Fünf Wochen im Ballon
rühmte, alle Stämme zum Kriege gegen die Ungläubigen, d.h. die Europäer, auf. Er trug Zerstörung und Verwüstung zwischen den Senegal und seinen Nebenfluß Faleme. Drei von ihm geführte, fanatische Horden durchstreiften das Land sengend und mordend, und schonten weder Dörfer noch Hütten. Er selbst rückte im Nigerthale bis zur Stadt Sego vor, welche lange bedroht wurde. Im Jahre 1857 ging er weiter nach Norden, und belagerte das Fort Medine, das die Franzosen an den Ufern des Flusses erbaut hatten; diese Niederlassung wurde von einem Helden, Paul Holl, vertheidigt, der mehrere Monate hindurch ohne Nahrungsmittel, fast ohne Munition so lange Stand hielt, bis Oberst Faidherbe ihn entsetzte. Al-Hadschi und seine Banden gingen dann wieder über den Senegal und fuhren in Kaarta mit ihren Metzeleien und Raubanfällen fort. Dies gerade sind die Landstriche, in die er sich mit seinen Banditenhorden geflüchtet hat, und ich versichere Euch, es wäre kein Vergnügen, ihm in die Hände zu fallen.
– Das werden wir nicht, sagte Joe; und müßten wir unsere Stiefel opfern, um den Victoria zu heben.
– Wir sind nicht weit von dem Flusse entfernt, begann der Doctor wieder; aber ich sehe vorher, daß der Ballon uns nicht über ihn forttragen wird.
– Wären wir nur erst am Ufer, meinte der Jäger, dann würde sich das weitere schon finden.
– Wir wollen versuchen, bis dorthin zu kommen; nur ein Umstand beunruhigt mich einigermaßen.
– Nun?
– Wir haben noch Berge zu übersteigen, und das wird seine Schwierigkeiten haben, da die emportreibende Kraft des Luftschiffes nicht vermehrt werden kann, auch wenn ich die größtmögliche Wärme erzeuge.
– Laß uns warten, erwiderte Kennedy, wir werden dann sehen.
– Der arme Victoria! klagte Joe; ich habe ihn lieb gewonnen, wie der Seemann sein Schiff, und es wird mir schwer werden, mich von ihm zu trennen! Er ist freilich nicht mehr so schön wie bei der Abreise, aber man darf ihm nichts Böses nachsagen! Er hat uns vorzügliche Dienste geleistet, und es wird mir sehr nahe gehen, ihn im Stich zu lassen.
– Sei unbesorgt, Joe; wenn wir ihn aufgeben, thun wir es nothgedrungen; er wird uns noch so lange tragen, bis seine Kraft gänzlich zu Ende ist. Ich verlange seine Dienste nur noch für vierundzwanzig Stunden.
– Er wird matt, sagte Joe bedauernd, indem er ihn betrachtete; er magert ab; sein Leben schwindet; der arme Ballon!
– Wenn ich mich nicht irre, so zeigen sich jetzt jene Berge, von denen Du sprachst, am Horizont, Samuel.«
Der Doctor sah durch sein Fernglas.
»Sie sind es allerdings, bestätigte er; ihre Höhe scheint mir sehr bedeutend, es wird uns schwer werden, sie zu übersteigen.
– Könnte man sie nicht umsegeln?
– Ich glaube nicht, Dick; sieh doch, was für einen weiten Raum sie einnehmen; sie füllen fast die Hälfte des Horizonts aus!
– Es hat sogar den Anschein, als ob sie sich um uns verengten, berichtete Joe; sie nähern sich von rechts und links.
– Wir müssen durchaus über sie hinweg.«
Die gefährlichen Hindernisse näherten sich mit großer Geschwindigkeit, oder, um sich richtiger auszudrücken: der Wind trieb den Victoria mit außerordentlicher Heftigkeit auf spitzige Felsen zu; er mußte sich um jeden Preis darüber erheben, wenn er nicht daran zerschellen wollte.
»Wir wollen unsere Wasserkiste leeren, ordnete Fergusson an, und uns nur Vorrath für einen Tag reserviren.
– Es ist besorgt, meldete Joe.
– Steigt der Ballon? fragte Kennedy.
– Nur um etwa fünfzig Fuß, erklang die wenig tröstliche Antwort des Doctors, der das Barometer nicht aus den Augen ließ; aber das ist nicht genügend.«
Die schroffen Berggipfel kamen jetzt dergestalt auf die Reisenden zu, daß es schien, als wollten sie auf den Ballon losstürzen; dieser hätte sich noch mehr als fünfhundert Fuß erheben müssen, um darüber hinwegschweben zu können.
Der Wasservorrath des Knallgasgebläses wurde nun gleichfalls herausgeworfen; man behielt nur wenige Pinten zurück. Aber auch dies brachte noch keine Hilfe.
»Und doch müssen wir auf jeden Fall hinüber! erklärte der Doctor.
– Laß uns auch die leeren Kisten hinausschleudern, schlug Kennedy vor.
– Werft sie fort!
– Ach, sagte Joe, wie traurig ist es, wenn man so Stück für Stück dahingehen sieht.
– Was Dich betrifft, Joe, so denke nicht wieder daran, Dich wie neulich aufopfern zu wollen; was auch kommen möge, schwöre mir, daß Du uns nicht verlassen willst.
– Haben
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