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Frostkuss

Frostkuss

Titel: Frostkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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Welt zu leben, in der Schnitter nichts lieber wollen, als einen selbst und die eigenen Kinder zu töten. Also verziehen die meisten Kriegereltern ihre Kinder und geben ihnen, was immer sie wollen – Autos, Kleidung, Schmuck. Nur für den Fall, dass sie nicht mehr zusehen können, wie ihre Kinder aufwachsen. Ich will nicht beurteilen, ob das richtig oder falsch ist, aber auf jeden Fall war es nicht die Art, wie deine Mom dich erziehen wollte. Sie wollte, dass du Geld zu schätzen weißt – und das Leben. Am meisten das Leben.«
    Das musste auch der Grund sein, warum die Professoren in Mythos den Schülern so viel durchgehen ließen – rauchen, trinken, Sex. Die Professoren wussten, dass wir jederzeit, an jedem beliebigen Tag, von Schnittern umgebracht werden konnten, und sie waren wohl der Meinung, dass wir das Leben bis dahin genießen sollten. Aber Grandmas Worte beschworen gleich die nächste Frage herauf.
    »Also haben wir Geld? Ich meine … jede Menge Geld? Wie die Eltern der anderen? Und wenn wir Geld haben, warum muss ich dann in der Bibliothek der Altertümer arbeiten?«
    Wieder zuckte Grandma nur mit den Schultern. »Nicht so viel Geld wie andere, aber genug. Mehr als genug. Die Idee, dass du in der Bibliothek der Altertümer arbeitest, stammt ursprünglich von Professor Metis. Sie dachte, der Kontakt mit all den anderen Schülern dort würde dir dabei helfen, dich in der Akademie einzugewöhnen. Natürlich hat das nicht ganz funktioniert.«
    Nein, hatte es nicht. Ich schob den Teller mit dem Schokokuchen von mir. In meinem Kopf herrschte ein zu großes Durcheinander, um ihn zu genießen. Ich konnte das alles immer noch nicht ganz glauben. Was Grandma mir gerade erzählt hatte, was ich in den letzten Tagen erfahren hatte, die Geheimnisse, die mir endlich offenbart worden waren. Zu wissen, dass ich in Gefahr schwebte, weil ich zugestimmt hatte, Nikes Champion zu sein, verbesserte meine Laune auch nicht gerade. Aber das hatten Geheimnisse eben so an sich – sie waren fast nie gut.
    Grandma Frost sagte kein Wort. Stattdessen streckte sie den Arm aus und legte ihre Hand auf meine. Wie immer fühlte ich, wie sich die weiche, warme Decke ihrer Liebe um mich legte. Und ich wusste, egal was geschehen sollte, egal wie verrückt alles werden würde, Grandma Frost würde mich immer genauso sehr lieben wie ich sie. Genauso sehr, wie ich meine Mom geliebt hatte.
    Ich dachte daran zurück, wie ich meine Mom gesehen hatte, als ich das Schwert Vic zum ersten Mal angefasst hatte. Sie war Teil derselben Sache gewesen, zu der ich jetzt ebenfalls gehörte. Und sie hatte mich angelächelt, als würde sie meine Taten gutheißen. Diese Vorstellung, ob sie nun stimmt oder nicht, sorgte dafür, dass ich meine Mom ein bisschen weniger vermisste, dass der Schmerz ihres Verlustes und meine Schuldgefühle ein wenig leichter zu ertragen waren. Vielleicht war das ein Geheimnis, mit dem ich leben konnte.
    »Aber genug geredet über Gypsies und Götter und alles andere«, sagte Grandma, und plötzlich schlich sich ein neckender Tonfall in ihre Stimme. »Metis hat mir erzählt, dass sie dich auf dem Ball mit einem sehr süßen Spartanerjungen gesehen hat – demselben Spartanerjungen, der dir am Abend in der Bibliothek geholfen hat. Du hast mir etwas verheimlicht, Gwen. Und jetzt will ich alles über ihn erfahren.«
    Ich hatte immer noch über einiges nachzudenken, und ich wollte auch weitere Fragen über meine Mom und die Akademie und meine Aufgabe als Nikes Champion stellen. Aber das konnte warten. Im Moment wollte ich nichts lieber tun, als die Zeit mit meiner Grandma einfach zu genießen.
    »Du willst alles über Logan Quinn erfahren?«, fragte ich und zog eine Augenbraue hoch.
    »Bis ins kleinste Detail«, drängte Grandma. »Und jetzt spuck’s aus, wie ihr Kinder sagen würdet.«
    Ich lachte nur und schüttelte den Kopf. Und den Rest des Nachmittags verbrachten wir in der Küche, um miteinander zu reden und zu essen.

Am Abend des nächsten Tages rief Professor Metis mich in ihr Büro. Das letzte Mal war ich zu Beginn des Herbstsemesters hier gewesen, an meinem ersten Tag in Mythos, und ich hatte eine viel zu große Wut auf sie und alle anderen mit mir herumgetragen, um irgendetwas in dem Raum wirklich wahrzunehmen.
    Alte, dicke Bücher über Mythengeschichte füllten die Bretter der Regale, die sich an zwei Wänden entlangzogen, während auf der Fensterbank eine Reihe von Tontöpfen mit Sonnenblumen und Veilchen stand. Über

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