Fünf Freunde und das Burgverlies
nur Annes neuen Schwanz noch nicht verdaut. Mir gefällt er nicht, Anne. Und dir, Ju? Pferdeschwanz! Man könnte ja auch Eselschwanz sagen.«
»Wenn ihr mich auch einmal zu Wort kommen lasst, dann kann ich euch ja sagen, dass ich die Haare nur hochgebunden habe, weil mir am Hals so heiß war«, erklärte Anne und schüttelte ihr Haar wieder nach unten. Sie war nicht gern die Zielscheibe für den Spott ihrer Brüder.
»Was haltet ihr von Limonade und Eis?« fragte Julian. »Dort drüben in dem kleinen Laden gibt es welches.«
»Ihr habt noch kein einziges Wort zu Tim gesagt!« Georg war beinahe gekränkt. »Er schleicht um euch herum und leckt euch die Hände - und ihr seht ihn überhaupt nicht!«
»Guten Tag, Tim!« sagte Dick, und Tim streckte ihm höflich die rechte Pfote hin. Auch Julian begrüßte er mit >Handschlag<, und dann begann er plötzlich, wie toll die Dorfstraße auf und ab zu rasen, und warf dabei fast einen kleinen Jungen vom Fahrrad. Erst als Dick rief: »Ti-im! Willst du ein Eis?«, gab er das Rennen auf und kam keuchend an, machte »Wuff!« und klopfte mit dem Schwanz gegen Dicks nackte Beine.
Nun steuerten alle einträchtig auf den kleinen Laden zu, einer Mischung aus Lebensmittelgeschäft und Bäckerei. Ein kleines Mädchen von etwa zehn Jahren kam, um sie zu bedienen. »Mami hat sich hingelegt«, sagte sie. »Was soll ich euch geben? Sicher Eis, das wollen heute alle.«
»Richtig geraten«, sagte Julian. »Für jeden ein großes Eis, bitte - fünf im ganzen. Und vier Gläser Limonade.«
»Fünf Eis? Bekommt etwa der Hund auch eines?« Das Mädchen blickte Tim erstaunt an, und Tim machte »Wuff!«
»Da hörst du es«, sagte Dick. »Das hieß >Ja!<«
Bald schleckten alle ihr Eis. Tim begann damit auf einem Teller, doch da das Eis vor seiner großen Zunge jedes Mal ein Stück zurückwich, wurde es eine Jagd quer über den Fußboden des ganzen Ladens.
»Ich muss mich für sein Benehmen entschuldigen«, sagte Julian mit ernstem Gesicht. »Er hat keine sehr gute Erziehung genossen.« Der Hieb saß, Georgs Augen funkelten gefährlich.
Dann stießen sie mit der kühlen Limonade auf schöne Ferien an und beschlossen, nun neugestärkt auf die Suche nach dem Hof zu gehen.
»Kennst du den Funstein-Hof?« fragte Dick das kleine Mädchen.
»O ja!« nickte dieses. »Da müsst ihr die Dorfstraße hinuntergehen bis zum letzten Haus und dort den Feldweg nehmen - nach rechts. Der Feldweg führt genau zum Funstein-Hof. Wohnt ihr bei den Prillers?«
»Ja. Kennst du sie?« fragte Julian.
»Ich kenne die Zwillinge dort«, sagte das Mädchen. »Die zwei Harrys. Aber ich kenne sie nicht gut, niemand kennt sie gut. Sie kleben immer aneinander und haben keine Freunde. Ihren Urgroßvater, den müsst ihr euch ansehen, das ist ein Original. Er hat einmal mit einem wilden Stier gekämpft und ihn besiegt. Und seine Stimme! Man kann sie meilenweit hören. Als ich klein war, hatte ich richtig Angst vor ihm. Aber Frau Priller, die ist nett. Zu ihr sind sogar die Zwillinge freundlich und helfen ihr in den Ferien den ganzen Tag. Unterscheiden kann man sie nicht, so ähnlich sind sie sich.« Das Mädchen schwatzte noch eine ganze Weile munter drauf los, bevor sie jedoch der neugierigen Anne erklären konnte, warum sie gesagt hatte: »die beiden Harrys«, kam ihre Mutter aus dem nebenan liegenden Zimmer. »Janie, geh und pass auf das Baby auf,
ich bleibe jetzt wieder im Laden.« Und Janie rannte davon. »Diese alte Klatschbase!« Ihre Mutter blickte ihr kopfschüttelnd nach. »Wollt ihr noch etwas?«
»Nein, danke«, sagte Julian und stand auf. »Aber wir kommen sicher noch öfters, wir wohnen jetzt nämlich zwei Wochen auf dem Funstein-Hof.«
»Oh - ihr seid wohl Feriengäste?« sagte die Frau. »Ich bin gespannt, wie ihr mit den Harrys auskommen werdet. Und geht dem Urgroßvater aus dem Weg - er ist über achtzig, aber er teilt noch mächtig gute Ohrfeigen aus, wenn ihn jemand ärgert.«
Die fünf Freunde traten wieder in die heiße Sonne hinaus. Julian grinste die anderen an. »Na - gehen wir und suchen die nette Frau Priller, die unfreundlichen Harrys und den wilden Urgroßvater! Scheint mir eine ganz interessante Familie zu sein.«
II. Ankunft auf dem Hof
Die vier Kinder und Tim schlenderten langsam die heiße, staubige Dorfstraße hinunter. Am Ende bog ein Feldweg nach rechts ab, wie ihnen die kleine Janie gesagt hatte.
»Wartet einen Augenblick!« Anne blieb an einem der letzten Häuser stehen. »Ein
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