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Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill - Bryson
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gesellschaftliche Unruhen erlebt, niemals einen Dissidenten ins Gef ä ngnis geworfen, ist niemals auch nur im Geringsten ins Wanken geraten. Australien ist das Norwegen der S ü dhalbkugel. Und dennoch schreibt der ma ß gebliche heute lebende Historiker des Landes, Geoffrey Blainey, dass sein Fortbestand als souver ä ne Nation keineswegs sicher ist. Merkw ü rdig.
    Wenn es den Australiern da unten auf ihrer einsamen Insel an etwas mangelt, dann an der richtigen Perspektive. Seit vierzig Jahren m ü ssen sie still verzweifelt mit ansehen, wie ein Land nach dem anderen - die Schweiz, Schweden, Japan, Kuwait, um nur einige zu nennen - sie in der Tabelle des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf ü berholt. Als sich 1996 auch Hongkong und Singapur vorbeidr ä ngelten, h ä tte man aus den Zeitungskommentaren meinen k ö nnen, irgendwo an der K ü ste bei Darwin seien asiatische Armeen gelandet, schw ä rmten quer Ü berland und kauften langlebige Konsumg ü ter auf. Es war unerheblich, dass die meisten L ä nder nur ganz wenig vor Australien rangierten und dass es haupts ä chlich an den Wechselkursen lag. Ganz egal, dass Australien gleich zur ü ck an der Spitze ist, wenn man andere Indikatoren f ü r die Lebensqualit ä t wie Lebenshaltungskosten, Bildungsniveau, Verbrechensraten und so weiter ber ü cksichtigt. (Auf dem Human Development Index der Vereinten Nationen, der Rangliste zum Entwicklungsstand aller L ä nder, steht es an siebter Stelle, kurz hinter Kanada, Schweden, den USA und drei anderen, aber deutlich vor Deutschland, der Schweiz, Ö sterreich, Italien und etlichen L ä ndern mit stabiler Wirtschaft und h ö herem Bruttoinlandsprodukt.) Als ich in Australien war, boomte es wie nie zuvor. Es hatte eine der schnellsten Zuwachsraten in der Ersten Welt, Inflation war so gut wie nicht existent und die Arbeitslosigkeit auf dem niedrigsten Stand seit Jahren. Doch laut einer Studie des Australian Institute sind sechsunddrei ß ig Prozent der Australier der Meinung, das Leben werde schlechter, und kaum ein F ü nftel hat die Hoffnung, es werde besser.
    Es trifft zwar zu, dass Australien bezüglich der brutto erwirtschafteten Dollars pro Kopf nicht mehr im Spitzenbereich rangiert. Ja, erst an einundzwanzigster Stelle. Doch ich frage Sie, was wäre Ihnen lieber - Drittreichster und völlig aus dem Häuschen zu sein, weil sie einen elektrischen Wasserkocher und zumindest ein Radio ihr Eigen nennen, oder Einundzwanzigreichster und in einer Welt lebend, in der Ihnen alles zur Verfügung steht, was ein vernünftiger Mensch nur haben will?
    Andererseits gehen Sie in sehr wenigen anderen Ländern das Risiko ein, von einem Leistenkrokodil verschlungen zu werden. Dieser Gedanke kam mir nämlich, als ich die zweite meiner Neuwerbungen, Crocodile Attack in Australia von Hugh Edwards, hervorzog und mich heftig in die Lektüre der zweihundertundvierzig Seiten grauslicher, brutaler Attacken seitens dieser höchst hinterlistigen und wenig sportsmännischen Kreaturen vertiefte.
    Das Leistenkrokodil ist das einzige Tier, das auch den Australiern Angst einzujagen vermag. Leute, die sich in aller Gemütsruhe einen Skorpion vom Unterarm schnipsen oder angesichts eines Rudels herbeischleichender Dingos furchtlos lachen, erbeben beim Anblick eines hungrigen Krokodils, und ich hatte mich noch gar nicht weit in Mr. Edwards haarsträubende Berichte vorgelesen, da begriff ich auch schon, warum. Hören Sie sich diese Geschichte eines vergnüglichen Nachmittags im Nordwesten Australiens an:
    Im März 1987 fuhren fünf Leute mit einer Motorjacht an der Küste der Kimberley-Region entlang und in den Prince Regent River hinein, um die Kings Cascade zu besuchen, eine einsame Sehenswürdigkeit, an der sich ein tropischer Wasserfall malerisch über einen Granitfelsen ergießt. Sie ankerten, kletterten in dem Wasserfall herum oder schwammen ein paar Runden. Eine der Schwimmerinnen war ein junges amerikanisches Model namens Ginger Faye Meadows. Als sie und eine andere junge Frau bis zur Taille im Wasser auf einem Felsvorsprung unter dem Wasserfall standen, bemerkte eine von ihnen die kalten starren Augen und das halb untergetauchte Maul eines auf sie zuschwimmenden Krokodils. Jetzt stellen Sie es sich vor. Sie stehen mit dem Rücken zu einer Felswand, die viel zu glitschig und zu steil ist, als dass Sie sie hochklettern könnten, andere Fluchtmöglichkeiten gibt es nicht, und eines der mörderischsten Tiere der Erde hält auf Sie zu: eine Kreatur, die

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