Furious love
Regisseur im Globe Theatre im Herzen des Londoner West End auf die Bühne brachte. Der junge Burton sprach gemeinsam mit ihr vor und machte schon großen Eindruck, als er sich einfach nur hinsetzte. Sechsundvierzig Jahre darauf, in ihren Memoiren von 1995, Leaving A Doll’s House, erinnert sich Bloom daran, wie sie ihn zum ersten Mal sah: »Noch heute weiß ich, wie er sich auf diesen Stuhl setzte … sein vernarbtes Gesicht, die grünen Augen. Er war ein außergewöhnlich schöner Mann.« Und er stand damals mit seinen 23 Jahren kurz vor der Hochzeit. Sie gingen mit dem Stück auf eine elfwöchige Tournee, und die beiden Schauspieler wussten, dass sie einander verfallen waren, obwohl Burton inzwischen frischgebackener Ehemann war und Sybil ihn unterwegs ab
und zu besuchte. »Lange, nachdem der Vorhang gefallen war«, schrieb Bloom: Ref 222
Burton, der ein enzyklopädisches Gedächtnis für Lyrik hatte, trug mir bis spät in die Nacht hinein Gedichte vor. Er saß in meinem Zimmer auf einem Stuhl, der brav vom Bett abgerückt worden war, ich lag stumm im Bett und hing an seinen Lippen, lauschte seiner schönen Stimme. Wir berührten uns kein einziges Mal, der einzige Körperkontakt waren ein paar ziemlich unschuldige Küsse, auf die ich mich jeden Abend auf der Bühne freute, und trotzdem waren wir ohne jeden Zweifel sehr ineinander verliebt.
Ihre keusche Affäre hielt während der gesamten Laufzeit des Stückes an und Burton blieb Sybil treu. Einige Jahre später trat Bloom mit Burton in vier Shakespeare-Produktionen am Old Vic in der Waterloo Road auf, zuerst als Ophelia (Burton spielte Hamlet, danach Philipp Falconbridge, Tobias von Rülps, Heinrich IV., Caliban, Othello und Jago – eine Reihe von Rollen, die ihn mit 27 als herausragenden Schauspieler seiner Generation etablierte.) Sie wurden von ihren alten Gefühlen überwältigt und ihr Verhältnis begann von Neuem.
Damals war Burton gerade von seiner ersten Arbeitsphase in Hollywood zurückgekehrt – begleitet vom Ruf als Frauenheld. Sie trafen sich im Hause ihrer Mutter – Burton schlich sich nachts hinein und war vor Morgengrauen wieder verschwunden – oder liebten sich in ihren Garderoben am Old Vic zwischen Matinee und Abendvorstellung. Als Burton und Sybil erneut nach Hollywood aufbrachen, wo Burton Meine Cousine Rachel mit Olivia De Havilland drehen sollte, schrieben sie einander Liebesbriefe, Burton sogar manchmal zwei an einem Tag. In einem stand: »Ich habe keine andere Frau angesehen. Das ist mir noch nie passiert. Du hast mich radikal verändert. Ich bin beinahe erwachsen geworden.« Bloom verbrannte schließlich die meisten seiner Briefe am Vorabend ihrer
Hochzeit mit Rod Steiger, einem ebenfalls brillanten, raubeinigen Schauspieler, der wie Burton zu depressiven Phasen neigte.
Als Liebhaber war Richard »zärtlich und einfühlsam«, schrieb Bloom und ihre Romanze ging – mit Unterbrechungen – über fünf Jahre lang. Doch am Ende war klar, dass Burton Sybil nie verlassen würde, und die junge, noch nicht dreißigjährige Schauspielerin ertrug die Heimlichtuerei nicht mehr. Die Affäre wurde beendet, aber Bloom schrieb später, Burton war »meine erste – meine größte – Liebe, der einzige Mann, dem ich mich mit voller Leidenschaft ganz hingegeben habe. Solche Wonnen durch den Körper, den Geist, die Stimme, ja, die bloße Anwesenheit eines anderen Menschen zu verspüren ist ein Geschenk, für das ich unendlich dankbar bin.«
Ihre Gefühle veränderten sich jedoch, als sie und Burton wieder einmal zusammenarbeiteten, diesmal bei Tony Richardsons Filmadaption des wütenden Alltagsdramas Blick zurück im Zorn von John Osborne. Mit diesem Stück wurde eine neue Art von Theater eingeführt, mit dem gegen die vornehmen Salonstücke und Dramen protestiert wurde, die am West End das Programm dominierten. Burton wurde als der prototypische »Angry Young Man« Jimmy Porter besetzt und Bloom spielte seine Geliebte Helena. Sie hatte gehofft, sie würden ihre Affäre wieder aufnehmen, fand ihn dann allerdings in den Armen der jungen Susan Strasberg, mit der er 1957, als sie zusammen in Time Remembered in New York auftraten, ein kurzes Techtelmechtel hatte. Dies setzte schließlich den Schlussstrich, und wie Bloom schrieb, tadelte sie sich selbst dafür, dass sie sich wieder zu dem noch verheirateten und doch ewigen Frauenhelden Burton hingezogen fühlte. Sie trennten sich ziemlich verbittert. (In ihrer Autobiographie mit dem Titel Time
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