Für immer zwischen Schatten und Licht ("Schatten und Licht"-Saga 2) (German Edition)
Wangen strömen. Langsam atmete ich aus und antwortete erst, als ich mir sicher war, halbwegs normal sprechen zu können: „Natürlich, ich bin gerade nach Hause gekommen. Was gibt‘s?“
„Ich habe mir überlegt, dass ich dich morgen Nachmittag mit dem Auto abholen könnte. Dann musst du dein ganzes Zeug fürs Campen nicht mit dem Bus transportieren.“
„N-nicht nötig. Ich hab gar nicht so viel Gepäck.“
Rasmus lachte. „Und das von dem Mädchen, das sogar zum Schulball ein Buch mitgebracht hat? Komm schon, ich mache das wirklich gern.“
„Nein!“, wehrte ich heftiger ab als geplant. Rasmus durfte nicht hier aufkreuzen, so lange die Gefahr bestand, dass Sam sich ganz in der Nähe aufhielt. „Falls ich Hilfe brauche, kann ich ja auch meine Eltern fragen. Wir sind doch sowieso von morgen Abend bis Sonntagmittag zusammen, da müssen wir wirklich nicht unbedingt gemeinsam fahren!“
Zu spät wurde mir klar, wie abweisend meine Worte wirkten. „Klar, wie du willst“, sagte Rasmus knapp. „Bis morgen.“
Er legte auf, und ich fühlte mich gleich noch verlassener als zuvor. Mein Entschluss stand jedoch fest: Ich würde Sam das ganze Wochenende lang mit keiner Silbe erwähnen. Sollte er doch vor dem Netherworld warten, bis er schwarz wurde! Allerdings blieb die Frage, wie es nach dem Campingausflug weiterging …
Ich schlang die Arme fest um meine angewinkelten Knie und versuchte so meine Angst niederzukämpfen, bis meine Eltern von der Arbeit kamen. Als ich die beiden auf der Vordertreppe hörte, machte ich einen Satz von der Tür weg und wischte mir über die Augen, aber trotzdem war mir wohl anzusehen, dass etwas nicht stimmte.
„Hast du geweint?“, fragte meine Mutter, kaum dass sie in den Flur getreten war. „Ist es wegen dieses Jungen?“
Mein Vater stupste sie mit dem Ellenbogen an und tuschelte ihr etwas zu, das sich wahrhaftig wie Rudolphus anhörte.
„Alles bestens, ich … ich hab nur mal wieder Die Brücken am Fluss gelesen“, log ich, worauf meine Mutter mit einem bekümmerten Kopfschütteln reagierte.
„Ach, Schätzchen, das solltest du doch nicht mehr.“
„Schon okay. Ich geh jetzt mal nach oben, für morgen muss ich nämlich noch die ganzen Unterlagen über die Mondfinsternis durcharbeiten …“
Schnell stieg ich die Treppe hinauf und verdrückte mich in mein Zimmer, um weiteren Fragen zu entgehen. Zur Ablenkung kramte ich tatsächlich die Infoblätter hervor, die Professor Osorio ausgeteilt hatte, und setzte mich damit auf mein Bett – nur um wenige Minuten später wieder aufzuspringen und zum Fenster zu laufen. Ich schaute eine Weile in den Garten hinunter, der vom beinahe vollen Mond in ein gelbliches Licht getaucht wurde, dann zog ich die Vorhänge lückenlos zusammen. Es nützte allerdings nicht viel: Die Furcht, beobachtet zu werden, ließ sich nicht vertreiben.
***
Am nächsten Morgen fühlte ich mich nach dem Aufwachen wie zerschlagen. Ich hatte den Eindruck, während der ganzen Nacht niemals länger als eine Stunde am Stück geschlafen zu haben, weil ich immer wieder aus meinen wirren Träumen hochgeschreckt war. Auch jetzt war ich viel zu aufgewühlt, um mich noch einmal im Bett umzudrehen. Stattdessen zog ich mich rasch an und packte danach ungefähr fünfmal meinen Rucksack, bis ich den Reißverschluss endlich komplett zubekam.
Um acht Uhr, als meine Mutter mit zerzausten Haaren in die Küche schlurfte, saß ich bereits am Tisch und versuchte, mich auf das Buch zu konzentrieren, das am Vortag geliefert worden war. Auch wenn mir das ungewöhnlich schwerfiel, konnte ich so wenigstens die Zeit totschlagen, bis mich mein Vater gegen siebzehn Uhr zum Treffpunkt bei der Schule fuhr.
Auf dem Parkplatz wartete bereits ein Bus, der alle Exkursionsteilnehmer zu einer Wiese am Stadtrand bringen sollte. Ich hievte meinen Rucksack hinein und suchte einen freien Platz. In der letzten Reihe entdeckte ich Rasmus, der nur kurz die Hand hob, als sich unsere Blicke trafen. Am liebsten wäre ich gleich zu ihm geeilt, aber unser Telefongespräch lag mir immer noch schwer im Magen, und ich wusste nicht, ob ich meine Beunruhigung wegen Sam glaubhaft überspielen konnte.
Jinxy erschien neben mir und griff nach meinem Arm – natürlich war ihr meine Unsicherheit nicht entgangen. „Süße, ziehen da etwa dunkle Wolken über dem Liebesparadies auf?“, fragte sie neugierig.
Zögernd schüttelte ich den Kopf. „Ich glaube nicht.“
„Du glaubst?“, wiederholte
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