Fuchsteufelswild
erste derbe Sprüche unter den Anwesenden herausgekitzelt.
Einem Uniformierten ist prompt ein saudummer Kinofilm eingefallen, ein anderer hat beste Erfahrungen mit einer nahe gelegenen Metzgerei weitergegeben. Getuschelter Geheimtipp â besonders der warme Leberkas würde auf der Zunge zergehen. Als wär das Kalb von Engeln gesandt. Pure Fleischeslust hat das Antlitz des mondgesichtigen Beamten erleuchtet. Kälbernes Manna.
Nur einen Moment hat sie gedauert, ihre kleine Astralwanderung, dann hat die Wiesner die Emotionen wieder verstaut gehabt und weggeschlossen, an einem sicheren Ort.
I n seinem Bad Kohlgruber Zimmer versucht sich der Sandner, das Handy am Ohr, in sein weiÃes Bademäntelchen einzuhüllen. Die Freikörperkultur verliert angesichts der dienstlichen Situation gegen anerzogen-katholisches Schamgefühl.
Es mag Telefonate geben, da stellst du dir den Gesprächspartner gern einmal ohne verbergendes Gewand vor. Sei es, weil der dich ordentlich runterputzt und du einen relativierenden Input brauchst, sei es, weil die angenehme Stimme deine Phantasie schürt, bis dir der Hut brennt. Hier ist das für keinen der Beteiligten eine bedenkenswerte Option. Während der Hauptkommissar einhändig mit dem Gürtel kämpft, lässt er sich vom Hartinger die Ereignisse schildern. Dass die Eltern vom Ermordeten im Kurort zu Hause wären und sie sich gedacht hätten, wo er schon einmal da ist ...
»Natürlich hätten das auch die Murnauer Kollegen übernehmen können, aber wenn Sie am Montag eh ...«
»Ich versteh scho, was ihr euch gedacht habts«, unterbricht ihn der Sandner gähnend, »bin ja ned deppert. Falls es was gibt, eine Gschicht im Ort, weià der Kuckuck, ist es schon schlauer, wenn ich ein wenig nachhör. Hab ja sonst nix vorgehabt heut. Und jetzt erzählst mir, wie ihr ihn gefunden habt und was ihr schon wisst.«
E r hat sich gleich ordnungsgemäà angezogen. Jeans und schwarzes Sweatshirt. Unspektakulär. Der Sandner kommt eh unspektakulär daher. Nicht zu verwechseln mit unscheinbar. Die verstrubbelten braunen Haare, der leichte Bauchansatz und die Falten in den Augenwinkeln geben ihm einen Ausdruck von kreativem, genussfreudigem Lebenshunger.
Er hat den Hang, bemerkt zu werden. Nicht, dass er die selbstverliebte Diva gibt, aber Aufmerksamkeit holt er sich gewöhnlich nicht im Probierpackerl. Das fällt im Wellnesshotel nicht schwer, da wirst du mit ihr genudelt, bis du glauben magst, du bist Ludwig II.
Der Sandner hat seine Siebensachen zusammengepackt und ist samt Rollkoffer ins Erdgeschoss. An der Theke kommt ihm ein Lächeln aus, weil sich selbst die herbstliche Morgensonne abhakeln müsste, um zu strahlen wie sein Gegenüber, eine kleine, stämmige Schwarzhaarige im Dirndl.
Bei manchen Menschen bräuchtest du genormte Sonnengläser.
Ihr akzentuiertes »Guten Morgen!« springt ihm kreuzfidel ins Gesicht. Für auswärtige Ohren haben die Leut im Ort alle ein serviles, entschärftes Bayrisch im Programm. Ob du aus München daherkommst oder Wanne-Eickel, scheint linguistisch denselben Modus Operandi herbeizuführen.
Aber es hilft nix, den Morgen zu beschwören â von dem ist der Sandner bereits gebratzt worden wie das Viech vom Tellereisen. Er nickt dem Madl zu und setzt ihr dann auseinander, dass er jetzt abreisen wird.
Ihre Enttäuschung schaut annähernd echt aus. Dass er doch heut noch alle Wellnessangebote nutzen könnte, erfährt er im Gegenzug. Und sein Zimmer müsste ja erst mittags geräumt sein. Was er dazu meint? Ihr Eifer färbt ihm die Wangen. Die junge Frau könnte sofort bei ihm auf der Dienststelle anfangen, so gschwind, wie sie ein schlechtes Gewissen herauskitzeln kann, in offenherziger Unschuld. Er erscheint als Undankbarkeit auf zwei Beinen.
Weil er ihren Enthusiasmus nicht keulen will, erzählt er ihr die Mär von der Besteigung des Hörnles, die er heut noch vorhätte â natürlich ohne Sessellift. Flirt mit urwüchsiger Natur nebst Gipfelkreuz tätscheln â das versöhnt sie offensichtlich mit seiner Entscheidung. Ihr »Viel SpaÃ, Herr Sandner« kommt dennoch ein bisserl gebremst.
Die Gaudi hat er für heute abgehakt.
Kurz blitzt es in ihm auf, wie er sich im Dampfbad räkeln würde und hinterher durchkneten lieÃe â nachdem er den Eltern des Toten die traurige Nachricht
Weitere Kostenlose Bücher