Fünf Freunde und das Burgverlies
Tür stehen. Sie rannten zu ihr und hängten sich stürmisch links und rechts bei ihr ein.
»Wo wart ihr denn?« fragte sie. »Vor einer Stunde haben wir Tee getrunken. Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Herr Henning erzählte irgend etwas, dass ihr am Hang gegraben habt.«
»Mutter, wir haben soo großen Hunger! Wenn wir etwas zu essen bekommen, erzählen wir dir etwas ganz, ganz Schönes«, versprachen die Zwillinge. »Du wirst staunen! Wo ist Vater-und Urgroßvater?«
»Sie sitzen noch am Teetisch, sie sind auch zu spät gekommen«, sagte Frau Priller. »Sie haben den ganzen Hof und alle Scheunen und Ställe nach euch abgesucht. Urgroßvater ist recht ärgerlich. Was habt ihr denn da? Sind das alte Schwerter?«
»Mutter, gib uns zuerst etwas zu essen«, baten die Harrys. »Dann erzählen wir alles. Muß es sein, dass wir erst die Hände waschen? Ja, ja -wir gehn ja schon! Aber wir werden unsere Schätze gut verstecken, damit sie Vater und Urgroßvater nicht sehen, bevor wir alles erzählen können.«
Bald saßen sie alle am Teetisch und fielen wie eine Schar ausgehungerter Wölfe über die Butterund Marmeladenbrote, über den Rosinenkuchen und eine Schüssel voll reifer Pflaumen her. Herr Priller und Urgroßvater hatten auf die Kinder gewartet, nachdem Frau Priller sie und eine große Neuigkeit angemeldet hatte.
»Ho!« machte Urgroßvater. Seine buschigen Augenbrauen waren mürrisch zusammengezogen. »Als ich ein Junge war, habe ich nicht gewagt, zu spät an den Tisch zu kommen, keine Minute. Ihr Zwillinge habt eurer Mutter Sorgen gemacht, das ist hässlich.«
»Es tut uns sehr leid«, sagten Harry und Harriet. »Aber warte, bis du unsere Geschichte gehört hast. Ju - erzähle du!«
Und so wurde, gewürzt mit Bemerkungen von allen, das ganze Abenteuer erzählt. Julian konnte gut erzählen, und die anderen achteten darauf, dass er auch nicht die kleinste Kleinigkeit vergaß. Es war ein spannender und abenteuerlicher Bericht, und die Erwachsenen lauschten, wie sonst nur Kinder einem Märchen lauschen. Urgroßvater ließ seinen Tee kalt werden. Er vergaß, seine Pfeife neu zu stopfen, er vergaß sogar, Fragen zu stellen. Er zog sein rotes Taschentuch heraus und tupfte sich die Stirn ab. »Ha! Ich wollte, ich wäre dabeigewesen!« sagte er nur. »Weiter, weiter!«
Julian beschrieb, wie sie in den Gang eingestiegen waren mit ihren Lampen und den Hunden. »Es war muffig und dunkel dort unten. Und plötzlich hörten wir einen ganz sonderbaren Ton, ein Dröhnen oder Pochen.«
»Es war, als ob es in unseren Köpfen dröhnte«, warf Anne ein.
»Und? Was war es?« drängte Urgroßvater ungeduldig.
»Herrn Hennings Männer und ihre Bohrer!« Kaum hatte Julian das gesagt, da wurde Urgroßvater krebsrot im Gesicht und schien seinen Zorn auf den Amerikaner wieder einmal entladen zu wollen. Doch Julian ließ ihn nicht zu Wort kommen, sondern erzählte schnell weiter. Jetzt kam der aufregendste Teil der Geschichte: die Keller mit ihrem jahrhundertealten Staub, den steinernen Torbögen, dem flüsternden Echo -und den Schätzen, den Rüstungen, dem Schrank voll Waffen und Kisten voll Gold . . .
»Gold? Das glaube ich nicht!« unterbrach hier Urgroßvater. »Das hast du erfunden, Junge. Bleib bei der Wahrheit!«
Jetzt zogen die Zwillinge die leuchtenden Goldmünzen aus der Tasche und legten sie vor die erstaunten Erwachsenen auf den Tisch. »Bitte! Das wird euch wohl überzeugen. Goldmünzen können nicht lügen.«
Fast ehrfurchtsvoll nahm Herr Priller sie auf, betrachtete sie und reichte sie dann an Urgroßvater und an seine Frau weiter. Auch Urgroßvater war stumm vor Staunen. Er brummte nur, während er die Münzen in seiner großen, schwieligen Hand drehte. »Ist das echtes Gold?« fragte Frau Priller leise. »Thomas, gehört das uns? Heißt das - heißt das - dass wir uns einen neuen Traktor kaufen können . . .«
»Hängt davon ab, wie viel von dem Zeug in den Kellern unten ist.« Herr Priller bemühte sich, ruhig und sachlich zu bleiben. »Und hängt davon ab, wie viel wir davon behalten dürfen. Es wird Staatseigentum sein.«
»Staatseigentum!« Urgroßvater brauste schon wieder auf. »Nein! Das ist mein Eigentum! Unseres! Auf unserem Grund und Boden gefunden, Besitz von unseren Ahnen. Nur der alte Funstein unten im Dorf bekommt einen Teil. Er war mir lange Jahre ein guter Freund.«
Dann bestaunte Frau Priller die Schmuckstücke, und Urgroßvater und Herr Priller begeisterten sich an den Waffen.
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