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Friedo Behuetun 02 - Dunkles

Friedo Behuetun 02 - Dunkles

Titel: Friedo Behuetun 02 - Dunkles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
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Eltersdorf. Behütuns stellte seinen Wagen ab, stieg aus und lauschte. Kein Mensch weit und breit, nur unten die Autos der Autobahn. Er ging ein paar Schritte, bis zum Ende des Asphalts. Ein Feldweg führte hinunter, gut zu sehen im Lichtschein des Mondes. Der Mond wie ein erstes »a« – hatte er das nicht schon gesehen heute, irgendwo? Eine Ahnung seines Traumes flog ihn an. Und war wieder weg. Komisch ist dochdie Welt manchmal, dachte er nur, fast wie ein Déjà-vu. Als hätte man manches schon einmal gesehen – und weiß doch nicht wo und wann.
    Er ging den Feldweg hinunter. Nichts kam ihm in Erinnerung. Hier war nichts, nur eine leichte Kurve. Er ging bis zu den Äckern, das Mondlicht war hell genug. Gegenüber wieder die Geleise und drüben der Nachthimmel Nürnbergs. Hell und sternschluckend, Lichtsmog über der Stadt. In der Stadt – oder aus der Stadt heraus – siehst du keine Sterne, da siehst du nur die Stadt, sonst nichts. Die Lichter am Boden sind deine Welt, und diese ist flach, hat keinen Raum nach oben. Die Luft begann zu zischeln, ganz leise erst, dann immer lauter. Das Geräusch kam von den Geleisen. Dann kam der Zug, brüllte vorbei, Metall auf Metall. Verebbte in der Nacht. Behütuns stand und lauschte, denn dieses Verebben war schön, wie es so langsam in die Ferne zog. Weiter und immer weiter. Weiter und immer weiter weg. Es zog ihn so richtig mit, das Geräusch, in die Weite der Welt, hinaus. Dann hörte er wieder die Autobahn.
    Er folgte dem Feldweg. Hier unten irgendwo hatte das Auto gebrannt, wo genau aber konnte er nicht sehen.
    Schwarz lag das Wäldchen im Mondlicht, vielleicht noch drei-, vierhundert Meter entfernt. Ob dort jemand war? Würde er jetzt seine Taschenlampe einschalten, könnte man ihn von dort aus sehen. So ließ er die Lampe stecken. Lieber noch damit warten. Der Schotter knirschte unter seinen Sohlen, Schritt für Schritt. Immer wieder tauchten Scheinwerfer der auf der Autobahn vorbeifahrenden Wagen das Wäldchen kurz ins Licht und ließen die Schatten wandern. Dann lag es wieder im Dunkeln. Im Gehen spähte Behütuns hinüber, suchte das Wäldchen ab. Vielleicht irgendwo eine Bewegung?
    Es war nichts. Behütuns hatte das Wäldchen erreicht, ging noch ein Stück den Feldweg am Rand entlang. Es roch nach Rinde und Holz, nach trockenem Moos und Reisig. Der typische Sommergeruch. Jetzt machte er die Lampe an. Immer wieder leuchtete er damit hinein, ließ den Lichtstrahlwandern, am Boden entlang, an den Stämmen entlang, einmal sogar hinauf in die Wipfel. Er fand nichts. Nur Falter im Lampenstrahl. Kein Auto, kein Mensch, nichts Verdächtiges. Nur manchmal das Knacken im Wald, das Wälder so unheimlich macht, nachts. Geräusche, die der Stadtmensch nicht kennt.
    Dann ging Behütuns zurück, stieg in sein Auto und fuhr wieder in Richtung Nürnberg, auf dem gleichen Weg, den er gekommen war.
    So kam er erneut an die Schranke, und diese war wieder zu. Wie vorher schon stellte er seinen Motor ab, wartete. Fledermäuse durchflatterten den Lampenraum, die Falter schien das nicht zu stören. Dann donnerte ein Zug vorbei, und wieder blieb die Schranke danach zu. Und wieder – diesmal sah er es, denn jetzt hatte er das Haus voll im Blick – dieser Schatten am Fenster, dort droben im Dach. Nur kurz, nur für einen Moment, dann war er wieder verschwunden. Das gesamte Haus war dunkel, nur oben das Fenster hell. Und offen. Dann kam ein Güterzug aus der Gegenrichtung, Wagen an Wagen an Wagen und laut. Warum eigentlich »Güterzug«, sinnierte Behütuns im Lärm. Sind Autos etwa gut? Oder Holz? Oder Chemikalien? Denn »Güter« kommt doch von »gut«, oder nicht? Ist etwas gut, dann ist es ein Gut. Sind es zwei – sind es Güter. Oder besser. Denn es heißt ja doch »gut«, »besser«, »am besten«, oder nicht? Sprache kann dich verrückt machen, dachte Behütuns, wenn du anfängst, darüber nachzudenken. Aber Sprache ist unsere Welt, oder nicht? Und die Welt besteht nur aus Worten. Was wir sagen können, das gibt es, was wir nicht sagen können, gibt es nicht. Oder können wir darüber nur deshalb nicht reden, weil es das, was es nicht gibt, nicht gibt? Das gibt es doch nicht – das macht dich verrückt, so zu denken. Das war schon verrückt. Nur nicht denken, dachte sich Behütuns. Nicht solche verqueren Sachen.
    Aber was war das da mit dem Fenster? Die Schranken gingen hoch, und das Fenster blieb leer. Nur gelbliches Licht quoll heraus.
    Behütuns überquerte den Bahndamm und

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