Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fünf Wochen im Ballon

Fünf Wochen im Ballon

Titel: Fünf Wochen im Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Sind Sie zufrieden, Herr Fergusson? fragte Joe.
    – Entzückt, mein Junge!
    – Gut, Alles geht ausgezeichnet.«
    In der That entfaltete sich nach zwei Stunden die Königin der Wüste, das geheimnißvolle Timbuktu, vor den Augen unserer Reisenden. Es hatte einst wie Athen und Rom seine Gelehrten-Schulen und Lehrstühle der Philosophie.
    Fergusson verglich Alles bis auf’s Kleinste mit dem, von Barth selbst gezeichneten Plan, und erkannte, daß dieser äußerst genau war.
    Die Stadt bildet ein großes, in eine weite Sandebene eingeschobenes Dreieck; die Spitze desselben zeigt nach Norden und schneidet einen Winkel aus der Wüste heraus; kaum kommen hier einige Grasarten, zwerghafte Mimosen und verkrüppelte Sträucher fort.
    Was die Physiognomie von Timbuktu anbetrifft, so stelle man sich einen Haufen Billardkugeln vor; dies der Eindruck, den der Anblick der Stadt aus der Vogelperspective gewährt. Die Straßen sind ziemlich eng und werden theils von Häusern aus gebrannten Backsteinen, theils aus viereckigen Stroh-und Rohrhütten gebildet. Auf den Terrassen sieht man ab und zu Einwohner in ihrer farbenglänzenden Tracht nachlässig hingestreckt, mit der Lanze oder Muskete in der Hand. Frauen ließen sich um diese Tageszeit noch nicht blicken.
    »Sie gelten jedoch für schön, bemerkte der Doctor. Ihr seht die drei Thürme der Moscheen, sie sind allein von einer großen Zahl übrig geblieben. Die Stadt hat viel von ihrem alten Glanze eingebüßt! Am Gipfelpunkte des Dreiecks erhebt sich die Moschee Sankore mit ihren Galerien, die von Arcaden von ziemlich reiner Zeichnung getragen werden. Weiter hin in dem Viertel von Sane-Gungu die Moschee Sidi-Yahia und einige zweistöckige Häuser. Suchet nicht nach Palästen und Monumenten; der Scheik ist ein einfacher Handelsmann und seine königliche Wohnung ein Comptoir.
    – Es kommt mir vor, als sähe ich halb zerstörte Wälle, sagte Kennedy.
    – Sie sind im Jahre 1826 von den Fullannes niedergeworfen worden. Bis dahin war die Stadt um ein Drittel größer, denn Timbuktu hat, als allgemein begehrt, vom 11. Jahrhundert nach einander den Tuaregs, den Sonrayern, den Marokkanern und den Fullannes gehört; und dies große Centrum der Civilisation, in welchem ein Gelehrter wie Achmed-Baba im 14. Jahrhundert eine Bibliothek von sechzehnhundert Manuscripten besaß, ist jetzt nur noch ein Stapelplatz Central-Afrikas.«
    Die Stadt schien gegenwärtig wirklich großer Vernachlässigung preisgegeben; sie verrieth die epidemische Liederlichkeit der Städte, welche dem Verfall entgegengehen. Ungeheure Schutthaufen thürmten sich in den Vorstädten auf und bildeten nebst einem auf dem Markt befindlichen Hügel die einzigen Unebenheiten des Terrains.
    Beim Vorüberziehen des Victoria entstand einige Bewegung; die Trommeln wurden gerührt; aber kaum hatte wohl irgend ein Gelehrter des Ortes Zeit, die wunderbare Naturerscheinung zu beobachten; denn die Reisenden, von dem Wüstenwinde schnell weitergetrieben, verfolgten wieder den gewundenen Lauf des Flusses, und bald war Timbuktu nur noch eine der kurzen Erinnerungen ihrer Reise.
    »Und jetzt, sprach der Doctor, führe uns der Himmel, wohin er will!
    – Wenn nur nach Westen, fügte Kennedy hinzu.
    – Bah! meinte Joe, handelte es sich auch darum, auf demselben Wege wieder nach Zanzibar zurückzukehren und den Ocean bis nach Amerika zu überfahren, ich würde kaum davor zurückschrecken.
    – Das müßte man in erster Linie können, Joe.
    – Und weshalb könnten wir’s nicht?
    – Wir würden kein Gas dazu haben, mein Junge; die emportreibende Kraft des Ballons vermindert sich merklich, und wir werden sehr damit sparen müssen, damit der Victoria uns noch bis zur Küste trägt. Wir werden sogar gezwungen sein, noch Ballast auszuwerfen. Unsere Last ist zu schwer.
    – Das kommt vom Nichtsthun, Herr Doctor! Wenn man den ganzen Tag über in seiner Hängematte ausgestreckt liegt, wie ein Faullenzer, so ist nichts natürlicher, als daß man Fett ansetzt und schwer wird. Wir führen ja auf unserer Reise ein complettes Schlaraffenleben; wenn wir nach Hause zurückkehren, wird man uns erschrecklich dick und fett geworden finden.
    – Diese Gedanken sind eines Joe würdig, äußerte der Jäger; aber warte nur das Ende ab, man weiß nicht, was der Himmel uns vorbehalten hat; das Ziel unserer Reise ist noch weit entfernt. Wo glaubst Du, die afrikanische Küste zu erreichen, Samuel?
    – Ich wäre in Verlegenheit, wenn ich Dir darauf antworten

Weitere Kostenlose Bücher