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Fuer immer zwischen Schatten und Licht

Fuer immer zwischen Schatten und Licht

Titel: Fuer immer zwischen Schatten und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
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Drahtbügel gefädelten Kugeln, die Planeten darstellen sollten. Zumindest vermutete ich das, obwohl ich die Erde vergeblich suchte. Auch auf die pergamentenen Landkarten, die daneben lagen, konnte ich mir keinen Reim machen, und mir wurde wieder einmal bewusst, wie wenig ich bisher über die Lichtwelt erfahren hatte. Metaphorisch für den Himmel sagte ich zwar genau wie Rasmus „da oben“, wenn ich davon sprach, aber konnte man sie überhaupt geographisch verorten? Und wie sah es außerhalb dieses weißen Eingangsbereichs aus, der den Lichtwesen als eine Art Zentrum diente? Rasmus war so schrecklich verschlossen, was seine alte Heimat betraf, und Sam Informationen zu entlocken, hatte ebenfalls etwas von Mäusemelken. Neugierig stellte ich mich auf die Zehenspitzen und begann, im Stapel Pergamente zu blättern. Vielleicht würde ich ja durch die schwarzen Tintenstriche schlauer werden.
    Was dann geschah, kam mir zunächst gar nicht weiter schlimm vor. Ich hielt es nicht einmal für eine Äußerung meines Pechvogel-Gens, schließlich war es vollkommen normal, dass in einer Rumpelkammer meine Nase juckte. Bei meinem herzhaften Nieser wurde der Staub von den Landkarten hochgewirbelt, und ich wedelte mit beiden Händen durch die Luft, um den grauweißen Schleier zu vertreiben. Erst als sich die meisten feinen Partikel wieder gelegt hatten, traf mich die Erkenntnis wie ein Schlag: Engel niesen nicht.
    Im nächsten Augenblick flog auch schon die Tür auf, und ich schaute in die ungläubigen Mienen dreier Lichtwesen.
    „Ähm, hi“, sagte ich.
    Das darauffolgende Schweigen lastete mindestens so schwer wie jenes, wenn Jinxy von Professor Grabowski an die Tafel gerufen wurde. Die drei sahen derart entsetzt aus, dass es wohl nicht lange dauern würde, bis sie um Hilfe riefen oder mich in Ketten legten oder was auch immer man sonst in der Lichtwelt mit frei herumlaufenden Irdischen anstellte. Vor lauter Panik schaltete mein Gehirn auf Leerlauf, bis mir einfiel, dass Sam mich doch auf genau so eine Situation vorbereitet hatte: Es wurde Zeit, dass ich die trinkfreudige, aber harmlose Partymaus spielte, deren Kleidung ich trug.
    Ich senkte die Lider halb über meine Augen und zwang ein dümmliches Grinsen in mein Gesicht. „Leute, ich weiß wirklich nicht, wie ich hier gelandet bin. Erst haben wir gefeiert, danach hatten wir ein bisschen Spaß in diesem Steinbruch, und dann war ich auf einmal hier! Ist ja eine echt krasse Bude“, sagte ich und versuchte zu hicksen. Das taten Betrunkene ja üblicherweise, oder? Meine Erfahrungen auf diesem Gebiet beschränkten sich auf den Abend des Schulballs, an dem ich zu viel Sekt erwischt und anschließend in Rasmus‘ Gesellschaft meinen kleinen Schwips ausgeschlafen hatte … Aber daran durfte ich jetzt nicht denken, wenn ich mich konzentrieren wollte. „Jedenfalls habe ich den Typen verloren, der mich hergebracht hat“, fuhr ich tapfer fort. „Aber dafür hab ich jetzt euch gefunden – euch … sechs? Oder seh ich gerade alles doppelt? Hahaha!“ (Ich weiß, ich weiß. Es hat schon seinen Grund, warum ich mich nie für die Theater-AG gemeldet habe.)
    Trotz meiner jämmerlichen Schauspielkünste war es mir gelungen, wenigstens zweien von ihnen – vom Typ her Robert Pattinson und Scarlett Johansson – den anfänglichen Schrecken zu nehmen. Die beiden betrachteten mich nun wie einen etwas übergewichtigen kleinen Hund, der versucht, seinen eigenen Schwanz zu fangen: mäßig interessiert, ein wenig belustigt und sehr, sehr herablassend. Nur der dritte – ein würdiger Ersatz für Johnny Depp zur Zeit von Edward mit den Scherenhänden – hatte die Augenbrauen zusammengezogen und schien zu überlegen, ob er mich bloß verachten oder doch lieber Alarm schlagen sollte. Offenbar fand er meine Vorstellung nur bedingt vertrauenerweckend.
    Unter seinem prüfenden Blick steigerte sich meine Nervosität so sehr, dass ich das Gefühl hatte, mich jeden Moment übergeben zu müssen. Zu spät bemerkte ich, dass mein einfältiges Grinsen in sich zusammengefallen war. Wenn ich nicht noch eins draufsetzte, würde ich gleich richtig in Schwierigkeiten stecken. Okay, ich musste mir einfach nur vorstellen, Jinxy zu sein. Jinxy, nachdem sie ein großes Glas Rum mit einem Schuss Cola in sich hineingekippt hatte.
    „Hey, du“, sagte ich mit derselben etwas kieksigen Stimme, in die ich auch immer verfiel, wenn ich vor der ganzen Klasse ein Referat halten musste. „Mit den Schokoladenaugen. Du

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