Frühstück mit Kängurus
zum Töten so perfekt ausgestattet ist, dass sie sich seit zweihundert Millionen Jahren kaum verändert hat. In einem Satz:
Sie werden gleich von etwas umgebracht, das aus dem Zeitalter der Dinosaurier stammt.
Eine der beiden Frauen zog sich einen Plastikschuh aus und warf ihn auf das Krokodil. Der prallte von dessen Kopf ab, es blinzelte und z ö gerte. Im selben Moment beschloss Meadows, einen Fluchtversuch zu unternehmen. Sie sprang ins Wasser, um die zwanzig Meter zu sicherem Gel ä nde zu schwimmen.
Die Freundin blieb, wo sie war. Meadows schwamm mit kr ä ftigen Z ü gen, aber das Krokodil ä nderte seine Richtung, damit es sie abfangen konnte. Auf halber Strecke packte es sie um die Taille und riss sie unter Wasser.
Nach Aussage des Bootsf ü hrers blieb Meadows mehrere Sekunden unten, tauchte dann » mit hocherhobenen H ä nden und einem wirklich entsetzten Ausdruck im Gesicht wieder auf ... schaute mich direkt an ... sagte aber kein Wort « . Dann ging sie wieder unter und wurde nie mehr gesehen. Am n ä chsten Tag w ä re sie f ü nfundzwanzig geworden.
Das ist wahrscheinlich der seit f ü nfundzwanzig Jahren ber ü hmteste Angriff eines Krokodils in Australien, weil eine bekannte landschaftliche Sehensw ü rdigkeit darin vorkommt, eine Luxusjacht und ein Opfer aus den Vereinigten Staaten, das jung und sehr sch ö n war. Doch jetzt kommt's. Es gab jede Menge andere. Meadows' Tod war sogar untypisch, weil sie ihn kommen sah. Die meisten Leute werden von einer Krokodilattacke g ä nzlich ü berrascht. Die Annalen der Angriffe mit Todesfolge sind voller Geschichten von Leuten, die in nur wenige Zentimeter hohem Wasser stehen, an einem Ufer sitzen oder an einem Meeresstrand entlangschlendern, und pl ö tzlich teilen sich die Fluten, und noch bevor sie schreien oder gar mit Verhandlungen beginnen k ö nnen, werden sie fortgetragen und gen ü sslich verzehrt. Das ist das Furchterregende daran.
Jetzt aber frage ich Sie. Wen kratzt es, wie viel Geld die Leute in Hongkong oder Singapur verdienen, wenn er sich ü ber solche Dinge Sorgen machen muss? Mehr sage ich nicht.
Neuntes Kapitel
I
Ich wäre gern noch ein, zwei Tage in Adelaide geblieben, doch ich musste los. Ich war mit Freunden in Melbourne verabredet und wollte vorher noch ein mir lange gegebenes Versprechen einlösen, nämlich die Halbinsel Mornington besuchen, ein bezaubernd schönes Küstengebiet, gleich im Süden Melbournes. Wie immer in Australien würde es eine Weile dauern, dorthin zu kommen. Ich brach früh in Adelaide auf, musste aber schon eine Stunde nach Abfahrt zu meiner Verzweiflung feststellen, dass wieder ein langer Tag über leere Straßen durch eine eintönige Weite vor mir lag. Das fand ich besonders unfair, weil ich erstens gedacht hatte, ich führe zurück in die Zivilisation, zweitens mittlerweile von dieser Fahrerei genug und mir drittens sogar einen etwas längeren Weg über einen Küstenhighway ausgesucht hatte, um eine Überlandfahrt mit der dazugehörigen visuellen Monotonie zu vermeiden.
Ich fuhr ü ber den Princes Highway. Auf der Karte verlief er in anmutigem Bogen am Rand einer riesigen Bucht, die von der Younghusband Peninsula eingeschlossen wurde, und bot auch stundenlange K ü stenblicke. Doch da Ebbe herrschte, war das Meer ein weit entferntes hellblaues Band jenseits eines eine Million Morgen gro ß en, schmerzlich glitzernden Verdunstungsbeckens. Zum Inland hin erstreckte sich eine nicht minder reizlose Leere, die nur von einer einzigen niedrigen, ewig gleichenGeb ü schart bewachsen war. Einhundertundsechsundvierzig Kilometer begegnete ich niemandem auf der Stra ß e.
Um mir die Zeit zu vertreiben, sang ich die inoffizielle Nationalhymne Australiens, » Waltzing Matilda « . Ein interessantes Lied. Geschrieben von Banjo Paterson, der nicht nur der gr öß te Dichter Australiens im neunzehnten Jahrhundert war, sondern auch der einzige, der nach einem Saiteninstrument benannt ist. Das Lied geht so (und um es ein f ü r allemal klar zu stellen: Es sind genau die Worte, die Paterson zu Papier gebracht hat):
Oh, there once was a swagman camped in the Billabong Under the shade of a Coolibah tree And he sang as he looked at his old billy boiling Who'llcome a-waltzingMatilda with me.
Der Song, haben Sie schon bemerkt, zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er völlig unsinnig und allen, die nicht mit dem Buschjargon vertraut sind, ohnehin unverständlich ist. Das war auch beabsichtigt. Doch
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