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Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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qualmenden Reifen direkt neben mir stehen.
    Der Mann hinter dem Lenker trug eine Mütze. Er setzte zurück und ließ den Motor aufröhren. Er starrte mich mit einem hellblauen Auge durch die Windschutzscheibe an; das andere war von einem Monokel verdeckt, das wie in sein Gesicht geschmiedet aussah und grelle Sonnenstrahlen entsandte.
    »Hey, du gottverdammter Hundesohn«, schrie er mit einer Stimme, die eine Idee zu lange auf deutschen Vokalen verweilte.
    Mir wäre beinahe das Fahrrad umgefallen. Als ich zwölf Jahre alt war, hatte ich dieses Profil in alte Münzen geprägt gesehen. Dieser Mann war entweder ein wiederauferstandener Cäsar oder der Deutsche Hohepriester des Heiligen Römischen Reichs. Mein Herz schlug so heftig, daß es alle Luft aus meinen Lungen hämmerte.
    »Na was?« schrie der Fahrer. »Raus mit der Sprache!«
    »Freue mich, Sie kennenzulernen«, hörte ich mich sagen, »Sie gottverdammter Hundesohn. Sie sind doch Fritz Wong, oder irre ich mich? Geboren in Shanghai, Vater Chinese und Mutter Österreicherin, aufgewachsen in Hongkong, Bombay, London und einem Dutzend Städte in Deutschland. Erst Laufbursche, dann Cutter, dann Drehbuchautor, dann Kameramann bei der UFA, und dann Regisseur überall auf der Welt. Fritz Wong, der herausragende Regisseur, der den großen Stummfilm Die Cavalcanti-Beschwörung gedreht hat. Der Mann, der die Filmszene Hollywoods von 1925 bis 1927 beherrschte und dann wegen einer Szene in einem seiner Filme gefeuert wurde. Ein Film, in dem er selbst als preußischer General auftrat und Gerta Froehlichs Unterwäsche beschnüffelte.
    Der international renommierte Regisseur, der sich nach Berlin flüchtete und es dann noch vor Hitler verließ, der Schöpfer von Liebeswahn, Delirium, Zum Mond und zurück …«
    Mit jeder Huldigung drehte sich sein Kopf einen winzigen Ruck, gleichzeitig verzog sich sein Mund zu einem breiten Kasperlegrinsen. Sein Monokel blitzte im Morsekode.
    Hinter dem Monokel lauerte fast unsichtbar ein orientalisches Auge. Ich stellte mir vor, das linke Auge sei Peking, das rechte Berlin. Aber nein, das Orientalische wurde lediglich durch die vergrößernde Wirkung des Monokels suggeriert. Seine Augenbrauen und Wangen waren ein Festungswall teutonischer Arroganz, dazu geschaffen, mindestens zweitausend Jahre zu halten, oder jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, an dem sein Vertrag aufgelöst wurde.
    » Wie haben Sie mich genannt?« fragte er mit umwerfender Höflichkeit.
    »Genauso, wie Sie mich genannt haben«, antwortete ich leise. »Einen gottverdammten Hundesohn«, wisperte ich.
    Er nickte. Er grinste. Er schleuderte die Wagentür auf.
    »Springen Sie rein!«
    »Aber Sie kennen –«
    »Ich kenne Sie nicht? Glauben Sie, ich fahre durch die Gegend und nehme jeden dahergelaufenen Radfahrer mit? Glauben Sie, ich hätte nicht bemerkt, wie Sie sich im Studio um die Ecken drücken, als wären Sie das Weiße Kaninchen in der Speisekammer? Sie sind dieser –«, er schnippte mit den Fingern, »– dieser uneheliche Sohn von Edgar Rice Burroughs und The Warlord of Mars – der illegitime Nachfahre von H. G. Wells, aus der Linie Jules Verne. Verstauen Sie Ihr Rad. Wir sind spät dran!«
    Ich warf mein Fahrrad auf den Rücksitz und hatte kaum Platz genommen, als der Wagen auch schon auf fünfzig beschleunigt hatte.
    »Was will man machen?« überschrie Fritz Wong das laute Dröhnen des Auspuffs. »Wir sind beide verrückt, dort zu arbeiten. Sie können von Glück reden, Sie tun es noch mit Begeisterung .«
    »Sie etwa nicht?«
    »Gott steh mir bei«, murmelte er. »Doch!«
    Ich konnte meinen Blick nicht von Fritz Wong lösen, wie er sich so über das Lenkrad beugte und mit seinem Gesicht den Wind pflügte.
    »Sie sind der dümmste Kerl, der mir jemals untergekommen ist!« schrie er. »Sind Sie etwa lebensmüde? Was ist mit Ihnen los, haben Sie keinen Führerschein? Was ist das für ein Fahrrad? Ist das Ihr erster Job beim Film? Wie können Sie solchen Mist schreiben? Warum lesen Sie nicht Thomas Mann, Goethe?«
    »Thomas Mann und Goethe«, sagte ich, betont gelassen, »wären nicht in der Lage, das simpelste Drehbuch zu schreiben. Tod in Venedig, in Ordnung. Faust? Keine Frage. Aber ein gutes Drehbuch? Oder eine Kurzgeschichte, wie ich sie schreibe, mit einer Mondlandung, die absolut glaubwürdig ist? Das würden sie nicht schaffen. Warum fahren Sie mit diesem Monokel Auto?«
    »Das geht Sie einen Dreck an! Man sieht besser nichts. Wenn man den Fahrer vor sich zu sehr

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