Fröhliche Ferien am Meer
unheimlich still und irgendwie traurig.
Gar nicht wie jemand, der Ferien macht.«
»Sie konnte sich nie leicht
begeistern. Keine Spur von keltischem Temperament, die Glückliche.«
»Aber es ist mehr als das! Das
weiß ich ganz bestimmt. Wenn man erst einmal erwachsen ist, versteht man
Gefühle und Leidenschaften und all diese Dinge. Zumindest«, verbesserte sich
Freddie ehrlich, »werde ich mich darum bemühen, wenn es bei mir noch nicht so
weit ist, und zwar ziemlich bald.«
»Um so besser für dich. Aber
ich weiß nicht, was das mit Shelagh zu tun haben soll.«
»Dann hast du eben kein Gefühl
dafür. Aber ich spüre es, und ich weiß, daß es mit Robert Krach gegeben hat. Es
ist nicht ein einziger Brief angekommen, nicht einmal ein Telegramm zu
Weihnachten. Natürlich war es zu schön, um wahr zu sein. Jeder Standish weiß,
was es heißt, verheiratet zu sein.«
»Das ist reine Angabe. Du weißt
überhaupt nichts davon.«
»Tu doch nicht so gönnerhaft!
Natürlich erinnere ich mich an Mutter und Vater, auch wenn ich damals noch
klein war. Sieh sie dir jetzt an. Vier Kinder in alle Winde verstreut.«
Angela brach in Gelächter aus.
»Klingt ja schrecklich dramatisch, ist aber reine Phantasie. Wir wurden nicht
in alle Winde verstreut. Max hat gut für uns gesorgt, und Mutter war meistens
zu Hause, bis du groß warst. Wie dem auch sei, Robert und Shelagh haben keine
Kinder, die in alle Winde verstreut werden können.«
»Noch nicht. Das wollten sie
auch bestimmt nicht. Wenn zwei Menschen so ineinander vernarrt sind wie sie,
dann haben sie es nicht eilig, Kinder zu bekommen. Sie wollen erst einmal lange
für sich sein. Das habe ich gemerkt.«
»Dann hast du mehr Erfahrung
als ich. Die zwei sind schon in Ordnung. Ich höre, daß Shelagh aufgestanden
ist. Komm schon, hab ein bißchen Weihnachtsstimmung.«
Am Frühstückstisch öffneten sie
ihre Geschenke. Als Shelagh das herrliche Geschenk ihrer jüngsten Schwester
unter Freudenschreien auspackte, ereignete sich das Unglück.
»Aber das ist ja phantastisch!
Wie hast du das nur in Tainui gefunden? Ich habe nichts dergleichen gesehen.«
Und dann flatterte aus den
Falten des Weihnachtspapiers eine große Weihnachtskarte, auf der in runder
Kinderschrift stand: >Für unsere
schöne Sportlehrerin von der Klasse IV a.<
Sie fiel mit der beschriebenen
Seite nach oben auf den Tisch, und die Schrift war groß und für alle gut
sichtbar. Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, dann sagte Bill: »Mich
trifft der Schlag — das ist überhaupt nicht gekauft!«
Alle sahen Freddie an; sie
hatte einen hochroten Kopf, und Tränen traten ihr in die Augen. Angela sagte
tadelnd: »Du hast wohl mit allen deinen Geschenken gemogelt. So ein Kopftuch
hat niemand in den kleinen Geschäften hier gesehen. Auch die Handschuhe nicht.
Oh Freddie, du hast nur so getan, als hättest du sie hier gekauft.«
Shelagh reagierte am
schlimmsten. Sie schloß das Paket wieder und schob es über den Tisch. »Es war
nett von dir, Freddie, aber du mußt es behalten. Die Mädchen fänden es
schrecklich, wenn du es verschenken würdest.«
Bill trieb es auf die Spitze:
»Und was ist mit meinen Büchern, die so einmalig schienen? Wahrscheinlich von
der Klasse V.«
Das war zuviel. Freddie sprang
vom Tisch auf; die Tränen rollten ihr über die Backen, und sie stieß stockend
hervor: »Ihr seid gemein! Ihr alle! Ihr versteht das nicht. Ich hatte kein
Geld. Ich scheine nie Geld zu haben. Von Nick wollte ich mir nichts leihen,
denn man leiht sich nichts von Männern. Ich wollte es keinem von euch sagen,
also mußte ich etwas tun. Ihr seid alle so eingebildet und so schnell
eingeschnappt. Und ich wollte doch Geschenke machen. Schöne Geschenke. Und
schließlich waren es ja meine eigenen Sachen. Ich konnte mit ihnen machen, was
ich wollte. Man könnte meinen, ich hätte sie gestohlen.« Und unter lautem
Schluchzen stürzte sie aus dem Zimmer.
Es herrschte tiefstes
Schweigen. Dann sagte Bill: »Ich glaube, sie hat recht. Es waren ihre Sachen —
aber warum hat sie nicht einfach gesagt, daß sie pleite war?«
Shelagh drehte das Päckchen
geistesabwesend in ihrer Hand. »Irgendwie scheint es mir doch Betrug zu sein.
Ich glaube, wir verstehen sie einfach nicht.«
Angela sagte langsam: »Keiner
von uns versteht sie. Wißt ihr, niemand hat es je versucht. Sie wollte nur nett
sein, und wir haben sie alle verurteilt. Damit tun wir niemandem etwas Gutes.«
»Wie meinst du das — niemandem
etwas Gutes?«
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