Frühlingsmorgen
Augen weiteten sich, aber er sagte nichts mehr, sondern wartete ab, bis Kendrick ihn losließ. Dann stand er auf, zog sich die Jacke aus und half ihm aus seiner. Kendrick beobachtete Matt dabei, wie er ihre Jacken an den Kleiderhaken hängte, und konnte nicht verhindern, dass seine Gedanken erneut zu dem Abend schweiften, an dem er nicht nur den Mut gehabt hatte, sich genauer mit diesen merkwürdigen Möbeln zu befassen, die im Spielzimmer des Clubs standen, sondern der schließlich auch zu ihrem ersten Kuss geführt hatte.
Kendrick konnte sich nicht entscheiden, ob er warten oder lieber flüchten sollte. Irgendwie schrie alles in ihm danach, zu verschwinden und nie wiederzukommen. Aber das wäre erstens feige und zweitens Betrug, denn er hatte Matt versprochen zu warten, bis der aus der Dusche kam und vor allem hatte er ihm versprochen, offen und ehrlich zu sein, was das eben Erlebte anging.
Kendrick hatte keine Ahnung, wie er das machen sollte, weil er immer noch damit beschäftigt war, den Anblick von Matt mit diesem Mann zu verarbeiten. Wie hatte er sich darauf einlassen können, im Nebenraum mit dem großen Spiegel zu bleiben? Warum hatte er nicht abgelehnt und Matt zum Teufel geschickt? Aber vor allem, und das war in Kendricks Augen im Moment das Schlimmste überhaupt, wie konnte es sein, dass es ihn erregt hatte, Matt beim Sex mit einem anderen Mann zuzusehen?
„Egal, was passiert, du kannst jederzeit gehen.“
Matts leise Worte, bevor er die Tür des Spiegelraums hinter sich geschlossen und ihn alleingelassen hatte, und diese Worte waren genau so gemeint gewesen, das wusste Kendrick. Trotzdem war er geblieben und hatte in einer ständig wechselnden Mischung aus Erregung, Faszination und Abscheu zugesehen, wie Matt einen nackten, jungen Mann in das Spielzimmer geholt und ihn schweigend an ein großes Kreuz gefesselt hatte, das an der Wand befestigt war. Kein Wort war gesprochen worden, als Matt den Mann zuerst ausgepeitscht und danach mit ihm geschlafen hatte.
Nein, korrigierte sich Kendrick innerlich. Matt hatte diesen Mann gefickt. Miteinander schlafen war etwas Anderes. Obwohl Kendrick keine Vergleichsmöglichkeit hatte, wusste er, dass dieser Sex genau das gewesen war und nicht mehr. Ein Fick. Zwischen Matt und dem Fremden gab es keine Liebe, nicht einen Funken davon.
Kendrick schüttelte leicht den Kopf, um irgendwie einen klaren Gedanken zu fassen, aber es half nicht. Er verstand es einfach nicht. Er verstand sich nicht. Wieso war er nicht abgestoßen? Wieso hatte er zugesehen? Wieso war er überhaupt noch hier? Zwischen diesen komischen Möbeln und all dem anderen Zeug, das er teilweise nicht mal mit Worten benennen konnte, weil er solche Sachen noch nie gesehen hatte.
Peitschen, Ketten, Handschellen, Kerzen. Abstrakte Masken, Dildos, Vibratoren und Kugeln an einer Kette, von der er nicht wissen wollte, wozu sie genutzt wurde. Kendrick verzog das Gesicht, während er die Kette mit den verschieden großen Kugeln anstarrte. Er hatte eine Ahnung, wozu sie gut war, aber allein die Vorstellung bescherte ihm eine unangenehme Gänsehaut.
„Es erhöht den Reiz.“
Kendrick zuckte zusammen und drehte sich um. Zu dem Spielzimmer gehörte ein Badezimmer, das Matt ihm vorhin gezeigt hatte, und in deren Tür er jetzt stand. Splitterfasernackt und damit beschäftigt, sich die Haare trocken zu rubbeln. Kendrick wurde rot, als sein Blick ungewollt zwischen Matts Beine wanderte, dabei hatte er ihn vorhin ausgiebig nackt bewundern können. Er war froh, als Matt grinste, aber nichts dazu sagte.
„Was meinst du?“, fragte er, als ihm wieder einfiel, was Matt zuvor gesagt hatte.
Matt ging lächelnd an ihm vorbei und nahm die Kette in die Hand, um sie langsam durch seine Finger gleiten zu lassen, nachdem er sich das Handtuch um seine Hüfte gebunden hatte. Kendrick schluckte. Die Art und Weise, wie Matt mit diesen Kugeln hantierte, war erregend, obwohl er nicht erklären konnte, warum er so empfand und warum er seinen Blick einfach nicht von den schlanken Fingern abwenden konnte, die Kugel für Kugel abtasteten, als wäre jede einzelne von ihnen ein wertvoller Edelstein.
„Das ist eine Analkette“, erklärte Matt und Kendrick zuckte erneut zusammen, als Matt die Kette nach seinen Worten abrupt umfasste. „Sie zu nutzen, kann den Reiz beim Vorspiel oder beim Sex erhöhen, wenn man weiß, wie es geht. Allerdings kann man sie auch dazu nutzen, seinen Partner zu quälen.“
„Zu quälen?“, fragte Kendrick
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