Fuer immer vielleicht
Artikel von Wayne Gillespie über diese neue Form der Herzchirurgie.
Von: Rosie
An: Alex
Betreff: Glückwunsch!
Ich hab die große Neuigkeit schon gehört. Du warst in jeder Zeitung hier (ich hab alles für dich ausgeschnitten), und ich hab dich heute Morgen auch im Radio gehört. Nicht dass ich genau verstanden hätte, wovon du redest, aber es klang, als wärst du verschnupft. Jetzt kannst du also praktisch Tote auferwecken, aber einen ordinären Schnupfen kriegst du nicht los.
Wie geht es Josh? Ich hab vor ein paar Tagen deine Mutter angerufen, da war er grade übers Wochenende zu Besuch. Sie hat ihn ans Telefon geholt, und ich hab tatsächlich eine Weile mit ihm geredet! Er ist ein hochintelligenter Vierjähriger, genau wie sein Vater. Von seiner Mutter hat er das bestimmt nicht. Er hat mir alles über die Tiere erzählt, die er im Zoo gesehen hat, samt den entsprechenden Lauten. Ich hab deiner Mutter gesagt, dass sie noch ein bisschen mit ihm an den Gorilla-Lauten arbeiten muss, weil der in Joshs Bericht nichts gesagt hat, aber sie hat mir erklärt, dass der Gorilla depressiv ist und nur stumm im Käfig rumsitzt. Also ist dein Sohn nicht nur ein guter Tierstimmenimitator, sondern auch noch ein guter Beobachter.
Ich würde ihn schrecklich gern mal wieder sehen, und dich auch. Wir haben uns bestimmt eine Menge zu erzählen. Zum Beispiel das, was über dich nicht in der Zeitung steht.
*
Lieber Alex,
ich bin’s schon wieder. Ich bin nicht sicher, ob du die Mail gekriegt hast, die ich dir vor ein paar Wochen geschrieben habe. Da hab ich dir bloß gratuliert. Hier sind alle furchtbar stolz auf dich. Mum, Dad, Steph, Katie und Toby sind alle ganz aus dem Häuschen. Ich glaube, Toby möchte auch Arzt werden, wenn er groß ist, weil er dann im Radio und in der Zeitung ist. (Außerdem hat er uns noch gestanden, dass er gerne den Leuten das Herz rausreißen möchte, weil er das mal in einem Film gesehen hat.) Katie will inzwischen DJ werden. In diesem Bereich hat dein Erfolg sie also nicht im Geringsten beeinflusst: Sie möchte lieber in eine Branche einsteigen, in der man dafür sorgt, dass die Menschen eine Herzattacke kriegen .
Ich bin immer noch im Two Lakes Hotel. Weiterhin an der Rezeption, weiterhin dafür zuständig, dass die großen bösen Kunden ein Glasdach über dem Kopf haben. Mein Chef ist zurzeit in den Staaten, wo er schon wieder ein neues Hotel aufgemacht hat, deshalb denke ich, wir werden lange Zeit ohne die Lake-Brüder auskommen müssen. Dafür haben sie eine Reihe trauriger Teamexperten auf uns gehetzt, die uns beibringen, wie wir besser miteinander auskommen. Nächste Woche geht der Anführer – er heißt Simon – mit uns Kanu fahren, damit wir »auch außerhalb der Arbeitsumgebung miteinander kommunizieren und über unsere Probleme diskutieren lernen«.
Jetzt frage ich mich nur Folgendes: Wie kann ich Tania von der Rezeption begreiflich machen, dass ich deshalb nicht mit ihr rede, weil mir ihre unnatürlich hohe Stimme in den Ohren wehtut, weil ich es hasse, wie sie am Ende jedes Satzes »meinst du nicht?« sagt, weil ihr knallrosa Lippenstift an den Zähnen klebt und überhaupt nicht zu ihrer Haarfarbe passt? Oder Steven: Er hat morgens einen Mundgeruch, der an schmutzige Babywindeln erinnert, und ich warte immer nur darauf, dass er endlich zur Kaffeepause geht, denn danach duftet er vergleichsweise nach Rosenblüten. Geoffrey hat ein ernstes Achselschweißproblem. Fiona leidet unter Blähungen – keine Ahnung, was für ein Zeug sie isst. Tabitha nickt bei jedem Wort und sagt »richtig«, aber noch schlimmer ist es, wenn sie mir mitten im Satz ins Wort fällt, weil sie meint, sie weiß, was ich sagen will – nur stimmt es meistens nicht. Henry trägt weiße Socken und schwarze Schuhe, Grace summt jeden Tag dasselbe Spice-Girls-Lied vor sich hin, was mich wahnsinnig macht, aber dazu führt, dass ich es selbst singe, wenn ich heimkomme, und dann hat Katie mal wieder allen Grund, ihre altmodische Mutter, die keine Ahnung von den Charts des neuen Jahrzehnts hat, aus tiefstem Herzen zu verachten.
Sie treiben mich alle glatt in den Wahnsinn. Vielleicht ist der Kanutrip doch eine gute Idee, dann kann ich einfach alle ertränken. Alex, schreib mir und erzähl mir was aus deinem Leben.
Liebe Grüße,
Rosie
Liebe Rosie,
tut mir Leid, dass ich mich in letzter Zeit so selten gemeldet habe, aber ich hatte super viel zu tun. Obwohl das eigentlich keine Entschuldigung ist. Über meine
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