Frostglut
Gefühle. Seine Stärke, seine Tapferkeit, seine Entschlossenheit, um jeden Preis gegen Schnitter zu kämpfen und mich zu beschützen. All diese Bilder, all diese Empfindungen blitzten in meinem Kopf auf und vertrieben die Zweifel, die ich bezüglich mir, Logan und allem anderen hegte, was im Moment so passierte.
Meine psychometrische Magie ließ mich die Geschichte jedes Gegenstandes wissen, sehen und fühlen, den ich berührte, und dasselbe galt für andere Menschen. Mehr als einmal hatte ich zufällig die Hand von jemandem berührt und feststellen müssen, dass das, was derjenige sagte, nicht im Einklang mit seinen Gefühlen stand. Das war mir bei meinem ersten Freund passiert. Er hatte mich geküsst, und in diesem Moment war mir klar geworden, dass er dabei an ein anderes Mädchen dachte.
Aber bei Logan musste ich mir darüber keine Sorgen machen. Ich kannte alle Geheimnisse des Spartaners, und er kannte meine. Na ja, bis auf die Gwen-soll-irgendwie-Loki-töten -Geschichte. Ich war mir immer noch nicht ganz sicher, wie ich das ansprechen sollte, und ich wollte es auch nicht. Nicht heute. Später würde ich noch genug Zeit haben, mir Sorgen zu machen und mich total in die Sache reinzusteigern. Im Moment wollte ich einfach nur mein Date mit Logan genießen.
»Woher weißt du immer, was du tun und sagen musst, damit ich mich besser fühle?«, fragte ich.
Logan grinste. »Das ist einfach ein Teil des spartanischen Killerinstinkts. Ich kann die Damen genauso mühelos erlegen wie Schnitter.«
Ich verdrehte die Augen und lehnte mich vor, um ihm im Scherz gegen die Schulter zu schlagen – nur um es dabei zu schaffen, seinen Espresso und meinen Tee umzuwerfen. Die heiße Flüssigkeit ergoss sich über den Tisch, wobei das meiste in Logans Richtung und damit auf seinen Schoß floss. Der Spartaner sprang auf, aber ihm fehlte die Schnelligkeit einer Amazone, also schaffte er es nicht, trocken zu bleiben.
»Tut mir leid!«, sagte ich, während auch ich aufstand. »Es tut mir so leid.«
Ich griff nach dem silbernen Serviettenhalter auf dem Tisch, um ein paar Tücher herauszuziehen, aber stattdessen warf ich ihn auch noch auf den Boden, wo er laut klappernd davonrutschte.
Als er endlich zum Stillstand kam und das Geräusch verklungen war, hatten alle im Café Gespräch und Arbeit unterbrochen, um uns anzustarren. Meine Wangen brannten vor Scham, während Logan aussah, als hätte ihn jemand mit Wasser übergossen.
»Tut mir leid«, murmelte ich wieder.
»Es ist okay«, sagte er, während er die Arme vom Körper streckte, damit sie nicht in Kontakt mit seinen jetzt klebrigen Klamotten kamen. »Ich gehe einfach kurz und mache mich sauber.«
Damit verschwand er in Richtung der Toiletten. Ich seufzte, zog ein paar Servietten aus dem Halter und fing an, die Bescherung aufzuwischen, die ich angerichtet hatte. Nach ein paar Minuten wandten sich die meisten im Café wieder ihren Gesprächen zu – bis auf Helena und ihre Freundinnen. Sie waren zu sehr damit beschäftigt, mich auszulachen, um noch zu reden.
Ich hielt den Kopf gesenkt, ignorierte sie und putzte so schnell wie möglich die Flüssigkeiten vom Tisch, bevor ich mir die Hände abwischte. Dann warf ich alle benutzten Servietten in den nächstbesten Mülleimer, setzte mich wieder an den Tisch und rutschte so tief wie möglich in meinen Sessel. Bis jetzt war dieses Date nicht gerade ein Riesenerfolg gewesen – oder auch nur so unterhaltsam, wie ich es mir vorgestellt hatte. Wieder einmal hatte ich aus Versehen alles versaut. Manchmal war ich davon überzeugt, dass darin meine wahre Begabung lag.
Ich war so mit Grübeln beschäftigt, dass ich nicht aufsah, als die Tür des Cafés sich öffnete und drei Männer in den Laden stiefelten. Wieder einmal verstummten die Unterhaltungen, und ich fühlte, wie alle im Raum von demselben Gefühl ergriffen wurden: Angst.
»Das Protektorat«, hörte ich Helena flüstern.
Das Protektorat? Was war das? Wer waren diese Leute? Ich hatte noch nie zuvor von ihnen gehört, aber offensichtlich kannten sie mich, denn sie sahen mich an und kamen direkt auf mich zu.
Ich spannte mich an, dann setzte ich mich aufrechter hin, während ich mich fragte, wer diese Männer waren und was sie wollten. Konnten sie Schnitter sein, die gekommen waren, um die Schüler im Café anzugreifen? Ich hatte mit Logan allein sein wollen, also hatte ich Vic, mein sprechendes Schwert, in meinem Zimmer gelassen. Dämlich von mir, meine Waffe nicht mitzunehmen,
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