Furious love
Burton fand, die Jungen wären besser in einem Internat aufgehoben, anstatt mit ihren Eltern um die ganze Welt zu vagabundieren, aber Elizabeth wollte ihre Familie um sich haben. Ref 216
Wie der langjährige Freund und Hausfotograf der Burtons, der Italiener Gianni Bozzacchi, berichtet, wollte Elizabeth, dass Richard seine Tochter Jessica in ihren Haushalt brachte, wo sie von einer Pflegerin versorgt werden könnte. Ihr Kreis an Begleitern war zu dem Zeitpunkt schon beachtlich – Dick Hanley und sein Freund John Lee, Burtons Garderobier Bob Wilson und seine Frau, Elizabeths Maskenbildner Ron Berkeley, ein Bodyguard und ehemaliger Boxer namens Bobby LaSalle, Gaston, der französische Chauffeur, und natürlich der Hauslehrer, die Erzieherin und eine private Pflegerin für Maria. Die Burtons konnten es sich leisten. Sie hatten zwei Unternehmen gegründet, die geschätzte fünfzig
Millionen Dollar jährlich an Honoraren und Gagen einbrachten – das entspricht heute annähernd 350 Millionen Dollar. Ref 217 Ref 218
Doch Burton ließ es nicht zu, dass Elizabeth Jessica aus der Einrichtung auf Long Island, in der sie lebte, holte. Zum einen hätte Sybil es gar nicht erlaubt. Bozzacchi meint, Jessica sei vielleicht das einzige Druckmittel gewesen, was Sybil noch gegen Burton in der Hand hatte. Möglicherweise war das ein Grund für sie, an ihrer Tochter festzuhalten. Außerdem konnte Jessica vermutlich gar nicht außerhalb einer Institution leben, aber Elizabeth, so hartnäckig und gewieft sie war, hatte doch ein Gefühl für die Schwachen. Und sie wusste, dass Burton unter Jessicas Schicksal litt und sich Vorwürfe machte, weil er, außer in finanzieller Hinsicht, nicht für sie sorgen konnte.
Burton übernahm Rollen, verdiente Geld, grübelte, trank und hatte depressive Phasen. »Weltschmerz – das ist typisch walisisch«, sagte der englische Schauspieler Michael York, selbst halb Waliser, in der Erinnerung daran, wie er Burton Mitte der 1960er kennenlernte (im Februar 1966 am Set von Franco Zeffirellis Der Widerspenstigen Zähmung ). »Wie Peter O’Toole gehörte er einer Schauspielergeneration an, die bekannt war für ihre selbstzerstörerische Art, die zum Teil ihre Aura ausmachte. Sie schienen immer am seidenen Faden zu hängen.« Für seine düsteren Stimmungen verwendete Burton das walisische Wort hiraeth , das er als »Sehnsucht nach etwas Unbenennbarem« übersetzte. Bragg beschreibt sie als »undurchdringliche Melancholie … die keltische Schwermut vieler abgestürzter, betrunkener Dichter« – wie Burtons Freund und Vorbild Dylan Thomas. Melvyn Bragg deutet an, dass einige von Burtons Freunden aufgrund der Hämophilie und der leichten Epilepsie, unter der er litt, eine »Stoffwechselstörung« vermuteten. Der Alkohol war also unter anderem eine Form der Selbstmedikation, die seine Depression jedoch nur verstärkte. Ref 219 Ref 220
Vielleicht um ihn aufzuheitern, kaufte Elizabeth Richard in Paris 37 Maßanzüge. Für sie war es ein ebensolches Vergnügen, ihm Geschenke zu machen, wie umgekehrt. Ref 221
Im Januar 1965 zog das Paar zurück nach London in sein Lieblingshotel: das Dorchester an der Park Lane. Sie wurden von Marjorie Lee empfangen, der Concierge des Hotels, die für die Burtons unersetzlich geworden war. Sie sorgte dafür, dass alles reibungslos lief, wenn die beiden in London waren, erledigte die Reservierungen in Restaurants, half ihnen, Verwandte aus Wales nach London zu bringen, und kümmerte sich darum, dass sie alles hatten, was sie brauchten. Sie achtete auch darauf, dass es immer freie Suiten gab, für den Fall, dass die Burtons sie brauchten, selbst wenn sie königliche Gäste hinauswerfen musste, um das berühmte Paar zu beherbergen.
Für Burton begannen die Dreharbeiten zu Der Spion, der aus der Kälte kam mit seiner früheren Filmpartnerin und Geliebten Claire Bloom. Mit dieser Situation war Elizabeth überhaupt nicht glücklich. Sie wusste von ihrer einstigen Affäre und muss auch gewusst haben, dass er in Claire verliebt gewesen war und diese Beziehung vor ihrer eigenen die einzige gewesen war, die seine Ehe mit Sybil gefährdet hatte.
Genau wie Elizabeth ist Claire Bloom eine dunkelhaarige Schönheit und talentierte Schauspielerin, doch im Gegensatz zu Elizabeth hatte sie sich ihre Reputation auf der Bühne in London erworben. Sie und Burton waren sich 1949 zum ersten Mal begegnet, bei einem Vorsprechen für The Lady’s Not for Burning , ein Stück, das John Gielgud als
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