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Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi von Wolff
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Des war e Nacht!« Allerdings. Ich setze mich erst mal. Halb acht. Noch Zeit. Zeitung. Kaffee. Kein Brötchen. Ich kann nicht mehr. Noch so eine Nacht mit so wenig Schlaf werde ich AUF GAR KEINEN FALL mehr verkraften. Heute Abend liege ich um sieben im Bett. Nein, um sechs. Ich werde auf der Arbeit behaupten, dass wir einen Wasserrohrbruch hatten und um sechs der Klempner kommt. Wenn ich dann noch lebe. Frau Eichner springt herum wie ein Wiesel. Sie scheint keine Kopfschmerzen zu haben. Vielleicht ist es ja so, dass man, je älter man wird, umso mehr verträgt. Nee. Ich vertrage ja immer weniger, das kann nicht stimmen. »Wo is dann de Herrn Krauss? Dud er noch schlaafe?«, fragt sie. »Nein!«, brummelt Gero. Er steht mit zerzaustem Haar in der Tür. »Aber ich will gleich weiterschlafen! Tust du mir einen Gefallen, Carolin, Liebste?«
    Ich verdrehe die Augen und äffe ihn innerlich nach: ›Kannst du auf der Baustelle anrufen, dass ich krank bin? Bitte! Mir glauben die nichts!‹ Und wenn ich dann sage, ruf doch selber an, ist er tödlich beleidigt und sagt: ›Ist gut, ist gut, aber
du
willst noch mal was von mir … ‹ Da ich aber letztendlich doch auf der Baustelle anrufen werde, spare ich mir das gewohnte Procedere. »Gib’s Telefon!«
    Gero hat es natürlich gleich mitgebracht. »Ich will aber mithören!« Das kann ich nicht ausstehen, und das weiß er. Er presst sein Ohr immer so fest an den Hörer, dass ich kaum mehr was verstehe. Ich wähle die Nummer von seinem Chef. »Höbau Müller!!!«, brüllt es. Warum können diese Menschen nicht normal sprechen? Warum müssen sie schreien?
    »Guten Morgen, Schatz hier. Ich bin die Nachbarin vom Herrn Krauss und wollte nur Bescheid geben, dass er heute leider nicht kommen kann. Er ist sehr erkältet und … « Am anderen Ende der Leitung schnaubt es. Stille. »Hallo!«, sage ich.
    Der Mann von Höbau mit dem Namen Müller holt Luft. »Wenn isch des dem Scheff sach, dreht er dursch!«, brüllt er. »Die Schwuchtel is jetzt schon des dritte Mal krank innerhalb von zwei Woche!«
    Entsetzt starre ich Gero an. Woher wissen sie, dass er schwul ist? Er gestikuliert mit beiden Händen, aber ich verstehe nicht, was er meint. »Isch hol de Scheff!«, meint Höbau-Müller. »Des kann so net weidergehe! SCHEFF !!!«, schreit er, wahrscheinlich über den Hof. »Unser Tucke Geraldine hat sisch mal wieder zu oft de Nickel verchrome lasse!«
    Geraldine? Verstehe. Sie wollen Gero fertig machen. Der ist mittlerweile aufgesprungen und schreibt hektisch etwas auf ein Blatt Papier. Ich reiße es ihm aus der Hand. HABEN MICH AUF PARKPL GES steht da. Auf dem Parkplatz gesehen? Ja und? Ich blicke ihn verständnislos an. Was soll denn daran so schlimm sein? Verzweifelt macht Gero eine eindeutige Handbewegung. Alles klar. Ich konzentriere mich wieder auf den Höbau-Müller.
    »Hallo?«, frage ich.
    Bei Höbau-Müller ist inzwischen die Hölle los. Ich höre ungefähr siebzehntausend Stimmen im Hintergrund diskutieren. Ist da vielleicht ein Streik im Anmarsch? »Ich lege auf!«, sage ich zu Gero. Der sinkt auf die Knie. »Bitte nicht!«, formen seine Lippen. Meine Güte!
    »Hallo!!! Hallo!!! Wo is de Bengel???«
    Das muss der Chef sein. »Ja, guten Morgen, mein Name ist Carolin Schatz, ich bin die Nachbarin von … «
    »Hörn Se uff mit dem Quatsch!«, schreit der Mensch. »Sie sin im Leebe net die Nachbarin. Wo issen unser Mädsche?« »Welches Mädchen?« Ich bin irritiert.
    »Ei, unsern Schwule! Hat er wieder zu viel Vaseline verbraucht oder was?«
    Wie asozial. Ich sage kalt: »Hören Sie, Herr Krauss ist krank. Er wird heute nicht kommen. Ich verbitte mir diese Unterstellungen und vor allen Dingen diesen Ton!«
    Brüllendes Gelächter bei Höbau. »Einer geht noch, einer geht noch rein!«, singt man dort gruppendynamisch im Chor. Der arme Gero. Er hat bestimmt kein einfaches Leben dort. Ich lege den Hörer auf. In diesem Moment fängt Gero lautlos an zu weinen. Ich brauche erst mal noch einen Kaffee.
    »Was ist denn bei dir auf der Arbeit los?«, frage ich. »Woher wissen die denn, dass du schwul bist?«
    »Die haben mich auf dem Parkplatz hinter dem Wiesental gesehen. Also zwei von denen. Du erinnerst dich doch bestimmt noch an Hektor.« Verheult blickt er mich an. Ich überlege. Hektor. War das nicht dieser entsetzliche Brummifahrer, der siebenhundert Kilo wog? »Der Dicke?«, frage ich.
    »Genau«, heult Gero, »und der hat auf Outdoorsex gestanden. Und da wollte er eine Nummer am

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