Fuer immer zwischen Schatten und Licht
sich auf diese Weise schützen, und ihre Lippen waren zusammengepresst. Nach einigen Sekunden entgegnete sie unsicher: „Das könnte aber auch ein Zufall sein. Serafina hat doch erzählt, dass sie die Wohnung mit jeder Menge Krempel darin übernommen hat! Sicher hat dieses Ding dem früheren Mieter gehört, und es sieht nur so ähnlich aus wie das von Dina.“
„Der Hausmeister hat wohl kaum antike Kultgegenstände gesammelt!“ Wieder begann ich durch den Raum zu tigern, obwohl mir vom Adrenalinstoß ganz schwindlig war. Außerdem ging mein Atem viel zu schnell, doch ich hätte mich unmöglich aufs Sofa setzen können, um mich zu beruhigen. „Ich weiß gar nicht, warum mir der Gedanke nicht schon früher gekommen ist! Aber ich war wohl zu sehr mit meiner Sorge um Rasmus beschäftigt, als dieser Obelisk aus dem Schrank gefallen ist. Und Serafina hatte es ja ganz schön eilig, uns aus dem Flur zu vertreiben.“
„Ja, weil ihr die Unordnung peinlich war, das hast du doch gehört!“ Jinxys Stimme wurde immer lauter, sie schrie es mir fast entgegen, als ihre Angst sichtlich in Wut umschlug. „Das beweist überhaupt nichts! Und wann sollte Serafina … das getan haben? Nach unserem Besuch bei Dina war sie doch die ganze Zeit mit uns …“ Ihre Augen weiteten sich, und ich wusste, dass sie nun die Erinnerung an jenen Nachmittag abspulte: wie Rasmus und ich uns auf den Weg zur Bibliothek gemacht hatten, während sie selbst mit Sam im Auto geblieben war – ohne Serafina.
„Sie hatte genug Zeit, um zu Dina zurückzukehren“, sprach ich aus, was sie wohl gerade dachte. „Nur um ihre Spuren zu beseitigen hat es nicht gereicht, also hat sie den Obelisken einfach mitgenommen. Wahrscheinlich hat sie bereits geahnt, dass die Polizei Dinas letzte Kunden befragen würde, und sie wollte sich für eine Überprüfung der Fingerabdrücke oder der DNA absichern. Vielleicht war es auch nur eine Kurzschlussreaktion! Welche Erklärung hast du denn sonst dafür, dass dieses Ding in ihrem Schrank war?!“
Jinxy schüttelte heftig den Kopf. Sie sah aus, als wäre ihr schlecht, und meine Worte schienen ihre Übelkeit immer mehr zu verstärken. „ Jede Erklärung ist logischer, als dass Serafina jemanden umgebracht hat! Dazu hat sie doch gar kein Motiv, und was hat das alles überhaupt mit Rasmus zu tun?“
Nur mühsam gelang es mir, meine Ungeduld zu zügeln. Ich konnte förmlich spüren, dass mir die Zeit wie Sand durch die Finger rieselte, während ich mich mit Erklärungen aufhielt. „Überleg doch mal – wenn Dina uns verraten hätte, was wir gegen den Abaddon tun können, wäre Rasmus das Drängen der Richter bald losgeworden! Sie hätten sich wieder sicher gefühlt und ihm erlaubt, für immer in der irdischen Welt zu bleiben. Aber genau das wollte Serafina um jeden Preis verhindern! Du warst nicht dabei, als sie mich überreden wollte, Rasmus zurückzuschicken. Du hast nicht gehört, wie versessen sie darauf war, dass …“
„Aber warum?“, fuhr Jinxy dazwischen. „Warum sollte es ihr derart wichtig sein, dass Rasmus heimkehrt?“
„Weil sie ihn liebt!“ Jetzt war meine Stimme genauso laut wie Jinxys, und mein Puls raste. Dass ein mitleidiger Ausdruck über ihr Gesicht huschte, machte es nur noch schlimmer. „Ich weiß, was du denkst – arme Lily, verliert vor lauter Eifersucht den Verstand. Dabei hatte ich die ganze Zeit Recht mit meinem Misstrauen! Eigentlich hat Serafina sogar selbst zugegeben, dass sie absolut alles tun würde, um Rasmus an sich zu binden. Außerdem hast du ja an ihrem Verhalten gegenüber Dina gesehen, dass ihr ein Menschenleben weniger als nichts bedeutet! Sie hält es für ein wertloses Dasein, und warum sollte sie dann Skrupel haben, so etwas für ihre eigenen Ziele zu opfern?“
„Aber hier geht es trotzdem um Mord “, sagte Jinxy schneidend. „Lily, wenn die Richter davon Wind bekommen, verhängen sie doch dieselbe Strafe über Serafina wie damals über Rasmus und Sam! Und was nützt es ihr, dass Rasmus in den Himmel zurückkehrt, wenn sie selbst in die Hölle geschickt wird?“
„Die Richter wissen auch nicht alles.“ Ich gab mein schnelles Umherwandern auf, sobald ich direkt vor Jinxy stand. „Wäre Serafina nicht freiwillig hier, läge der Fall anders. Rasmus hat mir einmal erklärt, dass beim Abschneiden der Flügel eine Art Bann auf den verurteilten Engel gelegt wird, durch den er auf Schritt und Tritt überwacht werden kann. Aber als die Sache mit Sophie passiert ist,
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