Fünf Schlösser
Tage noch in summarischem Verfahren die Köpfe vom Rumpf zu schlagen.
Alle, die dem Vortrage dieser Ballade gefolgt waren, entsetzten sich über die den Seeräubern angetane Marter, ganz übersehend, daß es nur das abenteuerlich Neue, das grotesk Ungewöhnliche war, was sie so stark beeinflußte, während das, was sich tagtäglich um sie her zutrug, verhältnismäßig wenig beachtet wurde, nicht weil es des Schrecklichen, wohl aber weil es des Grotesken und Abenteuerlichen entbehrte. Dessen war die Belagerung, Erstürmung und »Auspochung« des nur fünf Meilen von Quitzöwel gelegenen Rathenow ein gerade damals geführter sprechender Beweis. Wusterwitz berichtet darüber: »Um ebendiese Zeit aber war es, daß von seiten des persönlich abwesenden Erzbischofs Albrecht zu Magdeburg, des Fürsten Sigismund zu Anhalt und des Herrn Johann, Grafen zu Querfurt, die Stadt Rathenow , deren Mauern übel verwahret waren (dabei ganz der mehr als mutmaßlichen Verräterei des Johann von Treskow zu geschweigen) überfallen und eingenommen wurde. Worauf denn von den Kriegsgurgeln großer Übermut mit Verunehrung ehrlicher Frauen und Jungfrauen und viel andere Bosheit begangen worden ist. Bald nach Einnahme der Stadt aber haben alle Bürgersleute dem noch in Magdeburg weilenden Herrn Erzbischof – der ihnen mittlerweile den Friedrich von Alvensleben zum Hauptmann verordnet hatte – schwören und huldigen müssen. Und nunmehro, nach geschehener Huldigung, als die sich sicher fühlenden armen Leute das hervorgeholt, was sie bis dahin versteckt hatten, hat Fürst Sigismund von Anhalt in Abwesenheit des Erzbischofs, aber nicht ohne seinen Rat und Willen, ein öffentliches Gebot ausgehen lassen, daß jeder Bürger, der den Eid geleistet und durch seinen Eid in Pflicht genommen sei, mit Waff und Wehr dem Erzbischof auf seinem Wege nach Rathenow entgegenziehen solle, weil er (der Erzbischof) fürchte, von märkischem Kriegsvolk unterwegs überfallen zu werden. Und als nach diesem Gebote verfahren worden und die mit Waff und Wehr Ausgerüsteten aus dem Stadttore heraus waren, hat man das Tor hinter ihnen geschlossen und keinen wieder zur Stadt hineingelassen, ja man hat ihnen ihre Weiber und Kinder nachgetrieben und alle stracks von Rathenow hinwegziehen heißen. Ach, da hat man ein großes Jammern und viel Wehklage gehört, denn nicht nur Betagte, sondern auch Kranke sind mit ihren Kindern in den harten und kalten Winter hinausgestoßen worden. Und keinem Hungrigen ist ein Bißlein Brot und keinem Durstigen ein Tränklein Wasser geworden; und so sind die meisten verblichen, und nur wenige haben sich durchgeschlagen und Freunde gefunden zu Trost und Hülfe. Mit eins aber ist der Herr Erzbischof, wie man lange voraus verkündigt hatte, wirklich in die Stadt Rathenow gekommen, und was noch von Essen und Trinken übrig gewesen ist, das ist aufgegessen und ausgetrunken und zuletzt aus den leeren Fässern ein großes Freudenfeuer gemacht worden. Und des Herrn Markgrafen zu Brandenburg Wappen hat man besudelt und mit Hohn und Schmach von allen Tafeln gelöschet.«
Das waren Elendsbilder aus der nächsten Nähe der Burg, und wenn das Bild der in die Schiffstonnen eingesetzten Vitalienbrüder auch mehr zur Einbildungskraft der Quitzöwler gesprochen und in ihren Herzen eine lebhaftere Mißbilligung hervorgerufen haben mochte, so läßt sich doch annehmen, daß es den unter alltäglicheren Formen aus Rathenow Vertriebenen, soweit sie hülfesuchend anklopften, an Mitleid und Teilnahme bei der Bewohnerschaft der Burg nicht gefehlt haben wird. Aber Mitleid und Teilnahme waren nicht die Dinge, denen sich die Quitzowschen, auch wenn sie gewollt hätten, auf die Dauer hingeben durften, am wenigsten Köne von Quitzow, dessen spätere Lebensjahre, beinah mehr noch als die voraufgegangenen, ihn zu Bewährung kriegerischer Tat und Gesinnung aufforderten. Am meisten, als das Jahr 1391 einen speziellen Quitzowkrieg, und zwar mit den Herzögen von Lauenburg und Lüneburg, brachte.
Was Veranlassung zu dieser Fehde bot, hüllt sich in Dunkel und mag auch im Dunkel bleiben. Es genügt für uns, daß Lüneburg mit einem Einfall in die Altmark und mit der Wegnahme verschiedener fester Plätze begann. Und kaum daß Schnackenburg und Gartow (das waren die Namen der festen Plätze) genommen waren, als auch schon der Lauenburger Herzog Erich ebenfalls auf dem Plan erschien, um sich, nach erfolgter Vereinigung mit den Lüneburgern, von der Altmark her gegen den
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