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Fünf Wochen im Ballon

Fünf Wochen im Ballon

Titel: Fünf Wochen im Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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sehen.
    – Es ist aber Freitag, Herr Doctor, und dem Freitag habe ich nie recht getraut.
    – Hoffentlich kommst Du heute von Deinem Vorurtheil zurück.
    – Ich wünschte es, Herr Fergusson … Er holte tief Athem und trocknete sich das Gesicht … Wärme ist etwas Schönes, besonders im Winter, aber im Sommer darf man keine Verschwendung damit treiben.
    – Fürchtest Du nicht die Einwirkung der Sonnenhitze auf unsern Ballon?
    – Nein; das Guttapercha, mit welchem der Taffet überzogen ist, würde noch eine weit höhere Temperatur vertragen. Ich habe im Innern des Ballons vermittels des Schlangenrohrs bisweilen eine Hitze von hundertachtundfünfzig Grad 1 erzeugt, und die Hülle scheint mir bis jetzt noch nicht gelitten zu haben.
    – Eine Wolke, wirklich eine Wolke!« rief Joe, dessen scharfer Blick jedes Fernrohr zum Wettstreit herausforderte.
    Und in der That konnte man jetzt deutlich eine Wolkenschicht erkennen, die sich langsam über den Horizont erhob; sie schien ziemlich tief zu stehen und sah gleichsam aufgedunsen aus. Es war eine Anhäufung kleinen Gewölks, das aber unveränderlich seine Gestalt beibehielt, und hieraus glaubte der Doctor schließen zu dürfen, daß sich keine Luftströmung in dem Gebilde befände.
    Gegen acht Uhr Morgens war diese compacte Masse erschienen, und erst um elf Uhr erreichte sie die Sonnenscheibe, welche völlig hinter ihr verschwand; in diesem Augenblick trennte sich der untere Streifen der Wolke von der Linie des Horizonts, die wieder im vollen Lichte strahlte.
    »Es ist nur ein isolirtes Gewölk, auf das man nicht viel Hoffnung bauen darf, meinte der Doctor. Sieh nur, Dick, seine Gestalt ist noch genau dieselbe wie heute Morgen.
    – Es ist auch noch nichts von Regen oder Wind zu verspüren.
    – Sie hält sich immer in großer Höhe.
    – Nun, Samuel, könnten wir nicht diese Wolke, da sie sich durchaus nicht über uns entleeren will, aufsuchen?
    – Ich fürchte, das wird nicht viel helfen, entgegnete Fergusson; auch wird es uns eine beträchtliche Menge Gas und somit Wasser kosten. Wir dürfen jedoch in unserer Lage nichts unversucht lassen, und so wollen wir steigen.«
     

    Ein unerwarteter Nachbar. (S. 186.)
     
    Der Doctor trieb die Flamme des Knallgasgebläses in die Windungen des Schlangenrohrs; es entstand eine gewaltige Hitze, und bald erhob sich der Ballon unter Einwirkung seines ausgedehnten Wasserstoffgases.
    Ungefähr fünfzehnhundert Fuß von der Erdoberfläche traf man auf die schattige Wolkenmasse und war hier von einem dichten Nebel umgeben, dem jedoch alle Feuchtigkeit zu fehlen schien. Auch war nicht der leiseste Windhauch zu verspüren. Der in diesen Dunst gehüllte Victoria kam ein wenig schneller von der Stelle, aber dies war auch der einzige Vortheil.
    Der Doctor constatirte soeben dieses höchst mittelmäßige, von seinem Manoeuvre erzielte Resultat, als Joe im Ton der lebhaftesten Ueberraschung ausrief:
    »Das ist aber doch gar zu merkwürdig! Herr Doctor, Herr Kennedy! das ist erstaunlich!
    – Was giebt’s denn, Joe?
    – Wir sind nicht allein hier; intriguante Leute haben uns unsere Erfindung nachgemacht, gestohlen!
    – Ist er närrisch geworden, oder was hat er?« fragte Kennedy.
    Joe stand vor Verwunderung starr wie eine Bildsäule.
    »Sollte die Sonne den Verstand des armen Burschen verwirrt haben? sagte Fergusson besorgt.
    – Aber so sehen Sie doch, Herr Doctor, schrie Joe abermals, und deutete in die Luft auf einen bestimmten Punkt.
    – Beim heiligen Patrik, der Kerl hat Recht! rief jetzt auch Kennedy; es ist unglaublich! Samuel, Samuel, so sieh doch!
    – Ich sehe, antwortete dieser ruhig.
    – Noch ein anderer Ballon! noch andere Reisende als wir!«
    Wirklich schwebte zweihundert Fuß hoch ein Luftschiff nebst Gondel und Reisenden. Es verfolgte genau dieselbe Richtung wie der Victoria .
    »Wir wollen Signale mit ihm austauschen, schlug der Doctor vor; nimm die Flagge, Kennedy, und zeige unsere Farben.«
    Augenscheinlich hatten die Reisenden im andern Luftschiff denselben Gedanken gehabt, denn auch dort streckte sich eine Hand mit der nämlichen Farbe heraus und wurde grüßend in derselben Weise geschwungen, wie hier von Kennedy.
    »Was hat denn das zu bedeuten? fragte verwundert der Jäger.
    – Es sind Affen, die unserer spotten, schalt Joe.
    – Du selbst giebst auch drüben das Signal, mein lieber Dick, erwiderte Fergusson lachend. Die Reisenden in jener Gondel sind wir, und der Ballon ist ganz einfach unser Victoria.
    –

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