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Frisch gemacht!

Frisch gemacht!

Titel: Frisch gemacht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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Todesurteil verzichtet. Ich nicke. Ich kann sehr großzügig sein, wenn es drauf ankommt. Außerdem will ich Sophie nicht gleich beim ersten Zusammentreffen mit der neuen Verwandtschaft zeigen, welches Streitpotenzial hier vorhanden ist. Birgit hat gebacken, als gelte es einen Wettbewerb zu gewinnen. Unseren Familienklassiker, einen Mürbeteig mit
Kirschen belegt, und außerdem eine Käse-Sahne-Torte. Wieder habe ich keinerlei Anzeichen von Appetit. Ein Matjes würde mich mehr locken. Jeder bekommt hier im Reiheneckhaus seinen frisch aufgeschäumten Latte Macchiato, den Kurt serviert. Birgit und Kurt haben keine profane Kaffeemaschine mehr. Sie haben einen Vollautomat. »Der Kaffee ist einfach unvergleichlich besser«, schwärmt mein Schwager ungefragt beim Bringen jeder Tasse, »Wenn du einmal so einen Kaffee getrunken hast, willst du keinen normalen mehr.« Gut, bei einem Automat für knapp 1000  Euro sollte man auch eine gewisse Begeisterung an den Tag legen. Christoph will auch einen Vollautomat. Kurt und er ziehen ab, um das Wunderwerk im Detail zu inspizieren. Einen größeren Gefallen hätte Christoph meinem Schwager gar nicht tun können. Mein Vater und Stefan folgen. Es mag sein, dass Frauen gerne in Begleitung aufs Klo tappeln, aber auch Männer haben so was wie einen angeborenen Herdentrieb. Meine Mutter lobt den Kirschkuchen: »Prima, Birgit, wirklich, auch wenn der Boden ein bisschen fest geraten ist.« Dieses Kompliment bedeutet nicht mehr als: Bis du ihn so hinkriegst wie ich, wird noch viel Zeit vergehen. »Warum isst du denn nichts?«, fragt mich meine Schwester nach einer Viertelstunde. So, als wäre ein Wunder geschehen. »Warum wohl«, übernimmt meine Mutter das Antworten, »sie macht Diät.« Jetzt langt es aber. Erst die Nachttischaktion und jetzt das. »Ich mache keineswegs Diät, warum auch, mir ist einfach nicht gut. Ich habe keinen Hunger«, fahre ich meiner Mutter über den Mund. Desdemona und Claudia riechen die aufkommende Stimmungsschieflage und verziehen sich ins Kinderzimmer. Desdemona, die Tochter meiner Schwester, hat zwar keinerlei
Interesse an so kleinen Kindern wie meiner Tochter, aber in Ermangelung geeigneter Spielkameraden nimmt sie ausnahmsweise auch mit ihr vorlieb. Claudias Pusteln sehen schon viel besser aus.
     
    »Ansteckungsgefahr vorüber«, hat mein Kinderarzt mir für Unternehmungen jeder Art grünes Licht gegeben. Es hätte nicht viel gefehlt, und meine Schwester hätte ein Attest von mir verlangt. Damit sich ihr Siegfried nur ja nichts einfängt. Keimmäßig ist meine Schwester schon fast eine Phobikerin. Die verbraucht in ihrem Reiheneckhaus annähernd so viel Desinfektionsmittel wie ein Krankenhaus einer mittelgroßen Kreisstadt. »Du siehst nicht gut aus, Andrea, so käsig im Gesicht, warst du mal beim Arzt?«, erkundigt sich meine Mutter fast fürsorglich. »Nee«, sage ich, »aber morgen gehe ich. Mir ist seit einiger Zeit ständig schlecht. Vom Magen her. Vielleicht ’ne Magenschleimhautentzündung.« »Oha«, sagt meine Schwester mit hochgezogenen Brauen. Nur: »Oha.« »Was heißt denn das?«, frage ich. »Nachtigall, ick hör dir trapsen«, orakelt sie weiter. Sophie sitzt stumm bei uns. Bei meiner Mutter fällt der Groschen schneller als bei mir. »Bist du schwanger, Kind?«, gluckst sie. »Quatsch«, antworte ich. Aber so ganz abwegig erscheint mir der Gedanke nicht. Letzten Monat hatten wir die eine oder andere nette Nummer ohne Gummi. Einmal hatten wir keine da, und einmal meinte Christoph was in der Richtung: »Du hattest doch erst deine Tage, da kann ja nichts passieren.« Ich fasse mir instinktiv sofort auf den Bauch. »Nee, nee, also das glaube ich nicht«, werfe ich in die erwartungsvoll guckende Runde. »Glauben heißt nicht wissen«, kommentiert meine
Schwester trocken. »Man weiß ja nie«, gebe ich zu. »Das kann man doch testen«, kommt der erste Satz von der zauberhaften Sophie, die ansonsten hauptsächlich mit ihren Haarsträhnen beschäftigt scheint. Die scheint mir ja ein blitzgescheites Kerlchen zu sein. »Genial«, schreit Birgit, »komm mit, Andrea, das erledigen wir gleich hier. Ich hab noch so einen Schwangerschaftstest.« Ich sträube mich. Aber Birgit hat sie aufgeheizt. Sie lassen nicht locker, die Damen. Christoph ist immer noch nicht wieder da. Zerlegen die gemeinsam den Vollautomaten, oder was treiben die da drin? »Jetzt komm halt, Andrea«, lockt mich meine Schwester. Ich gebe auf. Im Badezimmer öffnet Birgit feierlich

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