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Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Titel: Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: April Genevieve Tucholke
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während sein Hemd sich tiefrot färbte, genau wie das von Daniel Leap. Er lachte, als er sich die Glasscherbe aus dem Fleisch riss und sie zu Boden fallen ließ. Das Blut sprudelte noch heftiger aus der Wunde und plötzlich fing Brodie an zu schreien. Genau in dem Moment, in dem der Kessel pfiff.
    Dann wurde mir schwarz vor Augen.

Neunundzwanzigstes Kapitel
    »Eigentlich hätte ich sterben müssen.
    Ich war schon so gut wie tot gewesen.
    Stattdessen war ich mit verbundenen Handgelenken und einer Infusionskanüle in der Armbeuge im Krankenhaus aufgewacht. Luke hatte an meinem Bett gesessen und sofort nach meiner Hand gegriffen, als ich die Augen aufschlug.
    »Wie geht es dir, Vi?«, hatte er gefragt und sich bemüht, nicht allzu besorgt zu klingen.
    Die Ärzte glaubten, ich hätte versucht, mir das Leben zu nehmen, und hatten mir mit ernster Miene Adressen von Therapeuten und Selbsthilfegruppen sowie diverse Aufklärungsbroschüren gegeben, mich dann aber fürs Erste in Ruhe gelassen, wofür ich dankbar war.
    Ich hatte viel Blut verloren. Beinahe zu viel. Aber als Brodies Bann von River und Luke abgefallen war, schafften sie mich zusammen mit Neely in Rivers Wagen, wo ich die schönen alten Polster vollblutete. Neely, der wusste, was zu tun war, hielt mich während der letzten Minuten, auf die es ankam, am Leben.
    Zu dem Zeitpunkt war Brodie längst nicht mehr da. Vielleicht war er zur Hölle gefahren.
    Sunshine lag vier Tage im Koma.
    Nachdem Cassie und Sam wieder zu sich gekommen waren, rieben sie sich die Augen und entdeckten ihre bewusstlose Tochter mit einer blutenden Kopfwunde im Wohnzimmer. Die Polizei ging davon aus, dass es die Tat eines der Obdachlosen war, die von Zeit zu Zeit mit den Güterzügen in unsere Stadt kamen. Denn wer sonst sollte in unserem beschaulichen Echo solch ein Verbrechen begehen? Vermutlich war der Mann bei den Blacks eingebrochen, Sunshine hatte ihn auf frischer Tat ertappt, und er war mit einem Baseballschläger auf sie losgegangen, den er vorher zufällig in der Nähe des Hauses gefunden hatte. Anschließend war er wahrscheinlich auf den erstbesten vorbeifahrenden Zug aufgesprungen und hatte sich wieder aus dem Staub gemacht. So lautete die offizielle Version, die jeder bereit war zu glauben.
    Als ich Sunshine ein paar Tage, nachdem sie aus dem Koma erwacht war, ganz behutsam fragte, ob sie sich daran erinnern könne, wie der Mann ausgesehen hatte, der den Baseballschläger gehalten hatte, fuhr sie mich an, ich solle still sein, drehte mir den Rücken zu und rollte sich zusammen.
    »Ich hab denen von der Polizei schon gesagt, dass ich mich nicht erinnern kann«, murmelte sie nach einer Weile. »Und dir sage ich es auch, Vi. Ich kann mich nicht erinnern. Und jetzt sei so lieb und besorg mir ein Glas Eistee.«
    Möglicherweise war das Vergessen eine Nebenwirkung von Brodies Blitz. Bei Rivers Funkeln war es ja auch manchmal so. Ich wusste es nicht. Ich selbst konnte mich nämlich noch verdammt gut daran erinnern, was Brodie mit mir getan hatte. Also erinnerte sich Sunshine vielleicht auch. Aber sie verlor nie auch nur ein einziges Wort darüber.
    Kurz nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus, kamen wir auf dem Weg in die Stadt an ein paar Jungs in Baseball-Trikots vorbei. Einer von ihnen, ein dünner kleiner Kerl mit roten Haaren, spielte mit einem Baseballschläger und warf ihn lässig zwischen der rechten und linken Hand hin und her. Jedes Mal, wenn der Schläger in seiner Handfläche auftraf, zuckte Sunshine zusammen, und ich sah, wie ihr die Tränen in die Augen traten. Aber ich sagte nichts. Und auch sie sagte nichts. Dann gingen wir ins Café, und sie fand ihr Lächeln wieder und flirtete mit Gianni, der hinter der Theke stand. Das Leben ging weiter, wie es das immer tut.
    Seit dem Feuer im Dachstuhl redete Gianni nicht mehr mit mir. Er sah mich noch nicht einmal mehr an, wenn er mir einen Kaffee hinstellte. Ich vermutete, dass er Angst hatte. Dass ich ihn an die Nacht erinnerte, in der er wahnsinnig gewesen war … und in der Neely ihm Geld gegeben hatte, damit er den Mund hielt.
    Ich fragte mich, ob es irgendwann wieder so wie früher zwischen uns werden würde. Ob er mich wieder anschauen würde, wenn Neely und River die Stadt verlassen hatten. Aber ich fragte mich auch, wie wichtig mir das war.
    Als Polizisten die Bahngleise nach Spuren des Mannes absuchten, der Sunshine angegriffen hatte, entdeckten sie den toten Jungen. Sie nahmen an, dass er die Gleise entlanggelaufen

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