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Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi von Wolff
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wissen!« Mein lieber Schwan, der geht ja ganz schön ran. Aber gerne doch, gerne doch drehe ich mich um. »Öffne die Augen!« Auch gut. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, vorher zu sehen, was auf einen zukommt. Langsam halte ich es vor Erregung nicht mehr aus. Ich öffne die Augen. Schreiend taumle ich zurück. Vor mir steht eine Frau mit meinen Kleidungsstücken und meinen hohen Pumps. Die Frau ist stark geschminkt und hat unverschämterweise auch noch meinen Schmuck an. Ihr Busen hängt ziemlich tief und an zwei völlig verschiedenen Stellen. Ich bin fassungslos. Wo ist Richard?
    »So, Carolin!«, sagt die Frau. »Jetzt ist es raus. Ich fühle mich als Frau. Ich möchte eine Frau sein. Ich werde mich auch operieren lassen. Bleiben wir trotzdem Freunde!«
    Wir sehen uns ungefähr eine Minute schweigend an. Dann fange ich hysterisch an zu lachen.
    Jaja. Ich hatte noch nie Glück mit Männern. Meinen ersten Freund hatte ich mit vierzehn. Er hieß Thorsten und ich habe ihn angebetet wie ein Depp. Hätte Thorsten mir befohlen, als Beweis meiner Liebe zu ihm einen Liter Salzsäure zu trinken – ich hätte es getan. Er merkte natürlich schnell, dass er mit mir machen konnte, was er wollte, und nutzte es schamlos aus. Nach einem guten Jahr verließ er mich dann wegen meiner besten Freundin Babsi und ich redete mir ein, an allem schuld zu sein. Florian, meine nächste große Liebe, hatte wie ein Pascha immer drei Freundinnen gleichzeitig und trug unglaublich viele Goldkettchen an Hals und Armen. Außerdem hatte er sich die Namen aller Exfreundinnen eintätowieren lassen. Es waren sehr viele Tätowierungen. Ich trennte mich von ihm, als er von mir verlangte, mit anderen Männern zu schlafen, bei denen er Schulden hatte. Dass ich das nicht toll fand, konnte er nicht verstehen. Er meinte, das hätte doch mit unserer Beziehung nichts zu tun.

2

    Am nächsten Tag melde ich mich krank. Mein Schädel dröhnt, und außerdem muss ich erst mal alles verkraften. Richard hat bei mir übernachtet und schläft noch. Ich habe ihm einige Kleider von mir geschenkt, er hat sich sehr darüber gefreut. Erst mal Kaffee machen. Und Aspirin nehmen.
    »Männer sind Schweine, dadada«, summe ich vor mich hin. »Sie wollen alle nur das eine … dadada, und am nächsten Morgen sind sie fort!« Na, da hab ich ja noch mal Glück gehabt, bei mir ist einer geblieben. Welch absurde Situation. Wieso ziehe ich solche Dinge immer magisch an? Das Telefon klingelt. Wahrscheinlich mein Kollege Henning, der mir nicht glaubt, dass ich wirklich krank bin. Ich verstelle meine Stimme. »Hallo!«, krächze ich in den Hörer.
    »Gott sei Dank, du bist zu Hause!«, schreit es. »Du musst sofort kommen. Sofort!«
    Es ist Susanne. Wenn Susanne anruft, ist immer etwas passiert. Entweder hat sie sich aus Versehen schmutzig gemacht, was für Susanne eine Katastrophe ist, sie hat eine Schmutz-Phobie, oder aber Michael ist mal wieder spurlos verschwunden.
    Michael ist Susannes Mann. Ich habe noch nie einen orientierungsloseren Menschen kennen gelernt. Einmal waren wir zusammen in der Oper und er musste in der Pause zur Toilette. Die Pause war vorbei, Michael kam und kam nicht wieder. Susanne hatte schon fast einen Nervenzusammenbruch und wollte aus der Oper rauslaufen, um ihn zu suchen, wir aber waren der Meinung, dass Michael alt genug wäre, um seinen Platz in der siebten Reihe alleine wiederzufinden. Also setzten wir uns alle wieder auf unsere Plätze. Die Oper begann und Michael war immer noch nicht da. Susanne rutschte hektisch auf ihrem Sitz hin und her. Der Vorhang ging auf und eine Frau im barocken Gewand begann zu singen. Sie trällerte, dass ihr Geliebter sie verlassen hätte und sie den Geliebten auf jeden Fall zurücknehmen würde, was immer auch geschehen möge. »Kohohohomm, kohohohomm zuuuuuuuuu miiiiiiiir, ihihihich verherzeiheihe dihihir … «, sopranierte die Dame.
    Offenbar war nun geplant, dass der Geliebte aus einem Holztor hervortreten und reumütig vor ihr auf die Knie fallen sollte. Stattdessen kam plötzlich Michael aus einer improvisierten Rosenhecke und fragte verwirrt: »Wo ist das Parkett?«
    Ein erstauntes Raunen ging durch den Saal. Die Dame hörte auf zu singen, der zurückzunehmende Liebhaber trat nun auch auf die Bühne. Höflich schüttelte Michael ihm die Hand und stellte sich vor. Der Liebhaber war überfordert mit der Situation und sang: »Nur mit diiir alleiheihein kann ich glücklich seiheihein … «
    Michael wich entsetzt

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