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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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ich fühl mich ganz und gar nicht gut. Also, Arbeiten ist undenkbar.« – Der angenervte Chef – »Wo fehlt’s denn, Frau Schnidt?« – Jetzt ein leichtes Drucksen, Räuspern und dann ein genuscheltes »die Eierstöcke«. Ratz-fatz kommt das obligatorische »Gute Besserung«, und der Kerl wird sich hüten, noch mal nachzufragen. Wo schon ganz andere Situationen toppeinlich sind.
    Also, meine vierjährige Nichte, Desdemona – das arme Ding, so zu heißen, aber meine Schwester wollte schon immer was Besonderes sein und mußte diesen Trieb an ihrer ersten Tochter ausleben – , also, die kleine Desdemona ist bei Christoph und mir zu Besuch und muß mal. Soll ja vorkommen. Nur Pipi. Das kann sie schon alleine. Wie praktisch, wo wir gerade mit unseren neuen Nachbarn, meiner Schwester und ihrem Gatten im Reihenhausgärtchen hocken und das ein oder andere Stückchen Pflaumenkuchen reinschieben. Plötzlich kommt die aufgeregte Desdemona mit noch offenem Reißverschluß aus dem Haus, schreit durch die gesamte Siedlung: »Mama, Mama, guck mal: Meine Tante benutzt ja noch Windeln« und schwenkt voller Glück eine meiner Slipeinlagen mit den Flügelchen. Angespanntes Gelächter und die Nachbarin macht ein Gesicht, als hätte sie gerade eine Biene verschluckt und einer von uns müßte den lebensrettenden Luftröhrenschnitt gleich vor Ort ausführen.
    Kinder, die Desdemona heißen und Slipeinlagen schwenken, was soll bloß aus denen werden? Obwohl sie sowieso nur Mona genannt wird. Hat sich so ergeben, nachdem die hessische Zugehfrau meiner Schwester – eigentlich ist es eine Putzfrau, aber das findet Brigitta, meine Schwester, »irgendwie entwürdigend« – beim Anblick der neugeborenen Desdemona entzückt gerufen hat: »Also, des is die Mona.«
    An sich ein nettes Kind. Wenigstens ein Mädchen. Besonders nett ist, daß man sie, wenn sie nicht mehr so nett ist, heimschicken kann. Oder mit musikalischer Früherziehung drohen – die Desdemona haßt. Aber Brigitta, die eigentlich Birgit heißt – »Von der Ausstrahlung her paßt Brigitta besser, ganz andere Aura und so« –, meint: »Ohne verkümmert das Kind.« Ist später chancenlos. Fehlende musikalische Früherziehung kann alles versauen. Drogenabhängigkeit, Schulversagen – tja, mit musikalischer Früherziehung wäre Ihnen das nicht passiert.
    Hätte ich selbst bloß welche genossen.
    Vielleicht würde ich dann auch geschickter entbinden. Die ersten Versagergefühle keimen in mir auf. Ich mag nicht mehr. Ich will eine Betäubung, Vollnarkose, Ecstasy, Dope jeder Art. Ich stehe in meinem weißen Kittelchen ohne Unterhose auf einem erbsgrün gestrichenen Kreißsaalflur und bettele einen Nicht-Deo-Benutzer an. »Bitte, Dr. Wiedmann, ich halte es nicht mehr aus. Das ›In 10 Minuten haben wir’s‹ ist 4 Stunden her. Geben Sie mir was. Machen Sie einen Kaiserschnitt, befreien Sie mich.« Mein Gott! Ich, eine junge, moderne Frau, Typ Gebildete-junge-Yogurette-Esserin, werde zur devoten Schleimerin. Ekelhaft, dieses Aufgeben jeglicher Prinzipien. Und noch dazu erfolglos. »Wir haben’s doch bald, Frau Schnidt. Jetzt mal zusammenreißen und nicht so hängenlassen«, tadelt mich der Gynäkologe. Ich probiere die etwas autoritäre Variante. Gibt ja Männer, die da besser spuren. »Hören Sie mal gut zu: Heutzutage können sie Herzen verpflanzen, da werden Sie ja wohl dieses Etwas aus meinem Bauch kriegen.«
    »Angie«, zitiert er die Hebamme herbei und macht ihr mit Gesten dabei klar, daß ich eine hoffnungslose Hysterikerin bin, »gib der Frau Schnidt mal ein Paracetamol-Zäpfchen.«
    Dankbar soll ich dafür auch noch sein. Eine ergebene Versagerin, der ungerechtfertigterweise Gnade gewährt wurde, und das für ein Zäpfchen, das schon Säuglinge ohne Gefahr nehmen können. »Ich will was Richtiges, was dröhnt, und das, bevor die nächste Wehe da ist.« Christoph zischt: »Na, na, mein Walfischchen, jetzt krieg dich mal ein.« Ich bin erleichtert, weil ich endlich einen Grund habe, einen deranwesenden Besserwisser so richtig zusammenzuscheißen. »Von wegen: Walfischchen. Verpiß dich mit deinem Schwämmchen.« Zur Belohnung bietet Angie meinem Lebensgefährten ein Täßchen Cappuccino abseits der Gefahrenzone an. Meint die mich? Bin ich von Wahnsinnigen umgeben?
    Bevor ich diese Frage eindeutig klären kann, erscheint ein weiterer Weißkittel. »Rücken frei machen«, erteilt er klare Anweisungen. »Ich setze Ihnen jetzt eine PDA , und dann ist Ruh«, verspricht mir der

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