Frühling, Freunde, freche Fohlen
hätte er an diesem Tage noch nichts getan. Konnte das gutgehen, dieses Tempo, dieser Übermut? Vorsicht, Junge! raunte Bille ihm zu, aber ihre Sorge war überflüssig. Black Arrow nahm genau Maß; seine Sprünge waren formvollendet. Null Fehler. Der Beifall wurde zum Orkan.
Jetzt kam Simon. Er drosselte das Tempo, riskierte nichts. Feodora sprang sauber und überlegt, und Bille war sicher, daß auch sie das zweite Stechen mit null Fehlern bestehen würde. Aber da passierte es. Der vorletzte Sprung, eine kleine Unaufmerksamkeit, Feodora berührte die Stange, riß sie mit. Ärgerlich über ihren Fehler legte die Stute die Ohren an und stürmte auf das letzte Hindernis zü . Da — ein deutliches „Klack“! Ein Huf hatte die Mauer gestreift, doch die beiden hatten Glück, nichts fiel zu Boden.
Bille war abgestiegen und hatte Onkel Paul Black Arrow übergeben, der den Wallach herumführte. Sie selbst hatte atemlos Simons Ritt verfolgt und starrte nun fassungslos auf die Anzeigetafel. Simon kam im Galopp aus dem Parcours, stoppte scharf neben Bille und sprang aus dem Sattel. Er ließ die Zügel der Stute los, schlang seine Arme um Billes Hüften, hob sie hoch und wirbelte mit ihr im Kreis herum.
„Du hast’s geschafft, du hast’s geschafft! Menschenskind, phantastisch, super, irre, Spitze! Ihr wart einsame Klasse! O Mann, ich freue mich so!“
Bille schaute ihn verwirrt an.
„He, ich hab das Gefühl, du hast noch gar nicht kapiert, was los ist! Du hast den ersten Platz! Du hast gesiegt!“
Da Bille immer noch wie in Trance auf ihn starrte, besann sich Simon auf ein altbewährtes Mittel. Er küßte sie, bis ihm jemand sanft eine Hand auf die Schulter legte und ihn darauf aufmerksam machte, daß sie beide zur Siegerehrung erwartet wurden.
Nach der Preisverleihung wurde Bille von Reportern umdrängt.
„Einen Moment, Fräulein Abromeit!“
„Fräulein Abromeit, schauen Sie bitte hier herüber!“
„Noch einmal so nett lächeln, bitte!“
„Fräulein Abromeit, bitte einmal das Pferd streicheln!“
„Könnten Sie mit Ihrem Gesicht ein bißchen näher an den Kopf Ihres Pferdes heran? So ist es gut, ja, danke schön! Gleich noch einmal!“
„Moment mal!“ sagte Simon und stellte sich dem Reporter in den Weg.
Dann nahm er Billes linke Hand und steckte einen schmalen Goldring an ihren Finger.
„Nur zur Sicherheit. Damit sich hier keiner einbildet, du wärst noch zu haben.“
„Und du?“
Simon hob seine linke Hand, an der der gleiche Ring steckte. „Ich auch nicht. Eigentlich“, fuhr er fort, „solltest du ihn gleich nach dem Abitur haben. Aber du warst ja nie zu sprechen. Und ich... na ja, du siehst es ja jetzt, man hat manchmal seine liebe Not mit den Fans...“ Er lachte. „Fräulein Abromeit, bitte noch eine Aufnahme!“
„Darf ich ein paar Fragen an Sie stellen, Fräulein Abromeit?“
„Würden Sie mir bitte ein Autogramm geben?“
Bille zwinkerte Simon zu. „Ja, ja, ich sehe es.“
© 1984 by Franz Schneider Verlag GmbH & Co. KG
München — Wien — Zürich — Hollywood/ Fla . USA
Deckelbild Kajo Bierl
Illustration Werner Heymann
ISBN 3 505 08394 1
Bestellnummer 8394
Alle Rechte der weiteren Verwertung liegen beim Verlag, der sie gern vermittelt.
Ein weiterer Band ist in Vorbereitung.
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