Rolf Torring 016 - Die Woelfe der Tarai
Kapitel: Gen Nepal.
In Bettia, der letzten Station dicht vor der Grenze Nepals, verließen war den Zug. Unsere Gesellschaft hatte sich verringert Lord Hagerstony und seine beiden Diener waren durch ihre Verletzungen ausgeschieden auch hatte das Erlebnis des Lords, als er über dem See mit den furchtbaren Fischen hing (siehe Band 15), wohl so7 stark auf ihn gewirkt, daß er es vorzog, längere Zeit seine Besitzungen in England aufzusuchen. Und Brough der englische Geheimdetektiv, hatte seine Aufgabe durch Auffindung der geraubten Prinzessin erfüllt. Er war bereits auf dem Wege nach Bombay.
Dafür hatten wir einen neuen Begleiter: den Professor Thomas Stendrup, der fünfzehn Jahre in dem geheimnisvollen Tempel gelebt hatte, nachdem dort seine Frau und sein kleines Töchterchen verschwunden waren. Er hatte uns gebeten, nach den Verschwundenen zu forschen. Denn es zog uns sowieso nach Nepal, diesem immer noch geheimnisvollen Land.
Daß wir dorthin wollten, und zwar nach dem kleinen Städtchen Parsa dicht an der Grenze, hatte darin seinen Grund, daß ein früherer Diener Stendrups, ein gewisser Thassa, der mit der Frau und der Tochter des Professors verschwunden war, aus Parsa stammte. Und Rolf hatte sofort geäußert, daß dieser Thassa unter Umständen die Lösung des Rätsels bedeute.
Wie immer, so fielen wir auch hier in dem kleinen Städtchen Bettia unangenehm auf. Speziell Pongo mit seiner Riesengestalt und dem furchtbaren Gesicht. Wir hatten kein Interesse, uns hier lange aufzuhalten. Deshalb nahmen wir uns sofort einen der wartenden Wagen und ließen uns zum Polizeiamt fahren.
Dank des großen Einflußes, den Lord Hagerstony überall genoß, waren wir im Besitz bester Empfehlungen, die uns die Hilfe und den Schutz aller Behörden zusicherten. Jetzt wollten wir allerdings nur einen Rat.
In der Wachtstube mußten wir warten, und ein Beamter trug einen verschlossenen Brief Rolfs zum Kommandanten. Die anderen Polizisten aber warfen oft scheue Blicke auf unseren Pongo, der dann immer verlegene Gesichter schnitt.
Endlich kam die Ordonnanz zurück und bat uns höflich, ihm zu folgen. Major Vamder, ein riesiger, hagerer Herr, empfing uns sehr freundlich.
„Ich habe schon viel von Ihnen gehört, meine Herren," sagte er mit gewinnendem Lächeln, „Sie haben ja ganz tolle Erlebnisse hinter sich. Wollen Sie jetzt in unserer Gegend Abenteuer erleben?"
Er reichte jedem von uns die Hand, auch unserem Pongo, den er bewundernd musterte.
„Nein," erwiderte Rolf lachend, „wir wollen uns Nepal ansehen. Und da hätten wir gern Ihren Rat gehabt, Herr Major. Müssen wir einen Paß oder einen Erlaubnisschein zum Betreten des Landes haben?"
„Nein, es genügt, wenn ich Ihnen eine Empfehlung an den Fürstenhof in Katmanda mitgebe," sagte der Major. „Dürfte ich fragen, ob Sie das Land in bestimmter Absicht besuchen?"
„Ja, hier unser Gefährte, Professor Stendrup, sucht seine Frau und Kind, die seit fünfzehn Jahren verschwunden sind."
Erstaunt blickte Vander den Professor an, und Stendrup erzählte in schlichten Worten seine Geschichte.
„So, so, also nach Parsa wollen Sie," meinte Vander sinnend. „Dann könnten Sie dort allerdings Abenteuer erleben, wie Sie solche gewöhnt sind. Denn die Tarai, dieser fruchtbare, wasserreiche Landstrich im Süden Nepals, ist seit einigen Wochen stark beunruhigt. Menschen werden überfallen und ausgeraubt, manche verschwinden auch völlig, und bisher konnte die Polizei Nepals keine Klärung der Vorfälle herbeiführen. Allerdings wird bei den eingeborenen Polizisten der Aberglauben eine sehr große Rolle spielen."
„Aberglauben?" fragte Rolf gespannt, ist denn irgendein Geheimnis bei diesen Überfällen?"
Der Polizeimajor lachte etwas verlegen.
„Ja, meine Herren, etwas Aberglauben spielt auch mit dabei. Die Überfallenen nämlich, die gerettet wurden, erzählten, daß sie von einer Wolfsmeute verfolgt und schließlich zur Strecke gebracht worden seien. Aber •bei keinem wurde irgendeine Bißwunde bemerkt. Und trotzdem sind die Aussagen so bestimmt und übereinstimmend, daß man im allgemeinen nur von den .Wölfen der Tarai' spricht."
Rolf schüttelte sinnend den Kopf.
„Der indische Wolf wird niemals soweit nördlich angetroffen," meinte er dann. „Ich stehe also diesen Angaben sehr skeptisch gegenüber."
„Das habe ich auch getan, Herr Torring, und tue es heute noch. Wenn auch alle Überfallenen einstimmig diese Aussagen gemacht haben. Nun, ich bin
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