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Fuer immer zwischen Schatten und Licht

Fuer immer zwischen Schatten und Licht

Titel: Fuer immer zwischen Schatten und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
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Zimmerpflanze, die wohl dazu dagewesen war, um zwischen den grau gesprenkelten Bodenfliesen und den schmutzig weißen Wänden für etwas Farbe zu sorgen. Die folgenden Zimmer wirkten nahezu identisch – in manchen hingen Landschaftsbilder, auf einem Schreibtisch entdeckte ich einen leeren Kaffeebecher und anderswo einen altmodischen Ventilator, aber ansonsten war die Einrichtung überall gleich. Immer schneller ließ ich meinen Blick durch die Räume gleiten, aber trotzdem verstrichen mehrere Minuten, bis ich den gesamten Flur abgesucht hatte. Mein Rückgrat verspannte sich, als ich vom Display meines Handys die Uhrzeit ablas: Wenn ich auf jedem Stockwerk so lange brauchte, würde Serafina bestimmt hier aufkreuzen, ehe ich Rasmus gefunden hatte.
    Obwohl es in dem alten Gebäude ziemlich kalt war, brach mir nun der Schweiß aus. Ein dünner Film bildete sich auf meiner Oberlippe und auf meinem Rücken. Fröstelnd eilte ich zurück, an den Büros vorbei, bis zu dem Aufzug am Anfang des Flurs. Ich betete, dass das altmodische Ding funktionierte, und tatsächlich erwachte es auf Knopfdruck mit einem wenig vertrauenerweckenden Ächzen zum Leben. Vor Nervosität schaute ich immer wieder über die Schulter, während die Fahrkabine sich im Zeitlupentempo zu mir herabsenkte. Nachdem ich sie betreten hatte, fühlte ich mich durch die Enge aber nur noch schlechter. Inzwischen ging mein Atem sehr flach, und mir kam es so vor, als bekäme ich nicht genügend Luft. Ruckelnd und rumorend quälte sich der Aufzug bis zur ersten Etage. Dort angekommen, verließ ich die Kabine jedoch nicht, sondern steckte nur den Kopf hinaus.
    „Rasmus?“, flüsterte ich in den Flur. Mein Mund war auf einmal staubtrocken. Bisher hatte ich jedes laute Geräusch vermieden, und es kostete mich enorme Überwindung, nun absichtlich auf mich aufmerksam zu machen. Andererseits musste ich es einfach riskieren, um Rasmus rechtzeitig zu entdecken. Vielleicht waren seine Sinne ja doch noch ein wenig schärfer als die eines normalen Menschen, sodass er mich hören konnte. Und dann blieb mir nur zu hoffen, dass er überhaupt in der Lage war, zu antworten …
    Mit mühsam erhobener Stimme rief ich noch einmal: „Rasmus, bist du da?“
    Keine Reaktion. Ich wich hastig in die Kabine zurück, und sobald die Tür geschlossen war, setzte sich der Fahrstuhl in Bewegung. Im zweiten Stock rief ich abermals nach Rasmus, wieder erschrak ich vor meiner eigenen Stimme … und auch hier rührte sich nichts. Dasselbe Spiel in der nächsthöheren Etage. Nun blieben mir nur noch ein Stockwerk und das Dachgeschoss, und wenn ich bis dahin nicht fündig geworden war, hatte ich keine andere Wahl, als wieder jedes Bürozimmer einzeln zu durchsuchen. Mittlerweile schwitzte ich so stark, dass mir mein T-Shirt zwischen den Schulterblättern klebte. Ohne Hoffnung auf Erfolg neigte ich mich im vierten Stock aus der Kabine, rief und drückte dann bereits auf den nächsten Knopf, als mich ein Geräusch innehalten ließ – ein blecherner Schlag, leise, aber nicht allzu weit entfernt: Klonk.
    Ich sprang aus dem Fahrstuhl und hielt den Atem an, während die Kabine ohne mich ins Dachgeschoss aufstieg. Kaum war das Ächzen des Aufzugs verstummt, hörte ich es wieder; es war eindeutig ein Zusammenstoß mit einem metallischen Gegenstand, der einen unheimlichen Nachhall erzeugte. Der Klang fuhr mir bis in die Knochen und schien dort zu vibrieren. Zögernd machte ich die ersten Schritte in den Gang hinein. Auch hier gab es eine behängte Pinnwand: Auf einem Plakat wurden Menschen zu einem Betriebsfest eingeladen, die nun schon längst in alle Winde zerstreut waren. Ich schaffte es kaum, mir diese einsamen Räume belebt vorzustellen, und dass es einmal nicht nur meine Füße gewesen waren, die über den gesprenkelten Boden tappten.
    Klonk. Beinahe wäre ich gestolpert, als das Geräusch erneut die Stille durchschnitt, viel näher als zuvor. Ein eisiger Schauer lief meinen Rücken hinunter und hinterließ eine Gänsehaut. Was, wenn das gar keine Antwort auf meinen Ruf war? Wenn es nicht von Rasmus kam, sondern von irgendetwas anderem … oder irgendjemand? Ich kämpfte gegen das Verlangen, sofort zum Fahrstuhl zurückzulaufen und zu fliehen – nichts wie weg von dieser furchtbaren Leere, der Ungewissheit und den gespenstischen Schlägen, die mir entgegenschallten. Klonk …
    Vor der dritten Tür machte ich Halt. Hier musste es sein, da war ich mir sicher: Das Hämmern klang nun schon so

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