leische verschwinne. Oder mer friern se ein. Oder mer verbrenne se im Ofen. Oder mer ziehn ihn runner in die Waschküsch un betoniern ihn da ein. Isch han Werkzeusch da, isch han alles da! Bitte! Isch trau misch auch alleine net mer in mei Wohnung. Isch han im Keller gewort, bis Sie gekomme sin!«
    Frau Eichner springt im Kreis um mich herum wie ein aufgescheuchter Truthahn. Ich kann sie kaum beruhigen. Ein Toter, denke ich nur. Was kann denn in dieser Woche noch alles passieren? Was soll ich nur tun? Susanne anrufen? Bloß nicht, die ist mit solch einer Situation mit Sicherheit überfordert. Die Polizei? Natürlich, was denn sonst. Ich sage: »Wir rufen die Polizei an!«
    »Nein!«, kreischt Frau Eichner. »Wolle Se misch dann besuche un durch e Glasscheib mit mer schpresche, un wolle Se sisch angugge, wie isch von Woch zu Woch mehr zugrunde geh?« Sie fällt vor mir auf die Knie. »Bitte, bitte. Isch bin 74 Jahrn, isch han in meim Lebe keim Mensche was zuleid getan. Isch

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