Freundin für Allie
antwortete Mom. »Lady Serena liegt auf der Intensivstation, hat Mrs Hauser gesagt.«
Das beunruhigte mich wieder total. Wie sollte ich mir unter diesen Umständen ein Kätzchen aussuchen? Mrs Hauser hatte mir versprochen, dass ich mir den Wurf als Erste ansehen durfte. Ich weiß, es war egoistisch so zu denken, da sie noch so klein und krank waren.
Als ich meine Gedanken laut formulierte, sagte Mom: »Liebes, die Kätzchen sind noch so klein, dass sie nicht einmal die Augen geöffnet haben. Mrs Hauser hat gesagt, sie haben noch gar kein Fell.«
»Dann sehen sie aus wie Wassermolche«, sagte Mark fröhlich.
»Halt die Klappe!«, schrie ich. Plötzlich war ich supersauer auf ihn. »Kätzchen sind kein bisschen wie Wassermolche.«
»Doch, wenn sie klein sind, schon«, sagte Mark. »Außerdem sind sie ganz nackt.«
»Sind sie nicht«, widersprach ich beharrlich. »Mom, sag Mark, dass er damit aufhören soll.«
»Mark, hör auf, deine Schwester zu ärgern«, sagte Mom. »Allie, du musst einfach ein bisschen Geduld haben mit diesem Kätzchen. Mrs Hauser tut in dieser schlimmen Situation, was sie nur kann. Jetzt setz dich hin und iss. Wie war’s heute Vormittag in der Schule?«
»Allie hat den Buchstabier-Wettbewerb der Viertklässler verloren«, erzählte Kevin nebenbei, während er sich mit Käse und Krackern vollstopfte. »Vor allen Leuten. Und ein Junge, der Peter heißt, hat was zu ihr gesagt.«
Glücklicherweise wusste Kevin nichts von Rosemarie und ihrem Plan, mich zu verhauen. Den Teil unserer Unterhaltung hatte er nicht mitbekommen. Mom regte sich schon genug über das bisschen auf, was er erzählt hatte.
Wenn Eltern einen fragen, ist es sehr wichtig, etwas über die Schule zu erzählen. Aber natürlich nicht alles. Wenn man ihnen alles erzählt, rufen sie nämlich die Lehrer an und beschweren sich. Dann wird alles nur noch schlimmer – meistens jedenfalls.
Das ist mir schon mal so gegangen, als mich in der zweiten Klasse ein Junge ständig küssen wollte. (Ich kapierte erst später, dass er mich sehr gern mochte. Trotzdem iih.) Als ich das meiner Mom erzählte, rief sie die Mutter des Jungen an, die ihm zur Strafe seine Playstation wegnahm. Danach war er so böse auf mich, dass er in der Pause die Stadt aus Zweigen
kaputtmachte, die ich für die Unsichtbaren draußen gebaut hatte. (In der Zweiten hatte ich viel Fantasie und glaubte echt, dass auf dem Schulhof ein unsichtbares Volk lebte.)
Man muss aufpassen, was man seiner Mama erzählt, jedenfalls wenn sie zu der Sorte Mütter gehört, die alles schlimmer machen , wie meine manchmal. Das ist eine Regel.
Als Mom endlich damit fertig war, mich zu bedauern, weil ich den Buchstabier-Wettbewerb verloren hatte, konnte ich mich schließlich mit Erica treffen. Langsam gingen wir zur Schule zurück und wirbelten mit den Schuhen das welke Laub auf. Währenddessen erzählte ich ihr von Lady Serena. Erica fand es auch ungerecht, dass ich nicht in die Tierklinik gehen durfte, um nach Lady Serena zu sehen.
Ich kann unglaublich gut mit Tieren umgehen, denn ich bin die Einzige in unserer Familie, die sich um unseren Hund Marvin kümmert. Nur Dad geht auch mit ihm Gassi. Ich könnte den Tiermedizinern zur Hand gehen. Einmal habe ich Marvin einen Nagel aus der Pfote gezogen. Na ja, er war nicht richtig tief drin. Aber hätte man den Nagel drin gelassen, hätte die Pfote eitern und sich entzünden können. Daran musste sich Mom doch erinnern!
An der Ampel, wo Caroline und Sophie immer abbogen, trafen wir die beiden wieder. Carolines Vater hatte ihr etwas gegen die Bauchschmerzen gegeben. Jetzt ging es ihr besser, und sie entschuldigte sich, dass sie uns im Stich gelassen hatte.
»Es ist doch kein Problem, dass wir den Buchstabier-Wettbewerb
verloren haben«, sagte Sophie. »Wir müssen uns aber überlegen, was wir in der Rosemarie-Allie-Sache unternehmen!«
»Wieso?«, fragte ich so unschuldig wie möglich. »Ich habe kein Problem mit Rosemarie.«
»Allie«, sagte Caroline. »Nach dem verlorenen Wettbewerb wird sie dich erst recht verhauen wollen, das steht fest. Du weißt doch, wie ehrgeizig sie ist.«
»Wir müssen uns überlegen, wie wir Allie beschützen können«, sagte Erica entschlossen. »Das tun Königinnen füreinander, oder etwa nicht?«
»Wir?«, fragte Sophie erschrocken. »Wie sollen wir das denn machen? Ich meine … Rosemarie ist viel größer als wir. Und viel stärker.«
»Aber nicht, wenn wir zusammenhalten«, sagte Caroline. »Erica hat
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