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Für Nikita

Für Nikita

Titel: Für Nikita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Geheimnis. Doch auf dem Schreibtisch des Ersten Sekretärs
     der Gebietsleitung landete die Meldung, daß bei der Siedlung Gelbe Schlucht vermutlich noch eine Goldader existierte.
    Pjotr Russow hatte es nicht eilig, die Nachricht nach oben, nach Moskau, weiterzuleiten. Aber außer ihm hatte noch jemand
     von der Goldader erfahren: der Kriminelle Spely aus Sinedolsk.
    Der Kriminelle und der Parteiboß verhandelten miteinander, am Ende wurde beschlossen, die Goldader vorerst nicht anzurühren.
     Beide wußten, daß die Zeit dafür noch nicht reif war. Es würde eine Menge Probleme geben mit dem Absatz und auch mit der Förderung.
    Russow senior zerbrach sich lange den Kopf, woher man die Arbeitskräfte nehmen sollte, Leute, die für wenig Geld das Gold
     förderten und über die Angelegenheit schwiegen, doch ihm fiel nichts ein.
    Spely wanderte indessen für einige Jahre ins Gefängnis. Russow senior wurde schwer krank und erzählte vor seinem Tod seinem
     Sohn Grischa von der Goldmine.
    »Das wichtigste ist, Leute zu finden«, sagte der sterbende Russow, »Leute, die schweigen und arbeiten. Es gibt Goldwäscher-Artels,aber die sind teuer. Außerdem können über die Informationen nach außen dringen. Wenn du das Problem mit den Leuten löst, ist
     alles andere ein Kinderspiel. Doch sieh zu, daß du niemanden um Hilfe bittest außer Spely. Er kommt bald raus. Er wird sich
     um die Bewachung kümmern.«
    Die Idee, Menschen einzusetzen, die einer speziellen psychischen Manipulation unterzogen worden waren, kam Russow nicht sofort.
     Er beschäftigte sich mit Sekten und erkannte, daß sie ein Ort waren, wo Menschen zu schweigenden, anspruchslosen und zuverlässigen
     Arbeitskräften gemacht wurden, durchaus geeignet für die Goldgewinnung. Nach langer Beobachtung fiel seine Wahl auf Shanli.
     Er wartete ab, bis Spely seine Strafe abgesessen hatte, und 1993 traf schließlich die erste Partie Goldwäscher ein.
    Die Goldgewinnung kam ins Rollen. Russow sorgte für unbezahlte schweigsame Arbeitskräfte, Spely für die Bewachung und die
     Disziplin in der benachbarten Siedlung Gelbe Schlucht. Der Erlös vom Goldverkauf bildete den Grundstock für Russows Kapital,
     er deckte die Ausgaben für den Wahlkampf. Entscheidend für den Wahlsieg war jedoch auch die Unterstützung durch Spely, der
     daran interessiert war, daß Russow der erste Mann im Gebiet wurde.
    Das einzige Problem war, daß die von Shanli manipulierten Menschen nicht lange lebten.
     
    Nikita Rakitin riß sich vom Notebook los, lief durch das kleine Zimmer, hockte sich vor den Ofen und stocherte in den erlöschenden,
     nur noch schwach glimmenden Kohlen. Er war mit seiner Arbeit fast fertig. Noch kein Buch war ihm so schwergefallen. Vor seinen
     Augen standen die toten Gesichter der Frauen und Kinder, die schwarzen Pentagramme. Manchmal glaubte er keine Zeile mehr schreiben
     zu können.
    Der Wind heulte. Die schwarzen Blätter der Espe vorm Haus zitterten, schlugen gegen das Fenster, das Mondlicht und die Schatten
     des Baumes warfen bewegte Muster auf den Dielenboden. In der Ferne ratterte bedächtig, anheimelnd der nächtliche Güterzug
     vorüber. Am anderen Ende des Dorfes bellte leise und zaghaft ein Hund.
    Nikita zog seinen alten Regenmantel mit Kapuze über und ging hinaus. Es war Mitternacht. Im Dorf war kein einziges Fenster
     erleuchtet. Dumpf rauschte der Eichenwald, es fiel ein kalter Nieselregen. Vom langen Sitzen am Computer taten ihm die Schultern
     weh. Langsam schlenderte er die schlafende Dorfstraße entlang. Die einzige Lampe brannte ganz vorn, wo die Dorfstraße die
     Landstraße kreuzte.
    Er lief mit gesenktem Kopf und hatte das Gefühl, tatsächlich tot zu sein. Ringsum menschenleere Felder, der menschenleere
     Eichenwald.
    Die Lampe schwankte im Wind. Das Licht riß nasse Brennesseln und Wegerich aus der Dunkelheit und den Rand eines schwarzen
     Bretterzauns. Der Hund hinterm Zaun klirrte mit der Kette und bellte. Nikita vernahm schnelle, leichte Schritte. Er hob den
     Kopf und erblickte vor sich im Lampenlicht eine schlanke Silhouette. Enge Jeans, eine weite Jacke, eine Tasche über der Schulter,
     eine tief in die Stirn gezogene Schirmmütze.
    Sie wußten nicht, wie lange sie schweigend umarmt auf der Kreuzung standen, im Nieselregen, im Lichtkegel der Straßenlampe.
    Nikita kam als erster zu sich, er merkte, daß sie sich kaum auf den Beinen halten konnte und daß ihre Jacke völlig durchnäßt
     war. Er nahm ihr die Tasche ab und

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