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Friedo Behuetun 02 - Dunkles

Friedo Behuetun 02 - Dunkles

Titel: Friedo Behuetun 02 - Dunkles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
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fuhr rechts ran. Stellte den Motor wieder ab, wartete eine Weile. Und es kam, was er sich erhofft hatte: Eine Frau führte ihren Hund … spazieren? So mitten in der Nacht? Nein: zum »Geschäftverrichten«, wie der Hundebesitzer sagt. Also zum Pissen und Kacken. Sonst wäre sie jetzt nicht draußen.
    Was so eine Töle in die Landschaft setzt, überlegte sich Friedo Behütuns, sind jeden Tag garantiert zwei Haufen. Je vier- oder fünfhundert Gramm, macht rund 300 Kilo pro Jahr, macht 3000-4000 Kilo pro Hundekackleben, nur mal so grob und ganz entspannt überschlagen. Was ist das wohl in Kubikmetern? Viel, dachte Behütuns, mindestens. Reine Scheiße, und auch nur grob gerechnet. Aber wahrscheinlich war es noch viel mehr.
    »Guten Abend!«, grüßte Behütuns freundlich, und der Hund legte den Kopf schief. Sah drollig aus, das musste er zugeben. »Wissen Sie, wer dort oben wohnt?«, fragte er und machte eine Kopfbewegung zum Dachfenster hinauf.
    »Das ist der Otto«, sagte die Frau, »der zählt jede Nacht die Falter.«
    Man kannte sich in dem Ort und kannte auch alle Marotten der anderen. Die Frau hatte das nicht unfreundlich gesagt, eher freundlich. Fast fürsorglich. Oder liebevoll.
    »Kann man den auch besuchen?«, fragte Behütuns.
    »Gehen Sie einfach rein«, sagte die Frau. »Er macht nie auf, wenn man klingelt, die Tür aber ist immer offen.«
    Dann pfiff sie nach ihrem Hund. Der aber stand etwas abseits, Vorder- und Hinterbeine eng zusammen, Hintern und Schwanz weggestreckt, die Ohren angelegt, und … sah sie an und drehte sich dann weg. Als könnte man ihn nicht sehen, wenn er einen selbst nicht sah. Beim … richtig. Geschäft. Respekt, dachte Behütuns, der Hund ist ja ziemlich sensibel.
    Behütuns ging hinüber zur Tür, drückte leicht dagegen und spürte, dass sie offen war.
    »Hallo?«, rief er ins dunkle Treppenhaus.
    »Hallo?«
    »Gehen Sie einfach hinein, der Otto antwortet nie«, sagte die Frau und streichelte ihren Hund, weil er brav abgekackt hatte.
    Von oben kam ein wenig Licht, nur ein Schimmer. Kein Laut. Unsicher stieg Behütuns hinauf, die Holzstufen knarzten. Das Geländer seine einzige Führung. Muffig roch es in dem Haus, abgestanden. Am Treppenabsatz rief er noch einmal »Hallo?«, dann weiter hinauf, das Licht jetzt schon deutlich heller. Oder hatten sich seine Augen an das Dunkel gewöhnt? Aus dem Spalt einer angelehnten Tür kam das Licht, jetzt hatte sie der Kommissar erreicht. Kein Geräusch.
    Behütuns lauschte und klopfte.
    Nichts, nur schweres Atmen von jenseits.
    Noch einmal klopfte Behütuns.
    »Hallo?«
    Er drückte die Tür auf.
    Regale unter den Schrägen der Dachwohnung, mit Technik vollgestopft. Sonst nahm er nichts wahr. Das alles in gelblichem Licht. Apparate, Kabel, noch mehr Apparate. Er verstand nichts davon, doch es sah gut aus. Oder spannend. Und ein bisschen auch nach Messie. Die Regale quollen förmlich über. Und überall tanzten Falter. Er hatte es doch gewusst: Wenn du dein Fenster offen lässt nachts und das Licht nicht ausmachst, kommen die Falter.
    Ein Grunzen aus der Tiefe des Raums. Gebückt dort ein Mann, massig und alt, vielleicht 70, den verwuschelten Kopf unter der Lampe. Dann ging er zum Fenster, blickte kurz hinaus, schrieb etwas auf und kehrte zurück unter die Lampe. Huschig wirkte das, irgendwie ruhelos.
    »Hallo?«
    Keine Antwort.
    »Hallo?«
    Behütuns trat ein.
    »Schauen Sie!«, sagte der Mann, »sehen Sie sich das an!« Er schien kein bisschen verwundert. Winkte Behütuns heran,zeigte auf seinen Tisch, ein einfaches Brett unter der Schräge. Überall tanzten Falter, auch Käfer, krabbelten hektisch an den Wänden entlang, einen dicken hielt er in der Hand. Einen dicken Falter zwischen den Fingern.
    »Schauen Sie sich das an!«, sagte der Mann erneut.
    Auf dem Tisch lauter Papiere mit Zeichnungen, verziert mit etlichen Zahlen.
    »Schauen Sie sich das an!«, sagte er nun schon zum dritten Mal und deutete auf das Papier. »Ja, ja, die halten mich für verrückt, ich weiß. Aber ich weiß mehr als die.«
    Er hielt ihm den Falter entgegen. »Schauen Sie sich diese Fühler an!«, sagte er und deutete auf den Kopf des Falters. Dann steckte er, nur ganz kurz, den Kopf zum Fenster hinaus und schrieb etwas auf.
    »Diese Fühler«, sagte er, »sind genauso wie eine Formel. Was glauben Sie, für was die sind?«
    Herausfordernd sah er Behütuns an. Der zuckte nur mit den Schultern, er verstand die Welt hier noch nicht. Hatte keinen Plan, was hier vor

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