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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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bewegen. Langsam rappelte sie sich hoch und stand auf.
    Sie stand da, und die stinkende Brühe tropfte von ihr, sodass es ihr beinahe den Atem nahm. Durch den Holzdeckel über ihr drang ein feiner Schimmer Licht. Langsam gewöhnten ihre Augen sich an die Finsternis. Der Raum war beinahe viereckig, gerade so hoch, dass sie noch darin stehen konnte. Er wurde oben von einer Luke aus nicht ganz bündig anliegenden Holzbrettern verschlossen. Durch die Ritzen hindurch sickerte das spärliche Licht. Auch die Wände waren aus Holz, doch so feucht und glitschig, als befände sie sich unter Wasser. Sofort keimte ein Verdacht in ihr. Es gab nur einen einzigen Ort in Augsburg, von dem jeder wusste, dass es dort so aussah wie hier, auch wenn man selbst ihn noch nie mit eigenen Augen gesehen hatte: die Wasserzelle im Stadtgefängnis, in den Hexenlöchern.
    Ein Frösteln überlief sie, und ihre Zähne schlugen aufeinander. Der Büttel hatte sie niedergeschlagen und auf einen Karren geworfen. Und man hatte sie eingesperrt. Man hatte sie in das schlimmste Loch gesperrt, das es in der Stadt gab. Warum? Sie hatte doch nichts getan. Sie hatte nur ...
    Über sich hörte sie die kehlige Stimme des Büttels, hörte Ketten rasseln, hörte die mit Eisen beschlagenen Stiefel des Mannes über die Holzbohlen laufen und das Schreien von mindestens drei Männern. Doch sie verstummten unvermittelt.
    Sie trat einen Schritt von der Luke weg, weil sie befürchtete, ein weiteres Opfer könnte zu ihr herabgeworfen werden, doch sie blieb allein.
    Man hatte sie zu Unrecht hier eingesperrt. Man hatte sie mit jemandem verwechselt. Man hatte sie ... Die Nässe kroch ihr die kalten Beine hoch – und plötzlich war der Schmerz wieder da. Der Schmerz über die Behandlung hier, der Schmerz ihrer Verbrennungen, der Schmerz über den Verlust ihrer Lieben.
    Sie wollte schreien, doch nichts als ein jämmerliches Krächzen kam über ihre Lippen, sie hämmerte mit den Fäusten gegen die schwere Holzluke über ihr, hämmerte gegen die feuchten Bohlen an den Wänden. Doch selbst ihre Schläge waren nur ein mattes Wummern.
    Sie würde allein bleiben, niemand würde sie suchen oder nach ihr sehen: kein Ehemann, kein Onkel, keine Tante, keine Kinder. Ihr Mann war verbrannt, die Tochter wohl ebenfalls – und nicht einmal mehr gute Freunde erkannten sie.
    Erschöpft lehnte sich Hannah gegen die glitschige Wand desKerkers und schloss die Augen. Doch mit einem Mal zog die Wucht der Erkenntnis ihr die Beine unter dem Leib weg, und sie sank erneut in den Dreck des Bodensatzes. Wenn sie nicht bald eine Salbe auf ihre wunden Hautstellen bekam, würden diese sich entzünden, und die Entzündung würde sie langsam auffressen. Sie wartete – auf den Tod.
    Verzweifelt rappelte sie sich wieder auf und hockte sich so in eine Ecke des Raumes, dass sie möglichst nicht im Wasser saß. Ihr Kleid hatte sich bereits vollgesogen mit der Brühe und wurde mit jedem Augenblick schwerer. Hannah überlegte, was zu tun sei. Sie zermarterte sich den Kopf, wie sie ihre Lage verbessern, wie sie Hilfe herbeiholen könnte.
    Zuerst musste sie ihre Stimme wieder zurückbekommen. Die Hitze und der Rauch hatten ihr zugesetzt, doch jetzt war es kühl, feucht, und kein stechender Rauch verätzte ihre Kehle. Hannah versuchte zu summen, dann einen Laut zu formen. Doch nur ein mattes Zischen kam aus ihrem Hals. Unzählige Male stemmte sie sich gegen ihre Stummheit, und ebenso oft versagte die Stimme. Es war hoffungslos.
    In ihrem Kopf nistete sich Verzweiflung ein. Wenn Jakob und Gera, ihre beiden liebsten Menschen, tot waren, was sollte sie noch auf dieser Welt? Sie sollte ihnen besser ins Jenseits folgen.
    Irgendwann hörte sie über sich die Bohlen ächzen, und die schwere Holzklappe öffnete sich. Eine Stimme brummte etwas von Essen, dann platschte etwas vor ihr ins Wasser. Sie konnte nicht genau sehen, was es war, denn der plötzliche Lichteinfall machte sie blind. Erst als die Klappe über ihr wieder zufiel, kroch sie vorwärts und tastete danach. Es war ein kleiner Flechtkorb, der Brot und eine Schweinsblase mit Flüssigkeit enthielt. Das Brot hatte sich bereits mit dem Brackwasser vollgesogen. Sie riss es heraus, drückte es aus, zögerte kurz, sie musste den Ekel vor dem matschigen Brei zwischen ihren Fingern erst überwinden.Doch sie hatte Hunger. Schließlich schlang sie das Brot hinunter. Sie öffnete die Schweinsblase, verschüttete beinahe die Hälfte der Flüssigkeit und trank dann in

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