GK0180 - Der schwarze Würger
Sektkelche stießen gegeneinander. Das helle Klingen der Gläser schwang wie leises Glockengeläut durch den festlich geschmückten Raum des Nobelhotels.
»Auf deinen Geburtstag, Perry«, rief eine nicht mehr ganz sichere Männerstimme.
»Ja!« brüllten die anderen Gäste im Chor. »Auf deinen Geburtstag!«
Perry Clifton war der Held des Tages. Ein strahlender Playboy, Star des Londoner Jetsets. Und mit ihm feierte die Clique. Ein buntgemischter Haufen. Vom Starlet über den verwöhnten Millionärssohn bis hin zum Rauschgiftdealer war alles vertreten. Perry gab eine Fete. Die Schau des Jahrhunderts. Und sie waren berüchtigt, diese Feiern. Da blieb kein Auge trocken. Da wurde über die Stränge geschlagen, daß sich die Balken nur so bogen. Und wenn etwas passierte? Nun, mit Geld ließ sich alles regeln.
»Auf den Tisch, Perry! Auf den Tisch!«
Perry Clifton flankte auf einen runden, stabilen Holztisch. Mit einem Tritt fegte er die Blumenvase von der Platte. Sie fiel zu Boden und zersprang unter dem Beifallsgebrüll der Gäste in tausend Scherben. Perry stand auf der Tischplatte wie ein Held. Er fühlte sich auch so. Sein weißes Seidenhemd war bis zum Bauchnabel hin geöffnet. Hauteng lagen die Jeans um Hüften und Beine. Die Füße steckten in weichen handgearbeiteten Lederstiefeln. Verschwitzt hing Perry Clifton das lackschwarze Haar in die Stirn. Darunter blickten zwei kalte Augen. Der schmallippige Mund war spöttisch verzogen, zeigte Verachtung.
Perry schwenkte das Sektglas. Champagner spritzte heraus, klatschte einer nahe am Tisch stehenden Blondine mitten ins Gesicht. Das Girl kreischte. Angetrunken war die Kleine, und jetzt versuchte sie mühsam, auf den Tisch zu klettern.
Sie schaffte es mit Händen und Füßen.
Ein paar Typen hatten einen Kreis gebildet und feuerten die Blondine an.
Da hob Perry den Fuß.
Die Clique kreischte.
Das Girl bekam große, angsterfüllte Augen, begriff trotz des umnebelten Hirns.
»Perry, du…«
Perry Clifton lachte gellend. Er drückte seine geriffelte Sohle gegen die Brust des Girls.
Dann trat er zu.
Rücklings fiel das Mädchen vom Tisch. Grölend sprangen die anderen zur Seite. Niemand fing die Blondine auf. Hart prallte sie auf den Boden. Schmerz zeichnete ihr Gesicht. Das blaue Kleid rutschte bis weit über die Knie.
Ein blondgefärbter Transvestit leerte kichernd sein Glas über die Gestürzte.
Perry Clifton lachte. Er hatte wieder einmal seinen großen Auftritt gehabt. So und nicht anders mußte man sie behandeln, diese dummen Gänse, die sich ihm dauernd an den Hals werfen wollten. In jeder Nacht hätte er zehn im Bett haben können, aber das alles hatte er schon hinter sich. Er brauchte was Neues, was Aufregendes. Die Clique mußte sich endlich einmal etwas einfallen lassen.
Die Blondine erhob sich. Sie wußte nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Ihr Gesicht war naß und klebrig. Die Schminke verlief. Wimperntusche malte zwei schwarze Streifen auf ihre Wangen.
»Hau ab, Blondie!« brüllte Clifton. »Sonst drehe ich dich noch einem Scheich an!«
Wieder grölten die Gäste.
Jemand faßte Blondie an der rechten Schulter, drehte das Girl herum und drückte ihm ein Glas mit Whisky in die Hand.
»Trink aus, Honey!«
Die Blonde kippte den Schnaps, war wieder versöhnt und warf sich erneut in den Trubel.
Sie war auch die erste, die in den Pool flog. Kreischend landete sie im Wasser.
Zwei »Retter« sprangen ihr sofort nach, bekamen sie zu fassen und zogen ihr mit zwei routinierten Griffen das Kleid vom Körper. Nur noch im knappen Slip kraulte Blondie dem Beckenrand zu, wo man ihr mit Vergnügen aus dem Wasser half.
Der erste, der ihr die Hand gereicht hatte, ließ sie nicht mehr los. Gemeinsam verschwanden sie in einem der Hotelzimmer. Perry Clifton hatte eine gesamte Hoteletage gemietet. Geld hatte er mehr, als er ausgeben konnte. Deshalb war diese Feier eine Kleinigkeit für ihn.
Cliftons Vater war nicht umsonst einer der reichsten Männer Englands. Er hatte seine Millionen mit Konservendosen gemacht. Jetzt gehörten ihm allerdings noch einige andere Firmen.
Perry hatte keine Lust, in den Pool zu springen. Die Zeiten waren längst vorbei. Er stand an der Bar und trank Wodka aus der Flasche. Wodka war sein Lieblingsgetränk. Er schluckte das Zeug wie Wasser. Dann setzte er die Flasche ab und griff nach einer herumliegenden Schachtel Zigaretten.
Ein Feuerzeug schnippte auf.
Clifton drehte den Kopf und sah neben sich seinen Bruder stehen.
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