Furious love
Elizabeth flogen zurück nach Dublin zu den Dreharbeiten zu Der Spion, der aus der Kälte kam und checkten in der Penthouse-Suite des Gresham-Hotels ein. Abermals wurden sie von Menschenmassen bedrängt, die jedoch auch zusammengekommen waren, weil im Kino gegenüber vom Hotel der Burtons Cleopatra gezeigt wurde (sie konnten die gigantische Laufschrift von ihrem Hotelzimmer aus sehen.)
Es war keine glückliche Zeit für sie. Das Wetter war trüb und auch Thema, Stimmung und Machart des Films waren ausgesprochen düster. Maria Burton hatte die Masern und auch sonst kam es zu traurigen Ereignissen. Ihr treuer Chauffeur Gaston Sanz verlor seinen sechzehnjährigen Sohn bei einem Schießunfall. Sanz hatte zwölf Jahre für Elizabeth gearbeitet. Er war ein mit Orden ausgezeichneter Kriegsheld der Forces françaises libres , und nun erhielt er Unterstützung von Elizabeth, die ihn nach Paris zur Beerdigung begleitete. (»Ohne sie wäre ich nicht mehr hier«, sagte er später.) In Paris wurde aus Elizabeths Hotelzimmer Schmuck im Wert von 50 000 Dollar gestohlen. Und es kam noch schlimmer. In Dublin fuhr Elizabeth mit Sanz im Wagen, als der Chauffeur einen Fußgänger anfuhr und dabei tötete. Und dann erlitt ihr Vater, Francis Taylor, in Los Angeles am 12. März im Alter von 67 Jahren einen Schlaganfall. Elizabeth flog eilends nach Kalifornien und blieb eine Woche und kümmerte sich um ihre Mutter, bevor sie nach Dublin zurückkehrte. Ihr Vater überlebte, erholte sich jedoch nie ganz. Elizabeth zeigte ihre wahre Größe bei Schicksalsschlägen. Die Spannungen nahmen immer dann zu, wenn sie gelangweilt war und sich vernachlässigt fühlte. Ref 234
Burton trank unverändert große Mengen am Set. »In einer Tasche seines Regenmantels steckte eine Flasche Scotch«, hatte John le Carré beobachtet. »Und wahrscheinlich noch eine in der anderen.« Bei einem Nachtdreh auf einer Dubliner Straße – als Ersatz für eine Berliner Location trostlos genug – erschien auf einmal Elizabeth am Set. »Der Dreh
war die größte Gratis-Attraktion Dublins – Feuerwehr, Polizei, Menschenmengen«, so John le Carré, »aber es lief alles geregelt. Doch plötzlich tauchte der weiße Rolls-Royce mit Gaston am Steuer auf … Elizabeth sah umwerfend aus. Und dann fuhr sie einfach aufs Set! Die Menschenmenge geriet völlig außer Kontrolle und drängte zu ihr.« Burton war zur Nebensache geworden und seine Konzentration dahin. Er brüllte in die Menge: »O Gott, mein kleines Mädchen!«, bahnte sich seinen Weg durch die Menschen zum Auto und bestand darauf, dass Elizabeth das Set verließ. Das tat sie auch, sodass Burton seinen nächtlichen Dreh beenden konnte. Trotzdem, sie hatte das Revier markiert. »Niemand kann so grandios auftreten wie Elizabeth Taylor«, sagte Sammy Davis jr. einmal, und das bewies sie hier nicht zum letzten Mal. Ref 235 Ref 236
Elizabeth und Claire begegneten sich nur einmal in den drei Drehmonaten, und zwar als die Burtons sie und Le Carré zum Abendessen in ihre Suite des Gresham Hotels einluden. Es war ein wenig wie ein Duell zwischen zwei großen Erzählern, Le Carré und Burton, die einander mit ihren Geschichten zu überbieten versuchten. Mitten beim Essen stand Elizabeth auf und ging in ihr Zimmer. Kurz darauf war ihre Stimme durch eine Sprechanlage zu hören. Sie zitierte Richard laut und hartnäckig ins Bett. Schließlich kam sie zurück, wütend, weil sie ignoriert wurde, und zettelte einen heftigen Streit an.
Das war nicht das einzige Mal, dass Gäste die Burtons in voller Kampfmontur zu sehen bekamen. Le Carré war schon früher einmal in die Penthouse-Suite der Burtons beordert worden, weil Elizabeth den Autor von Der Spion, der aus der Kälte kam kennenlernen wollte. Als er ankam, saß Burton allein in dem riesigen Wohnzimmer, neben sich einen Stapel Bücher. Als Le Carré den Raum betrat, hörte er Elizabeths Stimme durch die Sprechanlage.
»Richard?«
»Ja, Liebling?« Ref 237
»Wer ist da?«
»Der Schriftsteller.«
Burton verschwand ins Schlafzimmer, um Elizabeth zu holen, und »sie hatten einen fürchterlichen Krach mit Ohrfeigen und so weiter, all das war durch die Sprechanlage zu hören! Schließlich kam sie in so einem flauschigen Morgenmantel aus dem Katalog herein – barfuß, ein ziemlich breites Hinterteil, aber ausgesprochen knuddelig und außerordentlich attraktiv – ihre schönen Augen noch viel ausdrucksvoller als auf der Leinwand. Und sie gab mir die Hand wie ein kleines
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