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Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Emil Brachvogel
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wogten und türmten sich auf, flatterten zusammen und umschlangen sich, und eine Stimme hob sich nach der andern und wiederholte den Sang und brauste und schwoll im Chor und dehnte sich aus zu den Wolken in einem riesigen, seligen Halleluja.
    Unvermittelt brach er ab; hielt ein, obwohl noch ein gutes Dutzend Takte an der Motette fehlten. Er wußte: sein Ältester steht wieder an der Tür, sein Friedemann, der ihm mehr wert ist als alle Motetten der Welt. Über alle Wonne des Vollendens geht die Vaterfreude, und so soll der Friedemann. der dreizehnjährige Junge, die Komposition vollenden!
    Sebastian Bach sah lächelnd nach der Türe und hustete, und herein schlüpfte ehrfurchtsvoll der Knabe, in der Hand den Brief. »Bist du wohl fertig, lieber Vater?«
    »Nein, Friedemann. Aber setze dich her, löse die Fuge auf und mach' den Schluß!«
    Glühende Röte schoß über Stirn und Wangen Friedemanns, in seine Augen stiegen Tränen, und indem er zitternd die Feder nahm, küßte er die gütige Hand des Vaters. Dabei fiel der Brief zur Erde.
    »Was hast du da, Friedemann?«
    »Herr Volumier hat den Brief mit einem kurfürstlichen Boten geschickt. In einer Weile will er Antwort,« sagte hastig der Knabe, reichte dem Vater den aufgehobenen Brief hin und eilte mit ungestümer Hast an seine Arbeit.
    »Ach, die Mutter wollte ja, ich sollt's ihr sagen, wenn du aufhörtest,« erinnerte sich der Knabe und erhob sich noch einmal.
    »Laß nur, ich werd' die Mutter selber rufen,« und die Tür öffnend, rief Sebastian: »Frau, komm doch herauf!«
    Während der Knabe wie vererzt an der Arbeit saß und Sebastian das Schreiben durchlas, war Dorothea Bach rasch eingetreten; auf des Gatten Schulter gelehnt, sah sie in den Brief. »Was will denn der Volumier, Bastian? Der schreibt solche Krillhaken, daß man kein Wort erkennen kann. -- Was gibt's denn Neues in Dresden?«
    »Hör nur zu,« sagte Bach, »ich will's dir vorlesen: Herzlieber Meister Sebastian! -- Vor allen Dingen schönsten Gruß von mir und meiner Frau. Gesund sind wir alle, und was die Neuigkeiten bei uns anbelangt, so gibt's Witze hier genug und Anekdoten, -- man darf sie halt nur nicht so aufs Papier setzen. Aber in Dresden, bei einem Gläslein Punsch, wenn wir allein sind ...?!
    Kurz und gut, damit Ihr wisset, warum ich Euch einen Expressen schicke, höret folgende Geschichte:
    Der Franzose Marchand ist nach Dresden gekommen, hat sich hinter die Denhof gesteckt und ihr die Schürze gestrichen, und so ist er zu einem Konzert bei Hofe gekommen. Es ist richtig, der Kerl hat Schmalz in den Fingern, er appliziert die Sätze ganz meisterhaft und hat so einen weichen Druck der Klaves beim Adagio und macht das Crescendo verzweifelt gut, aber - hol mich der oder jener - Ihr macht's auch so! Von den Sachen aber, die er spielt, laßt mich nur ja still sein. Da ist kein Salz und kein Schmalz drin, seine Gedanken sind flach und leer und ohne Kraft. So ein altes süßes Genudel und Gedudel, wißt Ihr! Aber die Schürzen bei Hofe finden es schön, und - staunt nur! - der Allerdurchlauchtigste hat sich breit schlagen lassen und bietet dem Kerl eine Unsumme, er soll nur bleiben als Hofkomponist und weiß nicht was. Daß uns Dresdener Musiker das ärgert, könnt Ihr Euch denken! Die Allergnädigste Frau sieht auch scheel dazu, und wo sie den Schürzen eins aufflicken kann, freut sie sich herzlich. Da hab' ich denn ein paar Worte von Euch wiederum fallen lassen, und das kam ihr gerade gelegen. So hat sie nun neulich den Marchand bei Tafel vor dem Serenissimus schlecht gemacht und gesagt, Ihr könntet viel mehr als der Franzose. Darüber hat sich ein Streit erhoben. Der Allerdurchlauchtigste ließ mich rufen und fragte mich um meine Meinung. Ich sagte, ich wollte beweisen, daß, wenn Marchand mit Euch eine Art musikalischen Zweikampf machte, der Franzose den Spieß wegschmeißen müßte. - So soll ich Euch denn hierdurch im Namen des Allerdurchlauchtigsten einladen, auf eine Woche nach Dresden zu kommen und mit dem Marchand um die Wette zu spielen. Sperret Euch nur nicht und kommt; man kann nicht wissen, was es für Folgen hat.
    Grüßet Eure Frau Liebste schön; und sie soll keine Geschichten machen und Euch reisen lassen!
    Nun bin ich mit meinem Auftrag fertig und erspar' mir alles andere aufs mündliche. - Also, günstige Antwort!
    Gott segne Euch und die Euren, das wünscht Euer alter Volumier.«
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    Es entstand eine Pause, während der nur die leise Bewegung der Feder Friedemanns

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