Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)
Haustür stehen, nahm meinen Helm ab, strich mir durchs Haar und wartete auf ihn. Diesmal war ich nicht unsicher.
Er lief über den gepflasterten Weg zu mir zurück, seine Augen leuchtend vor Freude.
„Hast du dir den Eingangscode gemerkt?“, fragte er mich.
„Nein, das erste Mal, als ich durch diese Tür ging, war ich … ziemlich … abgelenkt.“
Diese Antwort gefiel ihm, denn er lächelte, während er mir die Zahlenfolge zeigte.
„Damit du künftig nicht mehr vor der Tür bleiben musst, wenn wir uns wieder streiten sollten.“
„Es war nicht schlimm, vor der Tür zu bleiben, aber zu wissen, dass du da warst und mich nicht mehr wolltest, das war unerträglich.“ Meine Stimme versagte.
Er kam zu mir und hielt mich in seinen Armen.
„Es ist alles meine Schuld“, flüsterte er mir zu. „Ich habe es wirklich versucht, aber ich war einfach nicht stark genug.“
Ich sah zu ihm auf. Er war noch immer blass und sein Gesicht war von Selbstvorwürfen gezeichnet.
„Wenn ich dich für immer verloren hätte, dann wäre auch ich verloren gewesen“, sagte er.
„Du kannst mich gar nicht verlieren, Johannes. Weißt du das denn nicht?“
„Jetzt schon.“ Er strich mir zärtlich über das Gesicht. Sein Handrücken war blutverkrustet und die Knöchel waren geschwollen. Er hatte in der Akademie mit ungeheurer Wucht auf die Wand eingeschlagen.
Behutsam inspizierte ich seine Hand. „Der Schlag hat wohl mir gegolten.“
Entsetzt zog er seinen Arm zurück. „Dir könnte ich nie etwas tun, Lilith. Der Schlag galt mir selbst.“
Engumschlungen gingen wir hinein, durch die pompöse Eingangshalle, den unpersönlichen Wohnbereich, bis wir in unser Kaminzimmer kamen. Es war alles genau so, wie ich es in Erinnerung hatte. Nur mein Bild auf der Staffelei am Fenster war aufgedeckt. Johannes hatte es farbig gestaltet und meine roten Haare leuchteten wie die Strahlen der Abendsonne im Meer.
Verlegen und unsicher stand Johannes neben mir und wartete auf meine Reaktion.
„Johannes, das ist wundervoll!“, rief ich überwältigt. „Aber ich bin niemals so schön, wie auf dem Bild.“
„Nein“, bestätigte er mit ernster Miene. „du hast recht. Du bist nicht so schön, sondern viel schöner und ich bin ein Stümper, weil ich seit Tagen an dem Bild arbeite und es nicht schaffe, dich auf dieser Leinwand einzufangen.“
Es überraschte mich, dass der Gedanke, gefangen und nicht mehr frei zu sein, keinen Widerstand in mir auslöste.
Anstatt ihm zu antworten, nahm ich seine blutige Hand und betrachtete sie eingehend. Diese Hand gehörte einem Künstler mit viel Talent, Einfühlungsvermögen und Sensibilität. Gleichzeitig gehörte sie einem Mann, der unberechenbar und gewalttätig sein konnte. Es war der Mann, den ich liebte.
„Wir sollten uns um deine Verletzung kümmern.“
„Ach, das ist doch nur eine Schramme.“ Zum Beweis ballte er seine Hand zu einer Faust. Die kaum verschorften Wunden rissen wieder auf.
„Red‘ keinen Unsinn! Du hast doch sicher in deiner Burg hier einen Verbandskasten.“
„In einem der unteren Bäder.“
„Genau! In einem der unteren Bäder “, wiederholte ich, „und da gehen wir jetzt hin.“
Widerstrebend führte er mich in ein mit Marmor ausgekleidetes Bad, in dem sich eine halbe Schulklasse hätte verstecken können. Er deutete auf einen der zahlreichen Schränke und ich öffnete ihn. Er war randvoll mit Pflastern, Mullbinden, Kompressen und zahlreichen Medikamenten.
Johannes ergab sich seinem Schicksal und setzte sich auf den Rand einer Badewanne, die aussah, als wäre sie aus massivem Stein. Ich fand ein Mittel zur Desinfektion, Watte und wählte passendes Verbandszeug aus. Vorsichtig säuberte ich seine Wunden. Sie mussten ihm höllisch weh tun, aber er zuckte nicht einmal. Ich versorgte seine Hand sorgfältig und bandagierte sie.
„Fertig“, sagte ich schließlich. „Was machen wir jetzt mit dem angebrochenen Abend?“
Johannes dachte nur kurz nach. „Wenn es für dich in Ordnung wäre, würde ich gerne für dich kochen.“
Ich dachte an seine Küche des Grauens und wählte meine nächsten Worte mit äußerstem Bedacht. „Ach weißt du, eigentlich habe ich keinen rechten Hunger.“
„Vertrau mir“, unterbrach er mich und ich folgte ihm in die Küche.
3
„Sind wir hier richtig, oder hast du nicht nur mehrere Bäder, sondern auch mehrere Küchen? Hier ist es anders , als beim letzten Mal.“
Das gebrauchte Geschirr war verschwunden, alles blitzte
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