Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fünf Wochen im Ballon

Fünf Wochen im Ballon

Titel: Fünf Wochen im Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Verzeihen Sie, Herr Doctor, aber das kann ich nicht glauben; es ist unmöglich.
    – So tritt an den Gondelrand, mein Junge, und bewege Deinen Arm. Du wirst Dich dann wohl überzeugen.«

    Joe that, wie ihm geheißen, und sah, wie seine Bewegungen und Geberden augenblicklich und genau drüben reproducirt wurden.
    »Es ist nichts weiter, als Luftspiegelung, eine sehr einfache Naturerscheinung der Optik, die in der ungleichen Dichtigkeit der Luftschichten ihren Grund hat, erklärte der Doctor.
    – Wie wunderbar! hub Joe wieder an; er konnte sich über dies seltsame Phänomen nicht beruhigen und setzte seine Geberden und Armbewegungen noch weiter fort.
    – Ein interessantes Schauspiel! äußerte Kennedy; und es ist wirklich ein Vergnügen, unsern wackern Victoria so anschauen zu können! Er nimmt sich prächtig aus, wie er so majestätisch dahinschwebt!
    – Die Herren mögen die Sache immerhin auf ihre Weise auslegen und erklären, sagte Joe; für mich ist und bleibt die Geschichte sehr sonderbar.«
    Allmälig erlosch das Bild; die Wolken stiegen höher empor, der Victoria, der ihnen nicht mehr zu folgen suchte, blieb zurück, und in Zeit von einer Stunde war das Himmelsgewölbe wieder klar wie vorher.
    Der Wind schien jetzt noch schwächer zu werden, und der Doctor näherte sich entmuthigt dem Boden.
    Die Reisenden, welche von dem Zwischenfall eine Zeit lang beschäftigt worden waren, fielen wieder in ihre trübe Stimmung zurück und ertrugen schweigend die Pein der sengenden Hitze.
    Gegen vier Uhr glaubte Joe einen Gegenstand zu bemerken, der sich von der weiten Sandfläche abhob, und bald versicherte er entschieden, daß dies zwei Palmbäume seien, die in nicht allzu großer Entfernung von ihnen emporragten.
    »Palmbäume! rief Fergusson erregt, dann muß dort auch eine Quelle, ein Brunnen zu finden sein.«
    Er nahm ein Fernglas zur Hand und sah, daß Joe’s Augen ihn nicht getäuscht hatten.
    »Endlich Wasser, Wasser! fuhr er fort, nun winkt uns Rettung; denn wenn wir auch nur langsam weiter kommen, wir schreiten doch mehr und mehr vor und werden zuletzt an’s Ziel gelangen!
    – Nun, Herr Doctor? Wie wär’s, wenn wir vorerst einmal tränken? Die Luft ist zum Ersticken heiß.
    – Ja, mein Junge, laß uns trinken.«
    Niemand ließ sich dazu nöthigen, und eine ganze Pinte ging drauf, wodurch der Vorrath auf drei und eine halbe Pinte verringert wurde.
    »Ach, thut das wohl! schmunzelte Joe. Wie herrlich ist das! Nie hat mir Bier von Perkins nur halb so gut gemundet!
    – Das sind die Vortheile der Entbehrung, bemerkte der Doctor.
    – Sie sind im Ganzen genommen, gering, meinte der Jäger, und wenn ich auch nie dies Vergnügen am Wassertrinken finden sollte, würde ich doch gern darauf verzichten unter der Bedingung, daß es mir nicht wieder fehlte.«
    Um sechs Uhr schwebte der Victoria über den Palmbäumen; es waren zwei armselige, vertrocknete Baumgespenster ohne Laub und mehr todt wie lebendig. Fergusson konnte sich bei ihrem Anblick eines Schreckens nicht erwehren. Unter ihnen bemerkte man die halb verwitterten Steine eines Brunnens, aber auch sie waren von der Sonnengluth fast zersetzt und dem Zerbröckeln nahe. Nirgends zeigte sich auch nur ein Schimmer von Feuchtigkeit. Samuel’s Herz zog sich bei diesem Anblick zusammen, und er wollte soeben den Gefährten seine Befürchtungen mittheilen, als ihre lauten Ausrufe seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen.
    Eine Strecke hinaus, nach Westen zu, gewahrte man eine lange Linie gebleichter Gebeine, und Stücke von Skeletten umringten die Quelle. Augenscheinlich war eine Karawane bis hierher vorgedrungen und hatte ihren Weg durch dieses traurige Wahrzeichen kenntlich gemacht. Die Schwächeren waren auf dem Sande zusammengesunken, und die Stärkeren hatten, bis zu der so heiß ersehnten Quelle gelangt, hier ihren schauerlichen Tod gefunden.
    Die Reisenden blickten einander erbleichend an.
    »Laß uns hier nicht aussteigen, bat Kennedy; wir wollen fliehen vor diesem scheußlichen Schauspiel. Es ist hier nicht ein Tropfen Wasser zu bekommen.
    – Nein, Dick, davon müssen wir uns erst genauer überzeugen; auch können wir hier ebenso gut wie anderswo die Nacht zubringen. Wir wollen diesen Brunnen bis auf den Grund untersuchen; es ist hier einst eine Quelle gewesen, und vielleicht können wir noch einen Rest des Wassers entdecken.«
    Der Victoria landete; Joe und Kennedy legten in die Gondel ein dem ihrigen gleichkommendes Gewicht Sand, stiegen aus und eilten zur

Weitere Kostenlose Bücher