[Baccara] Zaertliche Beruehrungen
1. KAPITEL
„Hast du schon Pläne fürs Wochenende?” fragte Cole Tremaine seinen Bruder Tyler, als sie aus dem klimatisierten Bürogebäude in die Wärme des sonnigen Maitages hinaustraten. Tyler setzte zum Schutz gegen die blendende Helligkeit seine Sonnenbrille auf. „An diesem Wochenende ist doch Memorial Day”, erklärte er geduldig.
„Ach ja, sprich nicht weiter.” Cole lachte. „Wie konnte ich das bloß vergessen? Der Memorial Day ist ja gleichzeitig auch der Startschuß für die rauschende Tyler-Tremaine-Sommerparty-Saison. Wer hätte das gedacht? Was vor zehn. Jahren als einfache Einladung begann, hat sich inzwischen zu…”
„Genug!” Tyler hob abwehrend die Hand und setzte eine gespielt schmerzliche Miene auf. „Zu diesem Thema hat Dad mir gerade einen seiner Vorträge gehalten, und ich habe keine Lust, mir das gleiche noch einmal von meinem großen Bruder anzuhören.”
„Und was genau hat er dir vorgetragen?” erkundigte Cole sich amüsiert.
„Es ging darum, daß ich letzten Monat fünfunddreißig geworden bin und immer noch keine Anstalten mache, mich häuslich niederzulassen mit einer - ich zitiere: .Netten, passenden jungen Frau’, Zitat Ende -, die mich in einen hingebungsvollen Familienvater verwandelt.”
„Eine nette, passende, junge Frau also?” Cole verbarg ein Schmunzeln. „Glaubst du, Dad hat da eine bestimmte im Auge? Eine Tochter aus gutem Haus oder vielleicht die Nichte von jemandem mit einflußreichen Beziehungen?”
„Zweifellos, aber er nannte keine Namen. Er erwähnte nur, er sei überzeugt, diese nette, passende, junge Frau könne unmöglich eine meiner derzeitigen Bekanntschaften sein.
Dad denkt, jede Frau, mit der ich mich treffe, ist entweder ein Flittchen, nur hinter meinem Geld her oder eine Kombination aus beidem.”
„Na so was! Wie er nur darauf kommt?”
„Jetzt fang du nicht auch noch an! Ich bin einfach nicht daran interessiert, mich mit einer netten, passenden, jungen Frau niederzulassen - zumindest noch eine ganze Weile nicht. Wozu die Eile? Männer in den Fünfzigern können doch auch noch Kinder haben, heiraten und…”’,
„Ein wirklich gewichtiges Argument, um Junggeselle zu bleiben”, bemerkte Cole lakonisch. „Ich wette, das hast du auch Dad gegenüber angeführt. Hat ihn das denn wenigstens ein bißchen beeindruckt?”
„Nicht im geringsten. Er sagte, es würde ihn nicht kümmern, was sonst jemand tut. Aber ich sei sein Sohn, und er könne es nicht ertragen zu sehen, wie ich meine besten Jahre mit einer Reihe bedeutungsloser Frauen und Aktivitäten vergeude - und so weiter.
Bestimmt kennst du das”, fügte Tyler gedehnt hinzu. „ Wahrscheinlich hat er dir den glei
chen Vortrag gehalten, bevor du Chelsea geheiratet hast.”
„Nein, hat er nicht. In den letzten Jahren hat Dad sich ziemlich verändert”, entgegnete Cole nachdenklich. „Seit seiner Heirat mit Nina…”
„Will er, daß auch jeder andere auf der Welt sich bindet”, unterbrach Tyler ihn niedergeschlagen. „Geteiltes Leid ist halbes Leid, nicht wahr?”
„Dad leidet nicht, das weißt du genau. Seit er Nina geheiratet hat, schwebt er auf Wolken, und er möchte eben, daß seine Söhne ebenso glücklich sind wie er. Und Dad weiß schließlich, wovon er spricht, wenn er meint, du vergeudest deine Jahre, indem du allem nachjagst, außer dem wahren Glück. Er liebt Nina - wie lange eigentlich schon?
Waren es nicht fast fünfunddreißig Jahre, bevor er endlich…”
„Ich habe keine Lust, über die unglückselige Liebesgeschichte von Dad und Nina zu reden”, schnitt Tyler ihm schroff das Wort ab. „Das hat absolut nichts mit mir zu tun. Ich verehre niemanden aus der Ferne. Ich bin mit meinem Leben genau so zufrieden, wie es jetzt ist. Und es ärgert mich, wenn jemand behauptet, ich würde meine Zeit vergeuden, weil ich mich nicht an eine nette, passende, junge Frau ketten will, die die entsprechende Aussteuer mitbringt und pflichtbewußt damit anfängt, mich in eine Art häuslichen Ausbund an Tugend zu verwandeln. “
„Dazu wäre sicher mehr als eine nette, passende, junge Frau nötig”, bemerkte Cole vergnügt. „Eine solch überwältigende Verwandlung könnte wohl nur ein Wunder bewirken.”
„Wie witzig, nur weiter so. Das ist genau das, was ich brauche, nachdem Dad mir eine halbe Stunde lang über die Freuden und Wonnen des häuslichen Glücks in den Ohren gelegen hat.”
„Entschuldige”, erwiderte Cole, doch es klang nicht im mindesten
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